Annie Ernaux - Erinnerung eines Mädchens

  • Titel: Erinnerung eines Mädchens

    Autorin: Annie Ernaux

    Verlag: Suhrkamp

    Erschienen: Oktober 2018

    Seitenzahl: 163

    ISBN-10: 351842792X

    ISBN-13: 9783518427927

    Preis: 20.00 EUR


    Es ist der Sommer des Jahres 1958. Ein Sommer an den ich mich durchaus noch erinnern kann, auch wenn ich seinerzeit erst 6 Jahre alt war.


    Annie Ernaux ist gerade einmal 18 Jahre alt und arbeitet als Betreuerin in einem Feriencamp. In diesem Jahr, in diesem Sommer macht sie Erfahrungen, die sie ein ganzes Leben nicht mehr loslassen. Und sie stellt fest, dass auch Bücher diese Erfahrungen nicht ersetzen können, denn sie hat die „Großen“ fast alle gelesen.


    Sie schläft das erste Mal mit einem Jungen, sie findet aber dabei nicht das „romantische Erleben“, was sie sich erhofft und erträumt hat. Ihre romantischen Phantasien muss sie quasi in die Tonne treten. Sie kommt aus einem katholischen Elternhaus und da wurden junge Mädchen sehr oft auf diesem Entwicklungsweg allein gelassen.

    Doch der Junge ignoriert sie nach dieser Nacht, sie wird von den anderen Betreuern quasi als Hure stigmatisiert. Und es dauert 75 Jahre, bis sich die Autorin in diesem Buch ihren Erinnerungen stellt.Zuvor hatte sie geschwiegen, war allein mit ihren Erinnerungen.


    Beeindruckend ist die Offenheit mit der Annie Ernaux hier schreibt. Alles wirkt sehr authentisch. Sie beschönigt nicht, entschuldigt nichts, sie beschreibt die Dinge so wie sie sie empfunden hat. Ein sehr ehrliches Buch – und durch diese Ehrlichkeit ist es eben auch sehr beeindruckend.


    Annie Ernaux wurde 1940 geboren und bezeichnet sich als „Ethnologin ihrer selbst“. Sie gehört zu den bedeutendsten Autorinnen ihrer Zeit.


    Dieses Buch ist aber auch eine Reise in eine Zeit, die geprägt war vom Rock 'n' Roll, von der beginnenden Aufmüpfigkeit der Jugend – aber auch vom Algerienkrieg. Die Jugend war auf der Suche nach etwas, was sie selbst kaum beschreiben konnte – da war eben etwas, wofür vielen die richtigen Worte fehlten.


    Auch in der Rückschau verklärt dieses Buch kaum etwas. Denn gerade Dinge aus der eigenen Vergangenheit werden sehr oft verklärt – und lassen dabei die Gefühl und Empfindungen außer Acht, die man seinerzeit als prägend empfunden hatte.


    Sehr lesenswert, beeindruckend – vielleicht auch für die, die diese Zeit nicht einmal auch nur ansatzweise erlebt haben. 8 Eulenpunkte.


    Ich habe eine Ausgabe der BÜCHERGILDE GUTENBERG gelesen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.