'Zeit aus Glas' - Seiten 001 - 094

  • Ja, das war alles von langer Hand geplant.

    Neu waren für mich die Gewalttaten nicht, aber es macht einen ganz anderen Eindruck, wenn man erfährt, wie die Menschen auf die Zerstörung ihres Eigentums, und die Impertinenz, den Schaden selbst zu bezahlen, reagieren.

    Wenn man wie ich, schon viele Bücher über das "1000jährige Reich" gelesen hat, sind manche Dinge etwas zu breit erzählt. Aber ich finde es gut und wichtig, solche Bücher auch heute noch zu schreiben und die Geschichte einer neuen, evtl. unwissenden Leserschaft nahe zu bringen. Gerade heute, da es wieder in dieselbe Richtung zu gehen scheint.

    Trotzdem finde ich die Art zu erzählen sehr passend. Die Fassungslosigkeit angesichts des Grauens, das ja erst seinen Anfang nimmt wird so erst richtig deutlich.

  • ich musste die letzten Seiten des 1. Buches lesen, damit ich wieder in die Geschichte eintauchen konnte (passiert mir eigentlich seltener). Ich hab mir die Frage gestellt, warum der Hass auf die Juden auf einmal so hoch kocht, das der unterschwellig da war, hab ich jetzt einfach mal vermutet. Eine einzige, für mich ansatzweise logische Erklärung: die Juden versuchen immer, gegenseitig hilfsbereit und freundlich zu sein, mehr oder weniger ohne Gegenleistung, das könnte einigen anderen Menschen vielleicht ein Dorn im Auge sein.


    Befremdlich finde ich, das die Braunen nicht "nur" die Türen und Fenster eingeschlagen haben, sondern sich tatsächlich auch an den "toten" Bildern abgearbeitet haben. Ich musste zwischendurch pausieren und mir die Informationen zur Kristallnacht (incl. des Liedes von BAP) zu Gemüte führen, da wurden mir viele Sachen wieder klarer und präsenter. Ich finde und fand diese Art von Politikmache einfach nur scheußlich. Leider deutet heute ja auch einiges darauf hin, das wir (im Groben) diesen Weg auch wieder gehen könnten. Da sollten einige Menschen sich vielleicht doch noch mal die Geschichte ansehen und (mit ihrer politischen Kraft) dafür sorgen, das es nicht noch einmal so weit kommt.

  • Natürlich müssen wir auch heute immer wachsam bleiben, was in unserer Demokratie gerade passiert, aber den Unterschied zu damals sehe ich hauptsächlich in der freien Verfügbarkeit der Information aktuell. Damals war es für politische Gruppen einfacher der frustrierten Bevölkerung mit gezielter Propaganda die Juden als Gefahr für ihren schwer zu erlangenden Wohlstand darzustellen.

    Durch die jahrtausendelange Verfolgung hatten sich die Juden über viele Länder verteilt und hatten ein teilweise gut funktionierendes Netzwerk über Ländergrenzen hinweg aufgebaut, das nationalistisch Gesinnten schon immer suspekt war.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Franz Kafka: Das Schloss

  • Natürlich müssen wir auch heute immer wachsam bleiben, was in unserer Demokratie gerade passiert, aber den Unterschied zu damals sehe ich hauptsächlich in der freien Verfügbarkeit der Information aktuell. Damals war es für politische Gruppen einfacher der frustrierten Bevölkerung mit gezielter Propaganda die Juden als Gefahr für ihren schwer zu erlangenden Wohlstand darzustellen.

    Aber heute ist es noch viel leichter, Informationen sehr breit zu streuen. Das gilt besonders für falsche Infos. Was da teilweise im Netz abgeht, ist schon echt schlimm.

  • Das schon, aber das Volk ist längst nicht mehr so obrigkeitshörig wie damals, wo man noch aus der Kaiserzeit gewohnt war, dass das was von Regierungsseite kommt als Gottgegeben hingenommen wird.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Franz Kafka: Das Schloss

  • Das schon, aber das Volk ist längst nicht mehr so obrigkeitshörig wie damals, wo man noch aus der Kaiserzeit gewohnt war, dass das was von Regierungsseite kommt als Gottgegeben hingenommen wird.

    dazu ein klares JEIN. Wenn ich mir hier teilweise die Menschen in div. Regionen ansehe, frage ich mich, ob denen schon klar ist, das wir das Kalenderjahr 2019 schreiben?! Bei einigen denke ich, das sie immer noch irgendwo Ende der 1970/Anfang der 1980 Jahre leben und denken.


    Besonders stark fällt mir das auf, wenn ich in meiner Wohnstadt unterwegs bin (mittelgroße Stadt zwischen zwei großen Städten). Ich arbeite in der Millionenstadt am Rhein und bekomme dort (auch durch meine Kollegen) diverses mit, wenn ich das dann teilweise Wochen/Monate später in meinem Wohnort höre und auch, was dazu gesagt/gedacht/reagiert wird, staune ich doch massiv. In diesen Augenblicken denke ich immer, genau so hat der Österreicher damals seine Umwelt ausgenutzt und "eingenordet"...

  • Ich glaube durch die sogenannten Filterblasen kriegen viele heute nur noch das mit, was sie auch hören wollen. Und hinterfragen auch gar nicht mehr, ob diese Meldungen überhaupt sinnvoll sind.

    Von daher glaube ich, sind die Menschen heute genauso anfällig für Demagogen wie damals. Goebbels hat die damals ja auch neuen Medien wie Film und Radio ganz gezielt genutzt um die Massen zu beeinflussen. Sicher es wurde damals kräftig zensiert, ich bin mir aber nicht sicher, wie klar den Leuten das auch war.

    Viele sind halt mit ihrem Leben beschäftigt und interessieren sich kaum für aktuelle Nachrichten. Ich seh das an meinen Kindern, die schauen mit uns ganz normal die Abendnachrichten und haben auf dem Schirm, was in der Welt so los ist. An ihren Freundinnen gehen solche Dinge teilweise komplett vorbei. Da sind sie selber immer ganz erstaunt, wie man bestimmte Dinge denn nicht wissen kann.

  • streifi

    und das ist leider nicht nur bei den jungen Menschen so sondern auch bei den Älteren... die können/wollen das auch gar nicht mehr verstehen. O-Ton meiner Nachbarin (60 jahre) Da geht es immer nur um Computer und Computerprogramme, das verstehe ich nicht. Darum kümmere ich mich nicht.... Hä??? Nachrichten in den öffentlich-rechtlichen und dann nur Computer? Da muss etwas an mir vorbei gelaufen sein.


    Zeitung ist dort zwar auch abonniert, aber nur um zu sehen, wer Traueranzeigen geschaltet hat und wer als trauernde Familie drunter steht...... ohne Worte

  • streifi

    und das ist leider nicht nur bei den jungen Menschen so sondern auch bei den Älteren... die können/wollen das auch gar nicht mehr verstehen. O-Ton meiner Nachbarin (60 jahre) Da geht es immer nur um Computer und Computerprogramme, das verstehe ich nicht. Darum kümmere ich mich nicht.... Hä??? Nachrichten in den öffentlich-rechtlichen und dann nur Computer? Da muss etwas an mir vorbei gelaufen sein.


    Zeitung ist dort zwar auch abonniert, aber nur um zu sehen, wer Traueranzeigen geschaltet hat und wer als trauernde Familie drunter steht...... ohne Worte

    Vielleicht hat es die Nachbarin irritiert, dass oft in Nachrichtensendungen auf Websides hingewiesen wird, wo man weitere Informationen nachlesen kann. Das hat meine Mutter auch oft gestört, weil sie sich nie mit Computern beschäftigen wollte.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Franz Kafka: Das Schloss

  • Vielleicht hat es die Nachbarin irritiert, dass oft in Nachrichtensendungen auf Websides hingewiesen wird, wo man weitere Informationen nachlesen kann. Das hat meine Mutter auch oft gestört, weil sie sich nie mit Computern beschäftigen wollte.

    Genau das werde ich nicht hinterfragen - ich bin nicht der Erklär-Bär. Entweder sie kommt von alleine drauf oder sie wird weiterhin in ihrer "heilen Welt" leben. Aber diese Person ist für mich ein Paradebeispiel für realitätsferne und somit leicht zu beeinflussende Menschen

  • Ich fürchte, wir schweifen etwas ab. Um zum Thema zurück zu kommen: ich denke, damals war schon der Schwerpunkt der Erziehung anders als heute - da wurde meist nicht zum kritischen Denken motiviert sondern zu Gehorsam und Angepasstheit erzogen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Franz Kafka: Das Schloss

  • Leider haben die Nationalsozialisten die Macht der Propaganda und der Erziehung früh erkannt und konsequent eingesetzt. Mir fällt da oft der Spruch meiner Vaters aus meiner Jugendzeit ein. Wenn ihm etwas an meinem Verhalten oder dem meiner Geschwister nicht gefiel, gab es ein "wir sind doch nicht in der Judenschule" auf rheinisch. Gerade da erkennt man, wie wirksam diese Erziehung gewesen sein muss.

    Jüdische Menschen haben auch oft in exponierten Stellen gewirkt. Sie waren und sind oft im Finanzsektor unterwegs, manchmal auch notgedrungen, weil ihnen andere Berufe verwehrt waren. Viele jüdische Mitbürger sind leicht zu erkennen und das hat sie schon oft zu leichten Zielen gemacht.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln