Die Kakerlake - Ian McEwan

  • Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot, wurde als Literaturstudent von Angus Wilson und Malcolm Bradbury gefördert, von Philip Roth für ein Schriftsteller-Stipendium nominiert und für den ersten Erzählungsband mit dem Somerset-Maugham-Preis ausgezeichnet. Der Autor lebt und arbeitet in London.


    Wen Kakerlaken allzu menschlich werden



    "Die Menschen müssen begreifen, dass sie das gefährlichste Ungeziefer sind, das je die Erde bevölkert hat." (Friedensreich Hundertwasser)

    Als Jim Sams am Morgen erwacht fühlt es sich anders an, er war in eine ungeheure Kreatur mit 4 Beinen verwandelt worden. Und was war mit seinem wunderschönen glänzenden Leib passiert und den Fühlern, das ihm als Kakerlake immer so gut stand? Dazu noch der glitschige Fleischlappen, der da in seinem Mund war, wo er nicht hingehörte. Natürlich wusste er das er in seinem alten Leben nicht anerkannt war, im Gegenteil er und sein Volk wurden bisher mit allen Mitteln bekämpft. Doch nun ist Jim plötzlich in der Lage der mächtigste Mann Englands zu sein und den Willen des Volkes umzusetzen. Weder von der Opposition noch von seinen anderen Gegnern möchte er sich aufhalten lassen. Sein Plan ist den Reversalismus dem Parlament schmackhaft zu machen und durchzubringen mit allen Mitteln. Sein größter Verfechter ist der Außenminister Benedict St John.


    Meine Meinung:
    Das Bild stellt den Unterleib der Kakerlake dar, könnte aber genauso gut die Fellmütze von den Wachen des Towers darstellen. Den Autor Ian McEwan kannte ich bisher noch nicht, doch den Klappentext fand ich sehr interessant. Ian McEwan schreibt hier in Anlehnung an Franz Kafkas Buch "Die Verwandlung" aus dem Jahre 1915, diese Geschichte in die Moderne der heutigen britischen Lage und Politik. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, den mitunter ist er doch sehr mühsam verfasst. Besonders da die Geschichte einiges an politischen Sprachgebrauch enthält. Trotzdem ich durchaus politisch interessiert bin, hatte ich dann doch etwas anderes bei dem Titel und Klappentext erwartet. Zwar fing sie durchaus satirisch, humorvoll an mit der Umwandlung der Kakerlake zum Menschen. Dabei sah ich einige Parallelen von David Safiers Buch "Mieses Karma" oder eben das Kafka Buch "Die Verwandlung". Wo aber Kafka eher dem Leser die Verwandlung nahebrachte, möchte McEwan das Chaos der Politik und des Brexits aufgreifen, das zurzeit in seiner Heimat Großbritannien herrscht. Da blieb dann allerdings die Verwandlung etwas auf der Strecke, schade den genau das war dies, was die Story so belebte und humorvoll machte. Natürlich habe ich beim Lesen viele Parallelen zum Brexit, aber auch zu anderen politischen Machenschaften und Gebaren festgestellt. Trotzdem wirkte auf mich das Buch am Ende unvollkommen, fast ein wenig abrupt beendet und ebenso erschloss sich für mich die Motivation der Kakerlaken den Reversalismus durchzuboxen nicht ganz. Genauso war es mir etwas zu unrealistisch, wie der anfänglich verwandelte, tollpatschige Jim Sams innerhalb kürzester Zeit, menschlich daher kam ohne Mühen und Schwächen. Ich hätte da doch mit mehr Problemen gerechnet, die man hier durchaus noch hätte einbringen können. Im eigentlichen Sinne geht es in diesem Buch jedoch um Politik, Macht, Beeinflussung und Manipulation, was wir sicher genauso heute im realen Leben wiederfinden. Man spürt vor allem das McEwan ein Brexit Gegner ist und ihm die chaotische, politische Lage Großbritanniens nicht gerade zusagt. Von daher denke ich das dieses Buch eher von Lesern bevorzugt wird, die politisch motiviert, engagiert sind und sich mit dem Brexit auseinandersetzen möchten. Insbesondere den Preis finde ich persönlich im Anbetracht der nicht einmal 150 Seiten zu teuer für das Buch. Ich konnte leider dieser Geschichte nur bedingt was abgewinnen, besonders weil mir einfach der britische Humor zu kurz kam. Darum gebe ich 5 Eulen für dieses sogenannte Buch der Stunde.
    :thumbdown:


    ASIN/ISBN: 3257071329

    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • ASIN/ISBN: 3257071329


    Gebundene Ausgabe: 112 Seiten

    Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (27. November 2019)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3257071329

    ISBN-13: 978-3257071320



    Inhaltsangabe:



    Jim Sams hat eine Verwandlung durchgemacht. In seinem früheren Leben wurde er entweder ignoriert oder gehasst, doch jetzt ist er auf einmal der mächtigste Mann Großbritanniens – und seine Mission ist es, den Willen des Volkes in die Tat umzusetzen. Er ist wild entschlossen, sich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen: weder von der Opposition noch von den Abweichlern in seiner eigenen Partei. Und noch nicht mal von den Regeln der parlamentarischen Demokratie. Ian McEwan verneigt sich vor Kafka, um eine Welt zu beschreiben, die Kopf steht.



    Autoreninfo:



    Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot, wurde als Literaturstudent von Angus Wilson und Malcolm Bradbury gefördert, von Philip Roth für ein Schriftsteller-Stipendium nominiert und für den ersten Erzählungsband mit dem Somerset-Maugham-Preis ausgezeichnet. Der Autor lebt und arbeitet in London.



    Meine Meinung:



    Titel: Ist das britischer Humor?



    Der Autor hatte mich mit "Kindeswohl" und "Abbitte" geflasht, weshalb ich gern wieder etwas von ihm lesen wollte. Und da die Inhaltsangabe mich an Kafkas "Die Verwandlung" erinnerte, war meine Neugier direkt groß.



    In der Geschichte geht es um Jim Sams, der plötzlich vom ehemaligen Ungeziefer zum wichtigsten Mann von Großbritannien wird. Wie wird sich sein Leben verändern? Und kann das gut gehen, wenn eine ehemalige Kakerlake an der Macht ist?



    Interessant fand ich noch zu lesen wie Jim seine Verwandlung wahrnimmt und was sich für ihn ändert. Da musste ich auch immer mal kurz schmunzeln.



    Die Aktionen im Parlament und die Erklärungen zu politischen Themen haben mich leider so gar nicht angesprochen und eher gelangweilt, leider.



    Die Anspielungen auf andere Politiker, die sehr viel Ähnlichkeit zu real existierenden Persönlichkeiten haben, waren eine nette Idee, aber von der Umsetzung her leider recht schwach, dass mir das nicht wirklich ein Lächeln entlocken konnte.



    Ich kann mir gut vorstellen was der Autor dem Leser damit vermitteln wollte, aber die Thematik des Brexit ist mittlerweile so durchgekaut wie ein alter Kaugummi, dass ich diesen Roman leider nicht gern gelesen habe.



    Fazit: Ich hatte mir mehr Satire erwartet und der Autor kann eindeutig besser schreiben als er hier gezeigt hat, weshalb ich keine Leseempfehlung aussprechen möchte.



    Bewertung: 4/ 10 Eulenpunkten

  • Meine Meinung:


    Es ist schon viel zu lange her, dass ich "Die Verwandlung" von Franz Kafka gelesen habe. Daher kann ich nicht sagen, inwieweit es Parallelen gibt; z.B. im Handlungsverlauf oder in der Thematik.

    Der Beginn hat mich aber das Buch "Die Kakerlake" von Ian McEwan an Kafka erinnert.

    Ich habe das Buch "Die Kakerlake" aber nicht unbedingt gelesen, weil auf Kafka angespielt wird, sondern weil mich interssiert hat, was der Autor so schreibt.


    Auf mich wirkte das Buch wie eine humoristische Widerspiegelung der Brexitsituation in den letzten Monaten. Ein verzweifelter Versuch, zu zeigen, dass das nicht mit rechten Dingen zuging.


    Ich fand es hier und da ganz witzig. Manches hat mich zum Nachdenken gebracht. Manches habe ich auch noch nicht verstanden.


    Ich denke, man sollte für das Buch auf jeden Fall gut gerüstet sein mit Wissen aus dem politischen Bereich. Am besten aus Sicht des Vereinigten Königreichs. Denn es wurde u.a. auch die Beziehung zwischen Frankreich und des Vereinigten Königreichs thematisiert. Ich vermute nämlich nach diesem Buch, dass es da so seine gewisse Schwierigkeiten gibt, die mir gar nicht bewusst sind. Darüber müsste ich mich erst informieren, wie es da tatsächlich aussieht. Auch, welche konkreten Personen in letzter Zeit in der Regierung des Vereinigten Königreichs waren. Außer dem Premierminister werden noch ein paar andere Minister genannt. Und da ich die aus der letzten Zeit jetzt nicht so kenne, weiß ich nicht, auf was McEwan da anspielen möchte.


    Der Schreibstil gefällt mir. Ich fand es nicht schwer zu lesen. McEwan hat anscheinend auch ein neues Wort erfunden. Zumindest konnte ich es nicht nachschlagen: Reversalismus. Ob dieses Wort möglicherweise wieder woanders auftauchen wird? Ich bin gespannt.


    Ich denke, auf dieses spezielle Buch muss man sich mit gutem Wissen einlassen können. Wer mal ein Buch von Ian McEwan lesen möchte, sollte meiner Meinung nach ein anderes von ihm lesen. (Dies hier war mein drittes Buch von ihm.)


    Ich denke, ich vergebe 6-7 von 10 Eulenpunkten.

    Sasaornifee :eiskristall



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    "Wer seid ihr und was wollt ihr?" - Die unendliche Geschichte - Michael Ende