Warum landen Asteroiden immer in Kratern? - Martin Puntigam u.a.

  • Martin Puntigam, Florian Freistetter, Helmut Jungwirth: Warum landen Asteroiden immer in Kratern? 33 Spitzenantworten auf die 33 wichtigsten Fragen der Menschheit, München 2019, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-34961-1, Softcover, 285 Seiten mit s/w Illustrationen von Büro Alba, Format: 13,6 x 2 x 21 cm, Buch: EUR 11,90 (D), EUR 12,30 (A), Kindle: 11,99. Auch als Hörbuch lieferbar.


    „Jedes Mal, wenn sich beim Lesen der ‚Ahso, das merke ich mir jetzt mal‘-Modus einschaltet, haut es einem eine neue und schräge Wendung ums Gehirn“, schreibt Mark Benecke in seinem Vorwort. (S. 15). Verantwortlich für dieses unterhaltsame Sachbuch sind die „Science Busters“, die für ihre Bühnenshow schon mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurden. Seit 2011 bestreiten sie eine Fernsehshow im ORF und auf 3sat. Für FM4 haben sie seit 2007 über 500 Radiokolumnen gestaltet und ihre Bücher sind Beststeller. Sie versprechen „Wissenschaft für alle auf hohem performativen, wissenschaftlichen und humoristischen Niveau“. (Seite 9), und die drei Autoren sind mir auch schon im Umfeld der GWUP* bzw. der Skeptiker begegnet.


    Wissenschaft – kein Kindergarten

    Ohne diese Referenzen hätte ich das Buch gar nicht erst in die Hand genommen, denn auf den ersten Blick sieht die titelgebende Frage ja eher nach Kindergarten als nach Wissenschaft aus. Ist doch klar, dass sich die Meteoriten keinen Krater suchen, sondern einen machen! ;-)


    Das stellt der Autor auch gar nicht in Abrede. Er empfiehlt uns sogar, den Vorgang nachzustellen, indem wir Steine in einen Sandkasten werfen. Natürlich nur, wenn gerade keine Kinder drin sitzen. Aber … Moment! Bei unserem Experiment werden die Krater ja gar nicht so kreisrund wie bei den Meteoriten! Irgendwas müssen die also anders machen als wir mit unseren Steinen. Und schon sind wir mittendrin in den ebenso launigen wie sachkundigen Erläuterungen und erfahren, wie so ein „komplexer Krater“ entsteht. Wie man ihn von einem Vulkankrater unterscheidet, erklärt man uns gleich mit.


    Das Buch befasst sich auch mit ganz alltäglichen Phänomenen wie beispielsweise der Frage, warum wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere vergessen, was wir dort gerade tun wollten. Wir kennen dieses Phänomen auch, wenn wir am Computer arbeiten und schnell was nachsehen möchten. Dann erweckt aber dies und das auf dem Bildschirm unsere Aufmerksamkeit, und schon wissen wir nicht mehr, welcher Frage wir eben noch nachgehen wollten. So lästig das sein mag – dass es so ist, hat einen sehr guten Grund ...


    Alltagsfragen und Albernheiten

    Wir lernen etwas über Phantomschmerzen, über Viren, Alkohol, Muskeln, Deos und Aluminium, und hinter der merkwürdigen Frage „Wie klingt Käse?“ verbergen sich hochinteressante Fakten über unser Gehör. Dessen „Features“ lassen sich großteils auf die Anfänge der Menschheit zurückführen: „Damals waren wir noch nicht Bestimmer auf dem Planeten, sondern Futter für andere, weshalb es sehr nützlich war, unsere Fressfeinde nur aus der Ferne zu kennen. Alle, denen dies nicht gelungen ist, sind nicht unsere Vorfahren.“ (Seite 107). Klingt logisch, oder?


    Selbst, wenn man sich das noch nie gefragt hat, erfährt man hier, warum Bierschiss so ekelhaft stinkt und wieso Urin gelb und Kot braun ist. Ein bisschen Pipikacka-Humor muss halt auch sein. Nützlicher sind die Antworten auf Fragen wie ob man das Wetter manipulieren und das Klima wandeln kann und ob Einweghandschuhe an der Wursttheke den Verkäufer, die Wurst oder den Kunden schützen sollen oder ob das ganze eh nur ein unnützer Aufwand ist.


    Haben Engel S*x?

    Schräg wird’s, wenn die bekennenden Atheisten sich damit beschäftigen, ob der Leib Christi glutenfrei ist, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können und ob sie eigentlich Säugetiere sind. Immerhin werden sie auf Bildern mit B r ü s t en und B r u s t w a r z e n dargestellt. Was uns direkt zur Frage ihrer Entstehung bzw. Fortpflanzung bringt: Haben Engel eigentlich S*x?


    Ziemlich anspruchsvoll wird es bei Beiträgen aus dem Bereich Astronomie. Vielleicht kommt mir das auch nur so vor, weil ich mich mit diesem Themenbereich normalerweise nicht so intensiv beschäftige. Den Ausführungen über den Asteroidenbergbau und ob dieser sich lohnt, konnte ich noch folgen. Da ging es auch mehr um Wirtschaft als um Astronomie. Schwarze Löcher dagegen überfordern meine Vorstellungskraft, und die Sache mit den Gravitationswellen habe ich erst dann ansatzweise verstanden, als sich der Verfasser eines volksnahen Vergleichs bediente:


    Von Gravitation und Urzeit-Fürzen

    „Gravitationswellen sind quasi lange verschollen geglaubte Zeugen der Vergangenheit. (…) Vergleichen wir ausnahmsweise eine Gravitationswelle mit einem Furz. (…) Jeder Furz, den Sie einatmen, stammt aus der Vergangenheit. (…) Und so wie eine Gravitationswelle einen Detektor erreicht, so ist Ihre Nase die Messanlage für den Furz. Die nachgewiesenen Gravitationswellen (…) in unserem Gedankenexperiment sind also ein Furz von einem der allerersten vielzelligen Organismen, den dieser (…) vor unglaublich langer Zeit gelassen hat. Quasi ein Urzeitschas.“ (Seite 83/84)


    Okay. :-D –Vielleicht kann man sich das wirklich auf diese bildhafte Weise merken.


    Ich bin leicht zu erheitern. Schulbuben-Humor macht mir nichts aus. Ein bisschen hatte ich aber das Gefühl, dass ich hier etwas lese, das gar nicht für mich bestimmt ist. Hier schreiben männliche Autoren für ein vorwiegend männliches Publikum. Ich glaub’ zum Beispiel nicht, dass es der weiblichen Partnersuche förderlich ist, wenn frau mit fundiertem Wissen über Astronomie aufwarten kann. Wird hier Erfolg beim anderen Geschlecht als Lern-Motivation angepriesen, ist man als Leserin und „nerd in a skirt“ außen vor.


    Informativ und unterhaltsam

    Ich habe mich sehr gut informiert und bestens unterhalten gefühlt. Und ich habe mich besonders über die spezifisch österreichischen Vokabeln, Formulierungen und Redewendungen gefreut, die mir wohlvertraut sind, die ich aber in meinem Umfeld leider nicht mehr allzu oft höre.


    Die Autoren

    Martin Puntigam, geboren 1969 in Graz, Gründungsmitglied der Science Busters, ist mehrfach ausgezeichneter Kabarettist, Autor für Film, Funk und Fernsehen und Lektor an der Universität Graz.

    Der Astronom Florian Freistetter, geboren 1977 in Krems, publiziert als freier Wissenschaftsautor. Sein Science Blog Astrodicticum simplex zählt zu den meistgelesenen Wissenschaftsblogs in deutscher Sprache. Seit 2015 festes Mitglied der Science Busters.

    Helmut Jungwirth, geboren 1969 in Graz, Molekularbiologe, leitet das Geschmackslabor der Universität Graz und lehrt an selbiger als Professor für Wissenschaftskommunikation.

    Die drei treten im Fernsehen und zusammen mit wechselnden Mitstreitern im deutschsprachigen Raum auf.


    *) GWUP = Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften / www.gwup.org


    ASIN/ISBN: 3423349611

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner