Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück; von Lilly Bernstein

  • Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück


    Autorin: Lilly Bernstein

    Erschienen: 02.11.2020
    Seitenzahl: 512

    ISBN-13: 978-3548063416Preis Taschenburg: 10,99 €


    Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)

    Köln, 1941. Anna wächst bei ihrer Tante Marie und ihrem Onkel Matthias auf, einem Bäckerehepaar. Das Mädchen liebt die Backstube über alles, besonders den großen Ofen aus Vulkanstein. Doch mit dem Krieg kommt das Unglück: Matthias wird eingezogen und die Bäckerei bei Luftangriffen zerstört. Während Köln in Trümmern liegt und vom kältesten Winter des Jahrhunderts heimgesucht wird, schließt Anna sich in ihrer Not einer Schwarzmarktbande an und steigt zur gewieftesten Kohlediebin der Stadt auf. Als sie am wenigsten damit rechnet, verliebt sie sich – eine verbotene Liebe mit gefährlichen Folgen. Von Kälte, Hunger und Neidern bedroht, halten Anna und ihre Tante verzweifelt an dem Traum fest, die Bäckerei wiederaufzubauen. Und an der Hoffnung, dass die Männer, die sie lieben, irgendwann zu ihnen zurückkehren.


    Über die Autorin (Quelle: Amazon)

    Lilly Bernstein ist das Pseudonym der Kölner Journalistin und Schriftstellerin Lioba Werrelmann. Ihre Eltern, ihre Großeltern mütterlicherseits, ihre Urgroßeltern - sie waren alle Bäcker. Und so wuchs sie auf mit dem heimeligen Bullern des riesigen Ofens direkt unter dem Kinderzimmer und mit dem frühmorgendlichen Duft frisch gebackener Brötchen. "Das Trümmermädchen zu schreiben war für mich eine Herzensangelegenheit", sagt die Autorin, "denn dieser Roman erzählt vom Glück, ein Bäckerskind zu sein."

    Lioba Werrelmann studierte Politikwissenschaft, Staatsrecht und Germanistik, machte ein Volontariat beim WDR und arbeitete als Fernsehautorin und Radiomoderatorin. Viele Jahre berichtete sie als Korrespondentin aus dem ARD-Hauptstadtstudio Berlin.

    Ihre Autobiographie "Stellen Sie sich nicht so an!" belegte den dritten Platz beim Amazon-Autorenwettbewerb. Ihr Krimi "Hinterhaus" erhielt den renommierten GLAUSER-Preis als bestes deutschsprachiges Debüt. Außerdem veröffentlichte sie den Roman "Erzähl mir was Schönes", eine Hommage an die Freundschaft.

    Lioba Werrelmann lebt im Rheinland und engagiert sich für Kinder und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern.


    Meine Gedanken


    Darum geht's:

    Das Mädchen Anna wächst in Köln in den 40er-Jahren bei ihrer Tante Marie auf, die mit dem Bäcker Matthias verheiratet ist. Die Bäckerei ist Annas Zuhause und sie liebt den Geruch von frischem Brot und den großen Ofen aus Vulkanstein. Ihre beste Freundin Ruth wohnt mit ihrer Familie im selben Haus. Die Mädchen sind unzertrennlich bis eines Tages Ruths Familie flüchten muss. Das ist nur der Anfang von all dem Unglück, was der Krieg mit sich bringen wird. Erst muss der Onkel in den Krieg ziehen und dann wird die Bäckerei bei einem Luftangriff zerstört. Anna und ihre Tante haben nur einen Traum: sie wollen die Bäckerei wieder aufbauen. Dafür müssen sie auch unkonventionelle Wege gehen.


    So fand ich‘s:

    Vorhin beim Frühstück habe ich mein frisches Brötchen ganz bewusst genossen und habe an Anna und Marie gedacht. Und obwohl „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“ keine leichte Lektüre ist, musste ich doch dabei lächeln. Ich sah vor mir, wie die kleine Anna früh am Morgen in die Backstube ihrer Tante und ihres Onkels stürmt und staunend vor dem großen Ofen aus Vulkanstein stehen bleibt. Ein so friedliches Bild….


    Im Nachwort berichtet Lilly Bernstein, dass ein solcher Ofen in ihrer Familie eine größere Rolle spielte. Und ich finde, dass es der Autorin gelungen ist, diese besondere Erinnerung in ihrem Buch aufleben zu lassen und beim Lesen spürt man diese persönliche Note, die die Geschichte noch intensiver macht.


    Zu Beginn musste ich mich etwas an die schlichte Erzählweise gewöhnen. Als Leser erlebt man die Ereignisse zu großen Teilen aus der Sicht der sehr jungen Anna und da passt der Schreibstil doch recht gut. Außerdem nahm mich die Geschichte selber immer mehr mit, so dass dies für mich nicht mehr wichtig erschien.


    Die Lektüre von „Trümmermädchen – Annas Traum vom Glück“ hat mir an manchen Stellen einiges abverlangt. Es war bedrückend zu sehen, was Anna in ihren jungen Jahren erleben musste und wie sie gezwungen war, so früh Verantwortung zu übernehmen. Umso bewundernswerter ist die Hoffnung, die Anna und ihre Tante nie verlieren und die Kräfte, die sie aufbringen, immer weiter zu machen. Sie sind für mich ein Sinnbild für all die Trümmerfrauen, die während dem Krieg und in den Jahren danach so viel bis hin zu Unmenschlichen geleistet haben.


    Daher ist das so ein wichtiges Buch – ein Buch gegen das Vergessen – ein Buch als Dankeschön an all diese starken Frauen. Vielen Dank, Lilly Bernstein, für dieses berührende und intensive Buch!


    ASIN/ISBN: B087CZDZL1

  • Ein sehr berührendes Buch. Es läßt den Leser dicht an die Protagonisten heran, mit allem Positiven und auch Negativen.

    Sprich - es löst bestimmte Gefühle aus. Mal Rührung, mal Mitleid, auch schon mal Frust ob bestimmter Handlungsweisen. Es vermittelt ein Miterleben der damaligen Zeit aus Sicht zweier Frauen, bzw. Mädchen.



    Das Buch teilt sich die Sichtweisen von Anna, einem Mädchen, das 1941 - in dem Jahr beginnt das Buch - knapp 11 Jahre alt ist und Marie, ihrer Tante.

    Marie kam einst vor ca. 10 Jahren nach Köln mit einem kleinen Bündel - Anna als Baby. Dort fand sie Arbeit und letztlich die Liebe des Bäckers, bei dem sie als Verkäuferin arbeitet und der ein sehr freundlicher und herzensguter Mann ist.

    Dann wird er doch noch in den Krieg eingezogen, nachdem er vorher zurückgestellt wurde, weil er die lebenswichtige Arbeit der Lebensmittelaufrechterhaltung der Kölner Bevölkerung leistete.


    Fortan sind Anna & Marie ohne den Schutz von Maries Mann und müssen sich durch die Kriegs- und auch Nachkriegsjahre kämpfen.


    Das Bäckershaus wird 1942 zerbombt, Anna und Marie kämpfen ums Überleben, immer in der Hoffnung, die Bäckerei wieder aufbauen zu können.


    Dann macht das Buch einen Sprung in das Jahr 1946 - Nachkriegswinter.

    Anna ist mittlerweile Jugendliche und unterstützt Marie beim überleben der Familie, macht Bekanntschaft mit den Schwarzhändlern, knüpft neue Freundschaften...



    Soweit inhaltlich. Mehr würde zuviel verraten und das wäre schade, da es sich sehr lohnt, das Buch zu lesen.

    Den beiden Frauen zu folgen, ihre Gedankengängen und Handlungsweise versuchen, nachzuvollziehen. Sich mit ihnen zu freuen, ärgern, trauern und auch zu frieren.

    Ja, auch zu frieren. Denn gerade dieser extreme Kältewinter 1946/47 wurde so gut und plastisch dargestellt, daß ich beim lesen doch unheimlich dankbar für Heizung und warme Klamotten wurde.


    Es wechselt sich ab, das es mal aus Sicht Annas, mal aus Sicht Maries beschrieben wird, was mir persönlich sehr gefallen hat, da eben einmal eine erwachsene Frau berichtet, andererseits aus der Warte eines Mädchen, bzw. junger Teenagers erzählt wird.

    Ich gestehe, es gab Momente, in denen hätte ich Marie schütteln können, dann wiederum mochte sie sie besonders.

    Das ist es, was das Buch eben auch besonders macht, diese mitzuerlebenden Gefühlsschwankungen.



    Ach ja, die Beschreibung des Backens von knusprigem Brot, das bullern des Ofens, das man förmlich spüren kann hat bei mir fast den Geruch des frischen Brotes entstehen lassen - so daß ich mir eben erst einmal einen Brotteig angesetzt habe. Auch wenn ich nicht so gut backen kann wie Marie & Anna, keinen derartigen Ofen besitze. Die Lust auf frisches Brot war eben einfach stärker :grin



    Fazit

    Ein sehr berührendes Buch, das sie Sichtweisen einer Bäckersfrau und eines Mädchens zur Zeit des Krieges und der Nachkriegszeit sehr plastisch darstellt.

    Den Leser miterleben läßt, wie sich Hunger, Kälte und Freude über kleinste Kleinigkeiten anfühlt.

    Gut dargestellt Charaktere, die das Buch sehr authentisch machen.


    Sehr empfehlenswert für Leser historischer Geschichten, gerade zur Zeit der Nachkriegszeit.

  • Anna wächst bei ihrer Tante Marie und deren Mann Matthias in einer Bäckerei auf. Die Bäckerei ist ihre Heimat, hier fühlt sie sich geborgen. Oben im Haus wohnt ihre beste Freundin Ruth. Alles scheint in Ordnung. Doch eines Tages ist Ruth verschwunden. Sie musste mit ihrer Familie fliehen. Das ist nur der Anfang von vielen schrecklichen Dingen, die Anna und ihrer Familie in diesem Krieg erleben müssen.


    Was ein berührendes Buch. Ich habe es innerhalb weniger Tage verschlungen. Ich wäre vermutlich noch schneller gewesen, wenn ich es nicht ab und zu hätte beiseite legen müssen, um das Gelesene sacken zu lassen.


    Lilly Bernstein beschreibt in einer eher schlichten, zu Anna passenden, Schreibweise die Schrecken des Krieges sehr anschaulich. Ich bin wirklich froh, dass ich diese Zeit nicht erleben musste. Der Autorin ist es gelungen die Verzweiflung der Menschen, aber auch den Willen das alles zu schaffen sehr greifbar zu beschreiben. Als Leser ist man jederzeit mittendrin im Geschehen.


    Es war keine leichte, aber eine absolut lesenswerte Lektüre.


    9 Punkte


    Herzlichen Dank an Netgalley und den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

  • Ich fand es ja auch richtig gut und habe dann mein Buch zu Weihnachten verschenkt - an wen, wird nicht verwundern, denke ich.

    Ich hoffe, es ist noch nicht zu früh, aber ich habe Fipsi dazu geschrieben, daß sie es, wenn nicht momentan, dann vielelicht in einigen Jahren lesen wird.

    Obwohl ich ihr durchaus zutraue, es jetzt schon zu lesen.

    Ich laß mich da mal überraschen.

  • Kriege nehmen den Menschen so viel, aber ganz besonders Kinder müssen darunter leiden. Ihnen wird eine unbeschwerte Kindheit genommen und sie müssen vorzeitig erwachsen werden und Verantwortung übernehmen.

    So geht es auch Anna, die bei ihrer Tante Marie und ihrem Onkel Matthias aufwächst. Ihr Onkel ist Bäcker und Marie liebt die Backstube über alles. Anna muss miterleben, wie ihre Freundin Ruth mit ihrer Familie verschwindet, wie die Bäckerei zerbombt und ihr Onkel eingezogen wird. Die Not in Köln wird größer, Lebensmittel sind mehr als knapp und im eisigkalten Winter fehlt die Kohle zum Heizen. Anna sieht keinen anderen Ausweg, als auf dem Schwarzmarkt zu handeln und Kohlen zu stehlen. Doch dann verliebt sie sich, aber das darf nicht sein.

    Es ist ein eindringlicher, aber auch bedrückender Roman, der mich von Anfang an gepackt hat. Die Schrecken jener Zeit sind einfach furchtbar. Die jüdischen Mitbewohner verschwinden einfach von einem Tag zum anderen. Während man sich um die Freunde sorgt, gibt es aber auch Menschen, denen es Freude macht, dass die verachteten Menschen endlich weg ist. Die Versorgung wird immer schlechter und die Bomben zerstören die Stadt. Man mag sich das Leben unter den Bedingungen gar nicht vorstellen. Aber es sind auch die Bedingungen, in denen Menschen über sich hinauswachsen.

    Die Charaktere sind sehr gut und authentisch dargestellt. Anna ist ein starkes Mädchen, das Verantwortung trägt und dem man alles Glück der Welt wünschen würde. Auch ihr Onkel, ihre Tante und der kleine Karl haben mir sehr gut gefallen. Matthias hilft trickreich den „besonderen Menschen“ wo er kann, aber auch er wird eingezogen.

    Ein lesenswerter fesselnder Roman über dunkle Zeiten.

    10/10

  • Lange lag das „Trümmermädchen“ auf meinem virtuellen SUB, völlig zu Unrecht, denn es ist ein ganz wunderbares Buch.

    Mit Mittelpunkt der Erzählung stehen Anna und Marie, die beiden Frauen bleiben im Krieg in Köln zurück. Sie müssen dabei sich und die ihnen anvertraute Bäckerei allein durchbringen. Der 2. Weltkrieg und der Wiederaufbau Kölns, sowie die Hungerjahre sind die beherrschenden Themen des Romans. Die Lebensmittelknappheit macht den Menschen sehr zu schaffen, sodass sogar der Kölner Kardinal das „Fringsen“ mehr oder weniger erlaubt.

    Der Fokus des Romans liegt eindeutig auf den „kleinen“ Leuten, sie stehen im Mittelpunkt der Erzählung von Lilly Bernstein. So auch die Kinder, die sich in den Trümmern allein durchschlagen, weil sie die Mütter im Bombenhagel verloren haben und die Väter noch nicht zurückgekehrt sind.

    Man merkt der plastischen Beschreibung an, dass die Autorin mit Backwaren sehr vertraut ist, sie kommt aus eine Bäckersfamilie und so erfährt man viel Wissenswertes über dieses großartige Handwerk.

    Die Figuren sind sehr liebevoll gezeichnet, man würde am liebsten Anna und Marie helfen. Gerade weil man merkt, dass es der „Büll“ nicht gut mit ihnen meint. Er ist die Antifigur in diesem Roman, der fettleibige, korrupte und frauenverachtende Mann, der sich sogar an kleinen Mädchen vergeht.

    Der Roman wird stringent erzählt, es finden einige kleine Zeitsprünge statt, diese fallen aber nicht großartig ins Gewicht. Die Erzählperspektive ist wechselnd zwischen den Hauptfiguren und gestaltet somit den Roman lebendiger und vielschichtiger.

    Der Schreibstil der Autorin ist gut und flüssig zu lesen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht mit Anna und Marie durch Köln zu streifen, eine Stadt, welche ich durch mein Studium ebenfalls sehr gut kenne. Man merkt hier eindeutig, die Liebe zum Detail, sodass es auch eine Hommage an die Stadt ist.

    Ich freue mich nun noch mehr auf das „Findelmädchen“ in dem uns Lilly Bernstein wieder mit nach Köln nimmt und wir diesmal im Jahr 1955 angekommen sind.

    Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses Buch!

    8/10 P.