Fragen an Ulrike Renk

  • Weniger eine Frage als ein Lesezufall. Ich musste bei Paula an die Mutter meiner Urgroßmutter denken, die so um die Zeit mit ihrem Mann zusammen gekommen ist. Sie hieß Pauline und war mit Florian Zajic verheiratet, der wiederum an Konservatorium Klindworth-Scharwenka ab 1895 gelehrt hat (laut Wikipedia). Das dürfte dann wohl der Scharwenka gewesen sein, bei dem Paula Klavierunterricht hätte?

  • Ulrike Renk Mich interessiert immer sehr, wie du an die Geschichten der Leute kommst bzw. dass du sie erzählen darfst. Darfst du dazu etwas erzählen?

    Und: Welche Hilfsmittel hast du bekommen um die Familie von damals kennen zu lernen? Waren es wieder Tagebücher?

  • Ich glaube, die Frage kann auch Regina mitbeantworten - sie schreibt und liest ja hier auch mit und ist Paulas Urenkelin.

    Sie hatte dem Aufbau Verlag über das Kontaktformular eine kurze und etwas kryptische Mail geschrieben, die der Verlag an mich weiterleitete.

    Ich bekomme sehr viele Familiengeschichte geschickt - alle sind sicherlich irgendwie besonders und toll - vor allem für die Familie selbst. Aber ich kann nicht aus allen Romane machen ... 8o
    Ich weiß nicht mehr genau, was es war, das mich angesprochen hat - jedenfalls habe ich ihr geantwortet und um mehr Informationen gebeten. Die kamen dann - ein kurzer Lebenslauf ihrer Großmutter Ursula, etwas aus der Familiengeschichte - und ZACK - da war der Funke. Ich wusste, das ist interessant, da möchte ich mehr wissen und sehr bald schon wusste ich - das wird meine nächste Buchreihe.
    Regina hat ein Archiv - sie hat Unmengen an Material über ihre Familie gesammelt und zusammengetragen. Es ist schon ZU VIEL - für mich. Aber sie ist super - wenn ich Fragen haben, dann sucht sie nach Antworten - gerade heute wieder habe ich eine Mail mit Infos bekommen, die mir noch fehlten - das ist so Klasse.

  • Ich will Euch gerne Berichten, wie ich auf Ulrike kam, um meine Familie Geschichte zu schreiben. Ich habe schon lange gerne Ulrikes Romane gelesen, aber erst bei ihrer Seidensaga bin ich auf die Idee gekommen, dass Sie meine Geschichte interessieren könnte. Ich habe erst durch diese Saga erfahren, daß der Leuchter, der auf meinem Sekretär steht ein jüdischer Chanuker Leuchter ist. Der Sekretär ist ein Familienerbstück und gehörte meiner Urgroßmutter Paula Dehmel.

    Von einem Archiv zu sprechen, ist ein wenig übertrieben. Es sind einige Ordner mit Familiendokumenten, die ich über Jahre gesammelt habe. Ich kann nur versprechen, dass es noch viel Spannendes zu erzählen gibt.

  • Es ist wahnsinnig Aufregend, da Ulrike mich auch an der Entstehung der Romane teilhaben lässt. Ich bin aber manchmal ein unruhiger Testleser, da ich ja die Geschichte kenne. Ich kann mich leider nicht so auf das Buch einlassen wie Ihr. Ich habe z.B. einiges als nicht gut, oder zu ausführlich empfunden, was Euch aber gerade besonders gut gefallen hat. Ich musste lernen dem Fachmann zu vertrauen. :)

  • Ich bin sehr glücklich, daß ich Ulrike gebeten habe die Geschichte zu schreiben. Sie ist unfassbar produktiv und fleißig und findet immer noch interessante Sachen heraus, die auch für mich neu sind. Auch die Gedichte von Richard habe ich durch sie erst kennengelernt, da Gedichte nicht mein Fall sind. Ich fühle mich geehrt, dass meine Familiengeschichte auch für andere sehr interessant ist.

  • Ulrike weicht selten von der echten Geschichte ab und ich finde, sie hat die Figuren sehr gut dargestellt. Viele Sachen sind ja nicht im Detail überliefert und da ist dann die Phantasie und die Erfahrung des Schriftstellers gefragt. Ein Leie wie ich hat ja nicht die Leser im Blick. Ich bin mit dem Resultat sehr zufrieden und genauso gespannt auf den nächsten Teil wie Ihr.

  • Regina - hier darfst du ruhig offen sein. 8o:frech


    Ich habe ihr im Schreibprozess quasi frisches Material geschickt. Sie fand manche Dinge langweilig (Zum Beispiel den Sturm und Phine) ... das war aber noch nicht das endgültige Manuskript - und mal ehrlich - jeder findet irgendetwas in Bücher, auch wenn wir sie lieben, eher nebensächlich.

  • Ich bin gerade ein wenig aufgewühlt, auch traurig und ich hadere.

    Vor Jahren habe ich angefangen Familiensagas zu schreiben - Familiengeschichten, die es wirklich gab und gibt. nach Tagebüchern, Briefen, Berichten. Wahrheit mit einer guten Prise Fiktion. Aber immer nahe an der Wirklichkeit.

    Ich weiß, ich habe damit viele andere AutorInnen "inspiriert" und schon bald schossen Familiensagas aus dem Boden, wie die Pilze im Herbstwald. Manche sind rein fiktiv, andere sind angelehnt an große Familien - aber das jemand so Zugang und Material von und aus den wahren Familien verarbeitet, wie ich das tue, ist, glaub ich, eher selten.

    Fiktive oder fast fiktive Familierngeschichten können viel mehr Drama haben, einen anderen Spannungsbogen, können die heutige Zeit 150 Jahre zurück versetzen - das Leben heute in einem damaligen Setting. Das macht Netflix ja auch gekonnt.
    Serien werden immer beliebter - Buchserien, Fernsehserien, Netflix und Co. Immer ein Cliffhänger am Ende, so dass man hinfiebert zur nächsten Folge.
    Das wahre Leben spielt andere Melodien, es mäandriert, es schlängelt sich. Schicksal ja - hochdramatisch - oft nicht. Cliffhänger - eher selten.
    Ich möchte das aber nicht - wennich Spannungsliteratur schreiben wollte, würde ich Krimis schreiben. Das kann ich auch, das habe ich schon bewiesen.
    Aber Familiensagas sind ein Bild der Familie - DER Familie, über die ich schreibe. Mal poetisch, mal tatsächlich auch langweilig, mal schwurbelig - weil SIE ES WAREN. Es ist die Zeit. Nein, ich werde nicht den Tagesschaumodus in Buch aus der Literatenszene von 1890 schreiben. Das geht nicht. Nicht für mich. Andere könne n das. Das sollen sie auch machen und ihre LeserInnen begeistern.
    Ich hoffe, ein paar LeserInnen folgen auch Paula und ihrer Familie - die durch das Leben mäandrierte.

  • Liebe Ulrike, ich finde, Du hast keinen Grund zu hadern - Du hast ein tolles Buch geschrieben und damit reale Personen Deinen Lesern näher gebracht.


    Ich gebe zu, dieses Buch ist ein wenig anders als die Bücher, die ich vorher von Dir gelesen habe und ich habe stellenweise auch ein wenig Spannung vermisst, die in anderen Deinen Büchern eher gefunden habe - aber sie handelten auch von anderen Menschen in anderen Situationen.


    Es gefällt mir gerade gut, dass Deinen Büchern authentisches Material zugrunde liegt, dass Du nicht nur über erdachte Figuren schreibst, sondern über reale Personen. Und diese Personen und ihre Geschichten mir als Leserin nahebringst - ohne Deine Bücher hätte ich wahrscheinlich nie von ihnen erfahren.


    Ich hatte zu Anfang der Leserunde geschrieben, Paulas Geschichte könnte ein echtes Wohlfühlbuch sein - und Wohlfühlbücher brauchen keine Action.


    Wie anfangs geschrieben, Du hast keinen Grund zu hadern - allen Lesern kannst Du es nicht recht machen, aber bestimmt werden einige Paulas Weg verfolgen.