'Schatten in der Friedrichstadt' - Seiten 087 - 158

  • Ich finde es immer spannend, wenn vom alltäglichen Leben berichtet wird. Wie Moritz Graf gewohnt hat, was in seinen Lebensmittelvorräten zu finden war, welche Schallplatten er zuhause hatte. Ende der 20er Jahre Jazz zu hören, war außergewöhnlich, aber anscheinend immer populärer, wenn ein Club nach dem anderen öffnet und es nicht so leicht ist, einen bestimmten Jazzmusiker zu finden.


    Die Szenen im Sportpalast, als Hitler seine Rede hilt, fand ich sehr gelungen, es kommt rüber, dass es eindrucksvoll angesichts der jubelnden Massen ("das war eine Messe, ein Gotttesdienst, Götzenverehrung"), aber auch beängstigend für die anders Denkenden gewesen sein muss. Die Beklemmung, die Wlmert spürt, ist auch bei mir fühlbar gewesen. Sowieso geht es mir wie vielen hier in der Runde, dass man richtig Angst um die Figuren des Buchs hat, weil man ja weiß, was in den kommenden Jahren zu erleiden ist.


    Beklemmend auch die Lage der vielen Obdachlosen, wenn man gerade mal für 5 Tage bleiben kann, als Mutter mit Kindern vielleicht länger, und dann nicht weiß, wohin im November, das ist echt übel.


    Übel ist auch, was Marold schildert, nämlich "es ist eine Meinungsmaschine, die wir allein steuern, und zwar auf allen Ebenen, von der Herstellung des Papiers bis zur Auslieferung bei den Lesern. Es gibt keinen Schritt den wir nicht in der Hand haben"... S. 117


    Für Richard und Ilse freue ich mich allerdings sehr, gerade, weil Ilse so lange zurückgesteckt hat, um für Leo und seine Kinder da sein zu können.