Eric Weißmann: Tod im Friesenhaus. Kristan Dennermann ermittelt – Ein Sylt-Krimi (Band 2), München 2025, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-22108-5, Klappenbroschur, 349 Seiten, Format: 12,3 x 2,53 x 19,1 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 9,99.
„Die Wahrheit ist, ich helfe dem Kommissar gerade wieder bei der Aufklärung eines Falles. Die Sache betrifft mich […], weil ich den Immobiliennachlass der Verstorbenen […] betreue. Oder, besser gesagt, der Ermordeten.“ (Seite 292)
Ein Antiheld als Amateur-Detektiv
Immobilienmakler Kristan Dennermann, erfolgreich, kultiviert, hochsensibel und von diversen Ängsten geplagt, ist nicht gerade zum Helden geboren. Seit vor über 10 Jahren seine damalige Lebensgefährtin Laura tödlich verunglückt ist, leidet er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und will nur seine Arbeit machen und ansonsten in Ruhe gelassen werden.
Seine engste „Bezugsperson“ ist sein Hund, der Corgi „Prince of Wales“. Ja, okay, eine Freundin gibt’s auch: Cheyenne, die derzeit allerdings auf Reisen ist. Der Kontakt des Paares beschränkt sich auf mehr oder weniger romantische Textnachrichten. – Bitte nicht verwirren lassen: Cheyenne benutzt gelegentlich auch den Vornamen Isolde. Das hat seine Gründe.
Leider hat unser Antiheld die unselige Neigung, bei der Arbeit immer mal wieder über Leichen zu stolpern. Wortwörtlich! Ja, nun, bei den Friesenhäusern auf Sylt geht es nun mal um sehr viel Geld, da bedienen sich manche Menschen eben drastischer Methoden. Neugierig, wie Dennermann nun mal ist, „ermittelt“ er dann selbst und kommt dadurch zwangsläufig Kommissar Bernhard Kröger in die Quere, und das gibt Ärger. So auch jetzt:
Doro ist nicht auf Kreuzfahrt. Doro ist tot!
Kristan Dennermann hat den Auftrag, einen Käufer für ein Ladenlokal zu finden. Der Besitzer der Immobilie lebt im Ausland, die bisherige Mieterin, Antiquitätenhändlerin Dorothea Hußmann, hat sich in den Ruhestand verabschiedet und sich den Traum von einer Weltreise erfüllt. Davon geht Makler Dennermann zumindest aus, als er den Laden betritt. Doch – wir ahnen es schon — „Doro“ lässt sich mitnichten auf einem Kreuzfahrtschiff den Wind um die Nase wehen. Sie liegt erschlagen in einem Nebenraum!
Nachdem er sich vom ersten Schock erholt hat, alarmiert Dennermann die Polizei. Er kann nicht fassen, was er da gerade gesehen hat. Er hat Doro Hußmann nur als freundlich und professionell erlebt. Wer sollte Grund gehabt haben, sie zu töten? Ein Raubüberfall scheidet als Motiv aus, der Laden war ja schon geräumt.
In Wahrheit war alles ganz anders
Nicht nur Dennermann fällt nun auf, dass er Doro zwar gekannt und sich mit ihr über ihr Warenangebot unterhalten hat, aber dass er so gut wie nichts über sie persönlich weiß. Hatte sie eigentlich Familie? Nachbarn wollen sie zusammen mit „einer jüngeren Ausgabe von ihr“ gesehen haben. War das ihre Tochter?
Eine Nichte und eine Großnichte tauchen auf und stürzen sich wie die Aasgeierinnen auf das Erbe. Und so nett und umgänglich, wie Dennermann gedacht hat, ist die Ermordete wohl nicht gewesen. Ihre Verwandten erzählen da ganz andere Geschichten. Auch sonst gibt’s ein paar Leute, die allen Grund gehabt haben, auf Doro Hußmann sauer zu sein. Sehr, sehr sauer!
Der Kommissar macht es sich leicht
Anders als bisher macht sich Kommissar Kröger dieses Mal die Spürnase und die Verbindungen des Maklers zunutze und spannt ihn kurzerhand für seine Ermittlungen ein. Wenn dieser schon den Laden und das Privathaus der Ermordeten verkaufen soll, kann er ja bei der Gelegenheit den Erbinnen auf die Finger schauen und ein bisschen herumschnüffeln. Vielleicht findet er was Sachdienliches.
Das klingt nicht besonders legal und ist der Psyche des angeschlagenen Maklers auch alles andere als zuträglich. Er sollte sich nicht dauernd mit gewaltsamen Todesfällen konfrontieren. Dass er zufällig Frida, eine Freundin seiner verstorbenen Lebensgefährtin, wiedertrifft, die unbedingt seine Ängste therapieren will, obwohl sie dafür in keiner Weise qualifiziert ist, trägt auch nicht zur Verbesserung seines Gemütszustands bei.
Amateur-Schnüffler im Krisenmodus
Ob es so eine schlaue Idee war, sich jetzt ein gebrauchtes Auto zukaufen, das bis ins Detail dem gleicht, das er zu Lauras Lebzeiten gefahren hat, ist ebenfalls fraglich. Sieht ganz so aus, als sei Dennermann gerade dabei, sich kopfüber in die nächste Krise zu stürzen.
Dennoch klaubt er sich akribisch seine Informationskrümel zusammen und ist dem Mörder bald dicht auf den Fersen. Dumm nur, dass dieser das noch lange vor Dennermann kapiert! Und schon schwebt unser Held, der gar keiner sein will, wieder mal in tödlicher Gefahr …
Die Reichen und die Schönen
So geht das also zu bei den Reichen und Schönen auf Sylt! 😉 Der Autor muss es ja wissen, denn er arbeitet tatsächlich, genau wie sein Protagonist, als Makler auf der Insel. Ich gehe davon aus, dass er bei seinen Schilderungen allenfalls ein kleines bisschen übertreibt, wenn überhaupt.
Mit dem supersensiblen „Helden“, der nichts als seine Ruhe will, hatte ich im ersten Band noch meine Probleme. Jetzt habe ich mich an ihn und seine Eigenheiten gewöhnt. Aber er kann mir noch so viel von Laura und Cheyenne vorschwärmen, ich bleibe dabei: Er flirtet mit dem Kommissar!
Was genau der Mörder sich von seiner aufwändig vorbereiteten Aktion versprochen hat, habe ich nicht so ganz verstanden. Wer so viel Zeit und Energie in ein Vorhaben investiert, muss doch ein lohnendes Ziel vor Augen haben! Ich konnte keines erkennen.
Kleine Nachlässigkeiten
Was mich genervt hat, weil’s mich immer nervt: Dass der Name einer der Tatverdächtigen stets zwischen Mina und Nina hin und her wabert.
Manchmal im selben Absatz. Und es ist immer dieselbe Frau gemeint, das habe ich natürlich geprüft. Warum merkt denn das im Vorfeld niemand?
Ich bin kein Fan solcher Nachlässigkeiten. Aus Mina wird Nina, aus einer Cousine eine Schwester … Mich reißt sowas aus der Geschichte raus, weil ich dann hektisch zu blättern und zu suchen anfange, ob ich vielleicht irgendwo eine klärende Äußerung verpasst habe.
Da bin ich mindestens ebenso hartnäckig wie Makler Eric Dennermann, wenn er bei seinen Amateur-Ermittlungen auf eine Ungereimtheit stößt.
Der Autor
Eric Weißmann, Jahrgang 1987, ist selbständiger Immobilienmakler auf Sylt. Er lebt seit fast 20 Jahren auf der Lieblingsinsel der Deutschen und hat seither zahlreiche Traum-Immobilien vermittelt. Mit seinem Buch ›Aber bitte mit Reet! Ein Sylter Makler erzählt Geschichten von der schönsten Insel der Welt‹ gelang ihm auf Anhieb ein Bestsellererfolg.
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ASIN/ISBN: 3423221089 |