Erscheinungsdatum: 11.09.2020
Auflage: 1. Auflage/ Erstauflage
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3969663486
Seitenzahl: 328
Ein erweiterter Blick auf die Geschichte von 500-1620
Eins vorab: Es handelt sich hier (1. Auflage 2020) um einen medizingeschichtlichen Überblick, welcher einige Beispiele aus dem Bereich Dis/abled-History anführt. Hinter dieser Arbeit steht die Frage, was ist Normalität. Der Fokus liegt dabei auf der allgemeinen Medizingeschichte, wobei Aspekte wie die Geschichte der Geschlechter, die geographischen Lage sowie auch die Lebenserwartung berücksichtigt werden.
Der Autor geht zunächst darauf ein, wie wandelbar und zugleich stigmatisierend der Begriff Behinderung ist. Unter „Verständnis von Behinderung“ wird treffend angemerkt, dass die Prägung des Begriffs auch von den zeitlichen Vorstellungen über „richtig oder falsch, schön oder hässlich respektive normal oder unnormal“ beeinflusst wird, es aber zugleich keine pauschale Antwort geben kann.
Das Kapitel „3. Mitteleuropäische Herrschaftsstrukturen (...)“ führt den Leser durch die allgemeine politische Lage von 500 -1620 und schildert wie problematisch es für Herrscher war zu erkranken. Hier trifft man auf einige Herrscher, die trotz Einschränkungen für die Geschichte bemerkenswertes vollbrachten (was sich auch in den –teilweise sehr unschönen - Beinamen verewigte z.B. Johanna die Wahnsinnige).
Unter „Gesellschaftliche Machtstrukturen“ werden die Stände vorgestellt sowie die Machtdynamik in der feudalen Gesellschaftsstruktur. Vertiefende Abschnitte finden sich zu „Der arbeitende Stand“, „Der Adel“ sowie „Der Klerus“. Auch hier werden die allgemeinen Bedingungen geschildert wie z.B. die städtische Selbstverwaltung am Beispiel der mittelalterlichen Stadt Wales. Anschaulich wird die wirtschaftliche Lage zur Zeit der Pest geschildert und auch die Bauernkriege sowie der Aufstieg des reichen Bürgertums angeführt. Zum Klerus finden sich allgemeine Informationen wie auch die Reformen Karl des Großen neben dem Eigenkirchenrecht des Klosters Cluny in Burgund und dem Laterankonzil im Jahr 1179er verdeutlicht der Autor, wie entscheidend die Macht des Klerus war.
Nach einem kurzen Abriss über die antiken Haltungen zum Thema „Missbildungen“ folgt unter „Wissenschaft im Mittelalter und Renaissance“ die Verschmelzung der alten Strömungen mit christlichen Auffassungen und die Weiterentwicklung hin zu einer humanistischen Denkweise. Die Entwicklung der Medizin wird gesondert in Kapitel „Übergang der Antiken in die mittelalterliche Medizin“ geschildert. Hier findet der Leser auch die Elemente-Theorie (Element, Körpersaft, Temperament ...), den Hippokratischen Eid sowie die empirische Ärzteschulen (3. Jhd. V. Chr.). Celsus, Galenos von Pergamon / Galen (129-200 n. Chr.) werden erwähnt, ehe der Autor auf die Klöster und die monastischen Medizin zu sprechen kommt. So unterteilt sich das Kapitel „Phasen der Medizin des Mittelalters und der Renaissance“ in monastische Medizin, weltliche Medizin und die Medizin der Renaissance, wobei erst unter „Wissen über die Anatomie und Physiologie“ genauer auf die Verdauungsphysiologie, das Herz-Kreislauf-System und die Zeugungsphysiologie eingegangen wird.
In „Multidimensionale Wahrnehmung von Behinderung“ und „Behinderung im Wandel“ geht der Autor gezielter auf das Thema Behinderung ein. Es wird geschildert, wie hartnäckig die Auffassung der Verbindung zwischen Sünde bzw. magischen Einfluss und Behinderung war. Auch Paracelsus bildet hier keine Ausnahme. „Rasende“ Menschen wurden gefängnisartig untergebracht. Zugleich wurden die Inquisition und der Exorzismus professionalisiert. Neben dem rechtlichen Bedingen wird hier auch auf die Kindstötung und die Entwicklung der Schutz- und Fürsorge-Haltung eingegangen, ehe der Übergang zum 17. Jahrhundert geschildert wird.
Die Buchreihe greift hier ein wichtiges Thema auf und stellt zudem die kostenlose Android-App „Dis/abeld in History Quiz“ zur Verfügung, in der man spielerisch sein Wissen über die Geschichte erwerben oder testen kann. Die App enthält keine versteckten Kosten und soll einen offenen Zugang zu Bildung ermöglichen.
Das Buch selbst vermittelt einen ersten Eindruck über die Medizingeschichte von 500-1620. Da diese geographisch wie auch kulturell große Unterschiede aufweist, orientiert sich der Autor an wichtigen Schlüsselereignissen. Auch schildert er gekonnt, dass die Auffassung von „Normalität“ einen wichtigen Einfluss auf das Thema Behinderung hat und einem beständigen Wandel unterliegt
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ASIN/ISBN: 3969663482 |