eta-Verlag, 2022
90 Seiten
OT: Po¿uri i izmisli grad
Kurzbeschreibung:
Ein Tag unter der Erde mit der Bergarbeiterin Selima. Nach einem Verkehrsunfall lernt Behka in der Tierarztpraxis Muharem kennen. Als Mozart verkleidet verticken Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Wien Konzertkarten. Ein Wasserrohrbruch wird zum Anlass, in die Lebensgeschichte der Urgroßmutter Hanifa einzutauchen. Und was ist während der Belagerung Sarajevos mit den Tieren im Zoo passiert? Die Geschichten sind Frauen und Queers, Migrant*innen und Arbeiter*innen, älteren, einsamen oder psychisch kranken Menschen gewidmet. Und ganz besonders Tieren. Ihre Perspektive und Verletzlichkeit macht die Unmenschlichkeit, in der wir leben, schmerzlich bewusst. Nach dem ersten, 2020 auf Deutsch erschienenen Erzählband Nennt mich Esteban weitet Lejla Kalamujić die Palette ihrer Figuren und Schauplätze aus. Was die Bücher jedoch verbindet, ist ihre empathische und humorvolle Art zu erzählen.
Über die Autorin:
Lejla Kalamujić wurde 1980 in Sarajevo geboren, wo sie auch heute lebt. Sie schloss ein Studium in Philosophie und Soziologie ab. Sie ist Autorin der beiden Erzählbände „Anatomie des Lächelns“ sowie „Nennt mich Esteban“. Außerdem veröffentlichte sie das Stück „Die Menschenfresserin oder wie ich meine Familie umgebracht habe“. Sie schreibt Prosa, Dramen, Essays und Rezensionen für verschiedene Zeitschriften und Webportale in Bosnien-Herzegowina und der Region.
Über die Übersetzerin:
Marie-Luise Alpermann hat Slawistik und Literaturwissenschaft in Halle (Saale) studiert, wo sie auch lebt. Sie arbeitet als Übersetzerin aus dem Bosnisch/Kroatisch/Serbischen und freie Lektorin. Ihr besonderes Interesse gilt der zeitgenössischen Literatur des jugoslawischen Raums.
Mein Eindruck:
Dieses Buch enthält wahre Perlen von Erzählungen. Es ist bosnische Literatur und daher sind die Menschen von der Vergangenheit geprägt und leiden auch später noch daran. Zum Beispiel in der ersten Geschichte, in der die Protagonistin schließlich als Erwachsene das Land verlässt, dennoch noch an den geliebten Onkel denkt, der eines Tages verschwunden war.
Dieselbe Story thematisiert den Tod der Tiere im Zoo in Sarajewo während der Belagerung. Nur ein abgemagerter Bär lebte noch.
Gewalt in verschiedenen Formen, besonders gegen Frauen, durchzieht das Buch.
Manche Geschichten sind nicht einfach auszuhalten, z.B. die von einer Frau, die im Krieg als Vergewaltigungsopfer gehalten wurde und schließlich nach der Freilassung schwanger ist. Bei aller Härte fügt die Autorin aber auch Momente der Hoffnung ein.
Verschiedene Lebensentwürfe werden gezeigt, manche mit Chancen, andere eher hoffnungslos. Einfach wird es nie.
Praktisch jede Erzählung ist ein literarisches Juwel und auch die Form der Erzählungen sind verschieden, wobei ein gewisser Ton, den die Autorin ausmacht, bleibt.
Lejla Kalamujic ist eine Meisterin der Kurzprosa!
![]() |
ASIN/ISBN: 3949249117 |