Frederik Kiesewetter - Der Silberschmied

  • Herausgeber: Eigenverlag (25. März 2025)

    Taschenbuch: ‎402 Seiten

    ISBN-13: ‎ 979-8300912956


    Kurzbeschreibung


    Wien, 2018: Durch Zufall entdeckt die kurz vor ihrer Pensionierung stehende Historikerin Amalia Klinger in der Wohnung ihres Vaters am Opernring eine alte Silberschatulle. Darin befinden sich ein Medaillon und ein Notizheft, in dem ein rätselhafter Tagebucheintrag Fragen aufwirft. Entschlossen, die Geschichte hinter ihrem Fund aufzudecken, macht sich Amalia auf die Suche nach Hinweisen.


    Wien, 1923: Das Trauma des Großen Krieges lastet noch immer auf der Stadt und ihren Bewohnern. Besonders der Silberschmied Conrad Knaupp kann dem Schrecken nicht entkommen, denn seit seiner Verwundung an der Italienfront ist er auf eine Gesichtsprothese angewiesen und lebt deshalb völlig zurückgezogen in seiner Grinzinger Villa. Als eines Tages der schusselige Archäologe Hannibal Haas vor der Türe steht und nach geheimnisvollen unterirdischen Gängen im Keller der Villa suchen möchte, wird Conrads isoliertes Dasein gehörig auf den Kopf gestellt. Der junge Wissenschaftler weckt in ihm längst verloren geglaubte Gefühle.


    Autor


    Frederik Kiesewetter, Jahrgang 1994, lebt mit seinen drei Katzen in Wien. Das Schreiben begleitet ihn als große Leidenschaft schon seit der Kindheit. Dabei begeistert er sich vor allem für die düsteren Kapitel der Geschichte, für geheime Sehnsüchte und verlorene Seelen. "Der Silberschmied" ist sein Debütroman.


    Rezension


    Ein Roman, der richtig nachhallt. Kiesewetter wirft uns mitten hinein ins Wien der 1920er – eine Stadt, die noch unter dem Schock des Ersten Weltkriegs steht. Mittendrin: Conrad Knaupp, ein ehemaliger Soldat, entstellt, traumatisiert, isoliert. Seit seiner schweren Verwundung lebt er zurückgezogen in einer Villa in Grinzing, das Gesicht hinter einer Prothese verborgen, die Vergangenheit immer präsent. Und dann steht plötzlich Hannibal Haas vor der Tür – ein junger, schusseliger Archäologe, der hofft, unter Conrads Haus auf ein archäologisches Sensationsfundstück zu stoßen.


    Was wie ein absurder Zufall beginnt, entwickelt sich zu einer Geschichte voller leiser Töne, tiefer Gefühle und gefährlicher Nähe. Zwischen Conrad und Hannibal entsteht eine Verbindung, die zu dieser Zeit nicht nur verpönt, sondern strafbar ist. Kiesewetter beschreibt diese Beziehung nicht romantisierend, sondern ehrlich, zart und mit einer ständigen Bedrohung im Nacken.


    Besonders stark: Die Darstellung von Conrads Trauma. Der Krieg ist nicht einfach Kulisse – er ist in jedem Satz spürbar. Die Brutalität, mit der Kiesewetter die Front schildert, geht unter die Haut. Das Leid, das danach bleibt, zieht sich durch den ganzen Roman. Gleichzeitig lässt er Raum für Hoffnung, für Annäherung, für das Menschliche in all dem Dunkel.


    Die politischen Spannungen, das Erstarken rechter Ideologien, die Spaltung in der Gesellschaft – all das fließt mit ein, ohne aufgesetzt zu wirken. Man merkt, wie gut recherchiert der Stoff ist, wie präzise der Autor die Atmosphäre einfängt.


    Weniger überzeugt hat mich der zweite Handlungsstrang in der Gegenwart: Historikerin Amalia entdeckt 2018 eine alte Silberschatulle mit einem Tagebuch, das sie auf Spurensuche schickt. Nett, aber aus meiner Sicht entbehrlich. Die Geschichte lebt von der historischen Ebene, und die hätte locker allein getragen.


    Fazit: Ein beeindruckend erzählter Roman über Krieg, Liebe, Verlust und Mut. Ohne Kitsch, ohne rosa Brille. Stattdessen echt, eindringlich und voller emotionaler Wucht. Wer starke Figuren, düstere Zeiten und viel Tiefgang mag, sollte sich „Der Silberschmied“ nicht entgehen lassen.


    9/10


    Auf meinem Blog findet ihr eine ausführlichere Rezension: https://buchkomet.wordpress.com/2025/06/29/his…r-1920er-jahre/


    ASIN/ISBN: B0F2HBK477