Wir sehen uns wieder am Meer - Trude Teige

  • Klappentext (Amazon):


    2024: Juni Bjerke erhält einen Anruf. Erst jetzt erfährt sie vom Schicksal der geliebten Freundinnen ihrer Großmutter Tekla.
    1944: Norwegen ist von den Deutschen besetzt. Die junge Krankenschwester Birgit begegnet der 16-jährigen Nadia, die aus der Ukraine zur Zwangsarbeit in der Fischfabrik verschleppt wurde. Als Birgit sich dem Widerstand anschließt und Nadia einen Kollaborateur trifft, geraten sie in höchste Gefahr. Ihre Geheimnisse teilen sie nur mit dem 'Deutschenmädchen' Tekla. Weit über den Krieg hinaus müssen die Freundinnen Entscheidungen fällen, die noch das Leben ihrer Kinder und Enkel prägen werden.



    Meine Rezension:


    Die Freundinnen


    Birgit, Thekla, Annelise und Nadia sind innige Freundinnen, die einander jeden Sommer auf Birgits Heimatinsel vor Kragerø treffen. Viele Jahre später will Birgits Großnichte Anna wissen, wie Nadia, eine gebürtige Ukrainerin, nach Norwegen gekommen ist und erfährt im Laufe der Nachforschungen Unglaubliches über sowjetische Gefangene in Norwegen während des Zweiten Weltkriegs.


    Nach einem Prolog, der vielleicht für Neueinsteiger in diese Trilogie etwas verwirrend sein könnte, lichten sich die Unklarheiten, wir gehen zurück in die Jahre 1944 – 1953, aufgegliedert in vier Teile, der kurze Epilog schließt am Ende stimmungsvoll den Kreis zur Großmutter, die im Regen tanzte. Auf historische Details gestützt und von wahren Schicksalen inspiriert, erzählt Trude Teige diesmal über die weniger bekannten Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, krankheitsbringende Lager und unmenschliche Bedingungen in den Fischfabriken. Weitere Schauplätze sind das Krankenhaus in Bodø samt Mitarbeitern im Widerstand und die norwegische Botschaft in Moskau, wo Birgit später als Dolmetscherin und Übersetzerin arbeitet. Auch wenn es gefährliche und brutale Szenen im Gestapohaus gibt, die Bedingungen der Gefangenen und Zwangsarbeiter katastrophal sind, so legt die Autorin doch ihr Augenmerk immer wieder auf lebensbejahende und hoffnungsvolle Momente, zeigt, wie Vergangenes aufgearbeitet werden soll und kann und dass das Leben nicht nur das ist, was geschehen ist, sondern auch das, was geschieht und noch geschehen wird. [kindle, Pos. 3886]


    In allen drei Bänden rund um Großmutter, Großvater und Freundinnen nehmen Frauen den Platz der Hauptfiguren ein, sodass das Kriegsgeschehen nicht immer nur aus männlicher Sicht erzählt wird, sondern auch andere Blickwinkel dargestellt werden und die mutigen Frauen einer schrecklichen Zeit ebenfalls eine Stimme bekommen. Mit spürbarem Einfühlungsvermögen und taktvollem Andeuten grauenhafter Einzelheiten, ohne aber jemals in reißerische Schilderungen abzudriften, schafft Trude Teige es stets, aufwühlende historische Fakten mit fiktiven Elementen zu verknüpfen und so der Wahrheit wohl sehr nahe zu kommen. Auch dieser Teil der Trilogie hat mich beim Lesen sehr berührt, das Buch zeigt eindringlich, wozu Menschen fähig sind, egal welcher Herkunft und Nationalität. „Wir sehen uns wieder am Meer“ kann durchaus für sich alleine gelesen werden, um die gesamte Familiengeschichte noch besser zu verstehen, empfehle ich allerdings, die gesamte Trilogie von Anfang an zu lesen!



    Titel Wir sehen uns wieder am Meer

    Autor Trude Teige

    ASIN B0DYG7SVS8

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Gebundenes Buch (400 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 16. Juli 2025

    Verlag Fischer

    Originaltitel Mormors utroliga venniner

    Übersetzer Günther Frauenlob


    ASIN/ISBN: B0DYG7SVS8

  • Nach einem Prolog beginnt die eigentliche Geschichte im Jahr 1944 und endet nach Kriegsende 1952. Bisher hatten die Freundinnen Birgit, Tekla und Annelise ihre Sommerferien immer am Meer verbracht und hoffnungsvolle Zukunftspläne geschmiedet. Hierzu paßt auch das Cover sehr gut. Nun herrscht Krieg und Birgit ist als Krankenschwester in Bodo/Norwegen eingesetzt. Bei einem Krankheitsfall wird sie als Russisch-Übersetzerin hinzugezogen und lernt dabei die Ukrainerin Nadia kennen. Sie wurde von Deutschen verschleppt und muß unter schwersten Bedingungen in einer Fischveredelungsfabrik arbeiten. Birgit will Frauen und Kinder im Lager helfen, schließt sich einer Widerstandsbewegung im Krankenhaus an und wird später selbst bedroht. Vorsicht ist geboten, denn unter den Norwegern gibt es auch Personen, die die deutschen Besatzer unterstützen. Aber Birgit gibt nicht auf. Durch ihre Russisch-Kenntnisse, die nur einigen wenigen Menschen bekannt sind, gerät sie später in das Netz der Geheimdienste und ihre Loyalität wird auf eine Probe gestellt.



    Die Autorin kann hervorragend schreiben. Das beweist sie nicht nur mit dieser Trilogie, sondern, das muß ich hier unbedingt erwähnen, auch mit ihren Krimis. Sie schreibt bildhaft, so daß man sich als Leser mitgenommen fühlt und so mit den Protagonisten fühlt, leidet und aber sich auch mit ihnen freut. In diesem Band legt die Autorin ihr Augenmerk auf die starken Frauen während des Krieges, die sonst unerwähnt bleiben, sowie die Freundschaft unter den jungen Frauen.


    Birgit war für mich eine tolle Figur mit ihrem Willen, ihrer Durchsetzungskraft, Loyalität, Empathie, Wärme und ihrer freundlichen Ausstrahlung. Andererseits mußte sie auch eine enttäuschte Liebe verarbeiten. Aber ich fühlte auch mit Nadia, dem „Deutschenmädchen“ Tekla und den anderen, die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Die Frauen mußten Grausamkeiten über sich ergehen lassen und haben diese gerade mit ihrer Stärke durchgestanden. Und die Autorin schreibt für mich tolle Sätze, wie z.B. „Wir sind wie die Ähren, die beugen sich dem Wind, aber sie brechen nicht so leicht“ und „Kein Mensch kann sich von der Verantwortung für sein Tun freisprechen“.


    Trude Teige hat wahre Begebenheiten mit Fiktivem zu einem bewegenden, berührenden, aufwühlenden und auch erschütternden Roman zusammengeführt. Auf jeden Fall würde ich empfehlen, alle drei Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Für das Verständnis ist es zwar nicht zwingend notwendig, aber so wird eine runde Sache aus der Geschichte.


    Für mich war dieser Abschlußband ein echtes Highlight!