Der Fall des Stalkers - Inge Zinßer

  • Inge Zinßer: Der Fall des Stalkers, Reutlingen 2025, Oertel + Spörer Verlag, ISBN 978-3-96555-211-1, Softcover, 177 Seiten, Format: 19 x 12 x 1,5 cm, Buch: EUR 13,00, Kindle: EUR 9,99.


    Irgendwie ist diese Krimireihe komplett an mir vorbeigegangen, obwohl die Hauptkommissare Peter Zondler und Sebastian Aichele plus Kolleg:innen in „meiner“ Kreisstadt Esslingen stationiert sind. Jetzt habe ich ausgerechnet den 6. Band erwischt, in dem KHK Zondler, 56, keinen Bock mehr auf seinen Beruf hat und mit dem vorgezogenen Ruhestand liebäugelt. Er möchte sich mit seiner Frau, der Buchhändlerin Jette, ins Privatleben zurückziehen. Es muss doch mehr geben auf der Welt als Mord und Totschlag! Zweifellos.


    Ein Toter auf dem Feldweg


    Der aktuelle Fall macht ihm besonders zu schaffen. Nach all den Jahren kann er noch immer kein Blut sehen, ohne dass ihm schlecht wird, und der unbekannte junge Mann, der erstochen auf einem Feldweg liegt, bietet einen äußerst grausigen Anblick. Noch schlimmer findet der Kommissar, dass sich der Mord an seinem Wohnort, in Hochdorf, ereignet hat. Das ist ja so, als würde man die Arbeit mit nach Hause nehmen! Er will auch nicht seine Freunde und Bekannten verdächtigen müssen.



    Keine Feinde, kein Motiv


    Wenn sie wenigstens im Fall des erstochenen Unbekannten vorankämen! Es dauert schon mal ewig, bis er überhaupt identifiziert ist. Und dann erweist er sich als braver, arbeitsamer Bürger, der keinerlei gefährlichen Umgang pflegte. Keine Laster, keine Feinde – und keine erkennbare Verbindung nach Hochdorf.


    Dann geschieht auf dem Martinimarkt ein weiterer Mord. – ebenso unerklärlich. Jemand hat einen harmlosen und freundlichen Wurstverkäufer erschlagen. Wieder weit und breit kein Motiv und kein Verdächtiger.


    Während Zondler und Kollegen sich mit den beiden Morden herumplagen, wissen wir Leser:innen mehr:


    Zum Glück kennen Kommissar Zondler und seine Frau ein paar Leute, die im Ort sehr gut vernetzt sind.


    Dramatischer Wettlauf gegen die Zeit


    So langsam können sich die Ermittler ein Bild machen. Doch „langsam“ ist nicht schnell genug! Im letzten Drittel des Buchs nimmt die Geschichte ordentlich Fahrt auf. Aus „erschöpfter Kommissar grantelt sich widerwillig durch eine rätselhafte Mordserie“ wird auf einmal ein rasanter und hochdramatischer Wettlauf gegen die Zeit …


    Sympathische Ermittler, erfreulich normal


    Das Romanpersonal war mir auf Anhieb sympathisch. Die sind alle so erfreulich normal! Auch wenn immer wieder deutlich wird, dass die Leute eine lange gemeinsame Geschichte verbindet – immerhin ist das Band 6! -, bin ich problemlos in die Story hineingekommen, es bleiben keine Fragen offen. Man muss auch die Gegend nicht kennen, um sich in dem Krimi zurechtzufinden. Es schadet aber nichts, wenn man ein bissle Schwäbisch versteht, denn manchmal entschlüpft dem Kommissar oder seinen Gesprächspartnern eine Formulierung im Dialekt - wie das eben so ist, wenn man mit einer Mundart aufgewachsen ist.


    Ebenfalls wie im richtigen Leben ist, dass wir unsere widersprüchliche Einstellung gegenüber dem Täter aushalten müssen. Ein Teil der Geschichte wird aus seiner Sicht geschildert. Uns ist natürlich klar, dass es unentschuldbar ist, was er da treibt. Aber es ist auch unentschuldbar, was man ihm angetan hat.


    Schade, dass die Reihe schon zu Ende ist! Ich hätte gerne noch gewusst, wie sich die Polizisten mit den neuen Gegebenheiten arrangieren. Ich mag die vertraute Umgebung als Handlungsort und das unaufgeregte Romanpersonal mit seinen nachvollziehbaren Problemen. Und die Spannung, natürlich! Aber es bleibt mir ja unbenommen, die vorigen Bände im Nachhinein zu lesen.


    Die Autorin


    Inge Zinßer ist 1954 geboren, verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und sechs Enkelkinder. Viele Jahre war sie als Buchhändlerin tätig. Ein sehr bewegtes, turbulentes Leben, aus dem sie immer wieder kleine Episoden für ihre Bücher verwenden kann. Vor allem das Thema Friedhof beschäftigt die Autorin, da ihr Mann lange in diesem Bereich gearbeitet hat. Ihr erster Regionalkrimi war „Grabsharing“ – mit diesem neuen Krimi erscheint nun bereits der sechste Band, stets mit Kommissar Zondler und seinem Kollegen Aichele, sowie Zondlers Frau Jette.


    ASIN/ISBN: 3965552112

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner