Schatten der Gondeln – John Banville

  • Verlag: Kiepenheuer&Witsch, 2025

    384 Seiten

    OT: Venetian Vespers

    Übetsetzt von Elke Link



    Kurzbeschreibung:

    1899. Als das neue Jahrhundert anbricht, heiratet der englische Schriftsteller Evelyn Dolman – ein Schreiberling, wie er selbst sagt – Laura Rensselaer, die Tochter eines amerikanischen Ölmagnaten. Evelyn hofft, dass er und Laura ein beträchtliches Vermögen erben werden und so ein bequemes, geregeltes Leben führen können. Doch seine Hoffnungen werden enttäuscht, als ein mysteriöses Zerwürfnis zwischen Laura und ihrem Vater, kurz vor dem Tod des Patriarchen, zu ihrer Enterbung führt.

    Das unglückliche Ehepaar reist nach Venedig, um das neue Jahr im Palazzo Dioscuri zu feiern, dem Stammsitz des charmanten, aber zwielichtigen Grafen Barbarigo. Von der ersten Minute an häufen sich im Palazzo unerklärbare und unheimliche Ereignisse. Evelyns ohnehin schon strapazierte Nerven liegen blank: Könnte es am Nebel liegen, der die schwimmende Stadt umhüllt, oder verliert er den Verstand?



    Über die Autor:

    John Banville, geboren 1945 in Wexford, Irland, gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen literarischen Autoren. Sein umfangreiches Werk wurde mehrfach, auch international, ausgezeichnet, zuletzt mit dem Franz-Kafka-Literaturpreis, dem Man Booker Prize (für »Die See«) und 2013 mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. John Banville lebt und arbeitet in Dublin.



    Über die Übersetzerin:

    Elke Link hat in München und Canterbury Anglistik, Neuere deutsche Literatur und Linguistik studiert. Seither hat sie zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Biografien und Essays aus dem Englischen übersetzt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Sabine Roth wurde sie für ihre Übersetzung des Romans »Silas Marner« von George Eliot mit dem Bayerischen Literaturförderpreis ausgezeichnet.



    Mein Eindruck:


    John Banville ist der große irische Schriftsteller, der mich mit Büchern wie Athena, Der Unberührbare und The Sea begeistern konnte.

    Spätere Bücher hatten mich nicht mehr ganz so stark erreicht. Und obwohl Schatten der Gondeln nicht Banvilles bestes Buch ist, hat er mich beeindruckt. Es ist ein Buch voller Geheimnisse und einen nicht unbedingten likeablen Protagonisten.

    Evelyn Dolman ist zeitweise ein egozentrischer Erzähler, dann aber auch ein Ahnungsloser, der von den Geschehnissen getrieben wird. Man ist durchgängig bei ihm und seinen Gedanken und Erleben. Die Kunst ist, als Leser vielleicht etwas schlauer als der Erzähler zu sein. Ein bewährter Schreibkniff von John Banville.


    Es ist ein erstaunliches Buch. Ein Venedig-Roman, der um 1899 spielt. Dennoch ist es nicht wirklich ein historischer Roman. Eine Frau verschwindet, doch ein Krimi ist es dennoch auch nicht wirklich.

    Doch der Plot, der ein gelungener Genre-Mix ist, eignet sich, den Leser ans Buch zu binden.


    Ein Buch, dass als Einstieg in John Banvilles Werk gut taugt!



    ASIN/ISBN: 3462008285

  • Meine Rezension:


    Unheilschwangere Lagunenstadt


    Mit der Aussicht auf ein beträchtliches Erbe heiratet der Schriftsteller Evelyn Dolman Laura Rensselaer. Allerdings kommt es zum Streit zwischen der Ölmagnatentochter und deren Vater. Unglücklich geht die Reise zum Jahreswechsel 1899/1900 nach Venedig, wobei die unheilschwangere Lagunenstadt Evelyn fast um den Verstand bringt.


    Als großer Monolog angelegt, erfährt der Leser ausschließlich Evelyn Dolmans Sichtweise auf das Geschehen, wodurch die nebulösen und undurchschaubaren Machenschaften so mancher einflussreichen Person auch für uns Außenstehende geheimnisvoll bleiben. Viele Gedanken und Erinnerungen Dolmans beherrschen die Handlung, nur wenige Szenen mit Dialogen bringen Lebendigkeit in die Tage am Meer. Dadurch wirkt das Ganze bisweilen ein wenig erschöpfend, andererseits wächst doch immer wieder die Neugierde, was hinter dem geheimnisvollen Verschwinden der Ehefrau steckt und was es mit den Fremden im Lokal auf sich hat, die Evelyn zu kennen vorgibt. Wer hütet das größte Geheimnis, wer leidet an Fieberträumen und was von allen Schilderungen entspricht tatsächlich der Wahrheit? Auf beeindruckende Weise spielt John Banville mit der Atmosphäre der Lagunenstadt, bedient sich bei seiner Erzählung einer geschliffenen und verführerischen Sprachmelodie. Werden sich die Nebel lichten?


    Ein spannender Ausflug ins historische Venedig ist garantiert, auch wenn bei mir nicht alle Puzzelstücke an den rechten Platz gefallen sind, so haben sich doch interessante Lesestunden ergeben, welche die Phantasie beflügeln.


    ASIN/ISBN: B0F4B9LWPB