Herausgeber: Eigenverlag (21. September 2022)
Print: 580
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ASIN/ISBN: B0BGFBB9BC |
Kurzbeschreibung
Die Arcadia ist im Orbit von Juno angekommen. Nicht jeder hat die lange Reise überlebt. Und die, die überlebt haben, dürfen noch nicht landen. Während Hailley versucht einen Impfstoff zu finden, muss sich Nisha mit den rebellischen Siedlern auseinandersetzen.
Der Zusammenhalt der Menschen bröckelt und es scheint, als hätten sie die Schatten der Vergangenheit, die sie längst überwunden haben wollten, mitgenommen.
Wird es der Besatzung der Arcadia dennoch gelingen endlich auf Juno Fuß zu fassen oder bleiben sie für immer auf dem Raumschiff gefangen?
Autor
Steven Lee Anderson ist ein deutschsprachiger Autor für Science-Fiction Romane. Die Juno-Trilogie ist sein erster Science-Fiction-Epos.
Schon in jungen Jahren mit der Alien-Filmreihe konfrontiert, wuchs die Liebe zur Science Fiction und nach ersten Versuchen etwas ähnliches wie Alien zu kreieren, entstand nach vielen vollgeschriebenen und weggeworfenen Seiten schließlich die Juno-Trilogie.
Steven hat umfassende Erfahrung auf den Gebieten der Informatik, Machine Learning und Web Development.
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Rezension
Nach 108 Jahren Reise ist es so weit: Die Arcadia erreicht ihr Ziel. Juno, der Planet, auf dem die Menschheit einen Neuanfang wagen will, liegt zum Greifen nah. Doch wer nach dem ersten Band gehofft hat, dass mit der Ankunft im Orbit endlich Ruhe einkehrt, wird schnell eines Besseren belehrt. Denn auch wenn das Raumschiff sein Ziel erreicht hat, ist die Reise für die Menschen an Bord noch lange nicht vorbei. Nicht alle haben den Flug überlebt, viele sind geschwächt, und landen darf zunächst niemand. Juno ist eine fremde Welt, mit eigener Flora, Fauna und einem Ökosystem, das für den Menschen potenziell tödlich sein kann. Bevor auch nur ein Fuß auf den Planeten gesetzt wird, muss ein Impfstoff entwickelt werden, der die Siedler vor unbekannten Keimen schützt.
Währenddessen beginnt die Stimmung an Bord zu kippen. Die Menschen sind erschöpft, ungeduldig und zunehmend misstrauisch. Hailley arbeitet unter Hochdruck an einem Impfstoff, während Nisha sich mit rebellischen Siedlern auseinandersetzen muss, die nicht länger warten wollen. Die Hoffnung auf die neue Welt ist groß, doch ebenso groß ist die Angst, dass alles scheitern könnte, kurz bevor es überhaupt richtig beginnt. Und schnell wird klar: Die Menschheit hat ihre alten Konflikte, Machtspiele und Egoismen nicht auf der Erde zurückgelassen. Sie sind nach Juno mitgereist.
„Juno: In der neuen Welt“ setzt direkt dort an, wo der erste Band aufgehört hat, und verlagert den Fokus deutlich. Ging es im Auftakt noch stark um Lebenswege, Schuld und moralische Entscheidungen, steht nun das fragile Gleichgewicht einer Gesellschaft im Mittelpunkt, die kurz vor dem Ziel zu zerbrechen droht. Steven Lee Anderson erzählt weniger von Aufbruchseuphorie, sondern von Ernüchterung. Vom Moment, in dem aus Hoffnung Ungeduld wird und aus Zusammenhalt Misstrauen.
Was mir am zweiten Band wieder sehr gefallen hat, ist die Stimmung. Diese Mischung aus vorsichtigem Optimismus und permanenter Anspannung zieht sich durch das gesamte Buch. Juno ist nah, aber gleichzeitig auch so fern. Die Arcadia wird mehr und mehr zu einem Druckkochtopf. Anderson fängt dieses Gefühl sehr gut ein. Man spürt, wie dünn die Nerven bei allen Beteiligten geworden sind. Wie wenig es braucht, damit ein ohnehin brüchiger Zusammenhalt weiter zerfällt.
Besonders gelungen fand ich erneut die Darstellung der gesellschaftlichen Dynamiken. Wer trifft Entscheidungen? Wer wird aus der Kryostase geweckt und wer nicht? Wie viel Geduld kann man von Menschen erwarten, die alles hinter sich gelassen haben und nun auf engem Raum ausharren müssen, während das Ziel direkt vor ihren Augen liegt? Diese Fragen ziehen sich wie ein roter Faden durch den Roman und wirken erschreckend plausibel. Die Konflikte fühlen sich nicht konstruiert an, sondern wie eine logische Konsequenz dieser Extremsituation.
Auch die neue Welt selbst spielt im Verlauf des Romans eine größere Rolle. Zwar verbringen wir weiterhin viel Zeit auf der Arcadia, doch Juno wirft bereits seine Schatten voraus. Die ersten Erkundungen, Berichte über Flora und Fauna und die Erkenntnis, dass dieser Planet alles andere als harmlos ist, sorgen für zusätzliche Spannung. Es ist eine fremde, teilweise feindliche Umwelt, die den Menschen von Anfang an klarmacht, dass sie hier keine Gäste sind, sondern Eindringlinge.
Die Einzelschicksale der Figuren rund um die geplante Besiedlung Junos haben mir insgesamt wieder gut gefallen. Anderson bleibt seiner Stärke treu, Figuren nicht als reine Funktionsträger zu behandeln. Man bekommt Einblicke in Ängste, Zweifel und Hoffnungen, und auch kleinere Entscheidungen können spürbare Konsequenzen haben. Gerade Nisha steht im zweiten Band stärker im Fokus. Ihre Rolle zwischen Ordnung, Verantwortung und wachsendem Widerstand ist gut gezeichnet und nachvollziehbar.
Allerdings zeigt der zweite Band auch Schwächen, die im ersten Teil noch weniger ins Gewicht gefallen sind. Einige Figuren, die zuvor viel Raum und Tiefe bekommen haben, rücken deutlich in den Hintergrund. Besonders schade fand ich das bei Hago. Er war für mich im ersten Band eine der stärksten Figuren. Im zweiten Band wird dieses Figurenpotenzial aus meiner Sicht nur angerissen. Vieles bleibt Andeutung, manches wirkt fast beiläufig abgehandelt. Gerade hier hätte ich mir mehr Tiefe und mehr Fokus gewünscht.
Ähnlich ging es mir mit anderen Nebenfiguren, das ist natürlich kein Totalausfall, aber schon spürbar. Der Roman bleibt dadurch etwas fragmentierter als der Vorgänger. Man merkt, dass der Autor viele Themen gleichzeitig bedient: medizinische Fragen, politische Machtspiele, gesellschaftliche Spannungen, technologische Abhängigkeiten. Nicht alles bekommt den Raum, den es eigentlich verdient hätte.
Am wenigsten überzeugen konnte mich im Übrigen die Storyline rund um Nico und die KI Elona. Handwerklich schon gut geschrieben, thematisch leider aber so gar nicht meins. Das dürfte allerdings stark Geschmackssache sein und wird andere Leserinnen und Leser besser gefallen.
Auch so gibt es handwerklich wenig zu kritisieren. Der Schreibstil ist weiterhin gut lesbar und angenehm unaufgeregt. Anderson schafft es, wissenschaftliche Aspekte glaubwürdig und nachvollziehbar einzubauen. Das Worldbuilding bleibt stimmig, die Abläufe an Bord der Arcadia wirken durchdacht, ebenso die medizinischen und biologischen Herausforderungen im Umgang mit einer fremden Welt. Man kommt zügig durch das Buch, nicht zuletzt, weil die Fragen, die aufgeworfen werden, neugierig machen.
Im direkten Vergleich zu Band 1 ist „Juno: In der neuen Welt“ für mich etwas schwächer. Das liegt daran, dass der Vorgänger die Messlatte schon sehr hoch gelegt hat, vor allem in Sachen Figurenzeichnung. Der zweite Band punktet eher über Atmosphäre und gesellschaftliche Konflikte als über einzelne große Schicksale. Das funktioniert grundsätzlich gut, lässt aber an manchen Stellen das letzte Quäntchen Tiefe vermissen.
Trotzdem ist dieser Band ein wichtiger und sinnvoller Teil der Reihe. Er zeigt, dass ein Neuanfang nicht automatisch Einigkeit bedeutet. Dass alte Muster, Machtfragen und moralische Grauzonen nicht einfach verschwinden, nur weil man einen neuen Planeten erreicht. Die Arcadia mag die Menschheit ans Ziel gebracht haben, aber sie kann ihr nicht abnehmen, wer sie sein will.
Unterm Strich bleibt „Juno: In der neuen Welt“ ein sehr lesenswerter Science-Fiction-Roman, der auf Spannung, Konflikten und Entscheidungen fußt. Etwas schwächer als Band 1, aber immer noch stark genug, um neugierig auf den Abschluss der Trilogie zu machen.
