Die Grille - John Fowles

  • Originaltitel: A Maggot, 1985 erschienen


    Aus dem Klappentext:
    Am letzten Aprilabend des Jahres 1736 übernachten zwei Adlige in Begleitung ihrer Diener und einer Magd in einem Dorf in Devonshire. Sie geben sich als Onkel und Neffe aus, unterwegs zu einem Treffen mit einer reichen Dame. Der eine Diener ist ein großspuriger Raufbold, der andere ein schwachsinniger Taubstummer von eindrucksvoller Schönheit. Bald nach der Abreise der Gruppe wird dieser Mann erhängt im Wald gefunden, einen Strauß Veilchen im Mund. Die anderen Reisenden sind verschwunden.
    Der Rechtsanwalt Ayscough stellt im Auftrag einer inkognito bleibenden Persönlichkeit aus dem Hochadel Untersuchungen über den mysteriösen Mordfall an. (...)


    Was er im Verlauf der Untersuchungen und zahlreichen Verhöre herausfindet, verrate ich an dieser Stelle nicht.


    Mein Eindruck:
    Dies ist ein spannendes Buch, 562 Seiten dick, kein Krimi. Fowles, ein Experte für englische Literatur, lässt das 18. Jahrhundert vor unserem geistigen Auge wieder erstehen - mit seinen Überzeugungen, Vorurteilen, seinem begrenzten Kenntnisstand und seiner religiösen Prägung. Wenn er das „einfache Volk“ zu Wort kommen lässt, verwendet er eine dazu passende Sprache (in der ausgezeichneten Übersetzung von Hans Wolf wird dies berücksichtigt).
    Fowles macht in seinem Epilog darauf aufmerksam, dass er keinen historischen Roman geschrieben hat: „Ich wiederhole: Dies ist eine Grille - nicht ein Versuch, (...) Historie faktisch oder sprachlich zu reproduzieren.“


    Mit „Grille“ ist die Laune, der wunderliche Einfall gemeint, nicht das zirpende Krabbeltier. Fowles sagt im Vorwort: „Die folgende erzählerische Grille wurde just aus dem nämlichen Grunde verfaßt wie jene alten Musikstücke, in deren Epoche sie angesiedelt ist: aus Besessenheit von einem Thema.“ Aus diesem Grund habe ich die Rezension unter "Belletristik" einsortiert.


    Die Handlung halte ich für eher nebensächlich, viel passiert nicht. Spannender sind die unterschiedlichen Deutungen des Geschehens, die Erinnerungen, die Redewendungen, das Hin- und Her der zahlreichen Dialoge. Und nicht zuletzt ist die altertümliche Sprache angenehm zu lesen:


    Habt Ihr den Gegenstand ihrer Conversation vernommen?
    Nein, Sir.
    Keine Sylbe?
    (...)
    Begrüßten sie einander wie Fremdlinge? (...)
    Wie Fremdlinge, Sir. Dergleichen thut Mr. Beckford oftmalen.



    Zum Autor: John Fowles, Engländer, Hochschullehrer für englische Literatur, wurde 1926 geboren. Er starb im November 2005. Bekannt wurde er durch das Buch (und den Film) „The French Lieutenant's Woman/Die Geliebte des französischen Leutnants“.
    Eine Rezension zu diesem Buch ist vorhanden.


    polli

    Die Zeit schreitet voran. Und du, Mensch?

    S. J. Lec

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  • Ja, dieses Buch kann ich euch nur empfehlen. Vor allem wenn's ein dicker Wälzer sein soll, ein wenig historisch daherkommt, spannend ist ...
    Und überhaupt halte ich eine Menge von John Fowles. Wenn ich das nächste Buch von ihm gelesen habe, mache ich wieder eine Rezi fertig.


    Lieben Gruß


    polli