'Weit übers Meer' - Seiten 101 - 180

  • Der Ehemann ist Russe, der Vater auch und der Nachname ist Meyer? Das wirkt auf mich ein bißchen seltsam, auch wenn es natürlich deutsche Auswanderer nach Rußland gab. Mich wundert auch, dass niemand stutzig wird; es sei denn, die Höflichkeit gebot den Leuten nicht allzu sehr nachfragen.


    Ansonsten gefällt mir das Buch recht gut, durch die Zeugenaussagen erhält man interessante Einblicke in die verschiedenen Denkweisen der Leute / Gesellschaftsschichten.

  • Es ist zwar der Name ihrer Großmutter, aber die Gäste (zumindest Henri und Thomas Witherspoon) sollten doch stutzig werden wenn sie von ihrem russischen Mann erzählt, sich dabei aber kurz vorher mit Madame Meyer vorgestellt hat. :gruebel


    Was es mit den Geschwistern Witherspoon auf sich hat, ist auch interessant. Erst dachte ich Thomas Witherspoon kennt Valentina, so kam es mir zumindest im ersten Moment bei diesem Gedankenaustausch vor. Kurze Zeit später aber, merkt man, dass das scheinbar nur eine Wellenlänge war, auf der sich beide befanden. Trotzdem ist es sehr seltsam, dass Thomas Witherspoon sich schon Gedanken um die Zukunft macht und wie er seine Schwester dazu bekommen möchte die Situation mit Valentina zu akzeptieren.
    Warum ist er sich seiner Sache so sicher?

  • Es beginnt mit dem morgendlichen Aufwachen von Valentina, die eine Änderung in der Wahrnehmung spürt. Sie fühlt sich besser, keine wirren Träume und wieder Appetit.
    Anscheinend ist so eine Flucht als blinder Passagier auf einen Ozeandampfer doch empfehlenswert als erholsame Therapie.
    Quasi als Doppelung wird nur wenig später auch Henris Erwachen, allerdings nach dem Mittagsschlaf, geschildert. Solche Kleinigkeiten begeistern mich genauso wie der Detailreichtum, die das Lesen zum Fest werden lassen und die guten Dialoge, die oft über den zu erwartenden Small Talk hinausgehen und etwas Besonderes enthalten, bestes Beispiel das folgende Gespräch zwischen Henri und Lily.


    Wieder einmal aus Henris Sicht werden dann effektiv Thomas Whiterspoon und seine Schwester Victoria eingeführt. Wie Thomas und Valentina sich dann erstmals treffen, lässt viel erwarten. Etwas überraschend ist diese Szene aber wirklich.

  • Ich breche jetzt ab. Die Tiefe, die Nomadenseelchen und Vandam in ihrem Rezis beschreiben finde ich (gerade?) nicht. Ich werde dem Buch villeicht später noch eine Chance geben. Dereit kommt es mir vor wie das gut geschriebene Drehbuch für den Sendeplatz ZDF Sonntag 20.15 Rosamunde Pilcher und Co. Nicht mein Ding.

  • Ich denke mir, daß Valentinas Auftauchen auf dem Schiff, die Gespräche (und vor allem Gerüchte *ggg*), die darum kursieren und vor allem auch Valentinas Auftritt schon "soviel" auf einmal sind, daß der Name gar nicht mehr weiter ins Gewicht fällt.


    Die Geschwister Witherspoon finde ich eigenartig. Er scheint sofort von Valentinas Reizen geblendet zu sein, während sie sich wie eine eifersüchtige Ehefrau benimmt. Das kann ja noch heiter werden... :grin


    Interessant finde ich aich Valentinas Fahrt zur Kur. Hier fand ich auch schön beschrieben (aber ich meine, das war noch im letzten Abschnitt) wie und warum sich Valentina so sehr gegen eine "Kur" sträubt. Daß sie nicht so werden will wie ihre stets absente Mutter, ist absolut klar.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Die Modeschöpferin Berchthild Klöppler ist auf dem Weg nach New York ins Kaufhaus Macy um dort eine Ausstellung mit ihrer Kleiderkollektion vorzuführen.


    Das Macy ist zwar nur ein Kaufhaus, aber immerhin das größte der Welt.
    Macy


    Dass dort regelrecht eine Modenschau möglich ist, erinnert mich gleich an die lange Szene aus George Cokurs Film The women von 1939.
    Madame Klöppler thematisiert auch den Wandel der Frauen in der Gesellschaft mit einer Abkehr vom Korsett. (Im Gegensatz zu Rosamunde Pilcher-Verfilmungen, die ein anderes Frauenportrait bevorzugen)


    Da solche Assoziationen zu alten Filmen möglich sind, denke ich, dass "Weit übers Meer" ein deutliches Gefühl für die Zeit einfängt.


    Valentina wird durch das Treffen mit Madame Klöppler auch den Rest der Reise gut gekleidet, in eleganten Roben verbringen können. Sonst wäre das weiße Kleid gegen Ende der 9 Tage wohl auch nicht mehr wirklich frisch.

  • Zitat

    Original von SueTown
    Trotzdem ist es sehr seltsam, dass Thomas Witherspoon sich schon Gedanken um die Zukunft macht und wie er seine Schwester dazu bekommen möchte die Situation mit Valentina zu akzeptieren.
    Warum ist er sich seiner Sache so sicher?


    :write Das Frag ich mich auch. Vorallem weiß er ja, dass sie verheiratet ist... Sonst finde ich Thomas ganz nett, aber seine Schwester ist so nervig. :-( Wie hält er sie aus?



    Henris Gedanken und Erinnerungen über Lisette find ich toll und sehr interessant. :-]

  • Thomas und Victoria sind in Abhängigkeiten zueinander gefangen.
    Wenn Thomas einen Ausbruchsversuch starten will, wie bei dem eigentlich als klärend beabsichtigten Gespräch, spielt Victoria die Schuld-Karte aus ("Ich bin nur eine Last für dich ..."), gibt sich leidend mit ihrer Migräne und Thomas, der in der Vergangenheit die Zuneigung, ob immer gewollt oder nicht, akzeptiert hatte, bleibt ohne Chance.
    Ein Entkommen für hn gibt es wohl nur durch einen radikalen Bruch mit der Schwester, aber das ist schwer und noch weiß ich nicht, ob ich es ihm zutraue. Auch dann kann eine Beschädigung einer möglichen künftigen Beziehung mit Valentina vorhanden sein.

  • Mr. Witherspoon und Valentina fühlen sich zueinander hingezogen. Hm, das mag ja romantisch verklärt sein, so ganz begreifen kann ich es nicht. Da bricht sie gerade alle Brücken hinter sich ab, sucht erneut Kontakt zu ihrer Kurbekanntschaft und nun beginnt sie auch noch hier was ... ja was nun eigentlich?
    Der Kapitän bedrängt Valentina. Ich weiß nicht, das paßt nicht zu meinem Bild vom angesehenen Hochseekapitän eines Überseedampfers :-(. Sie schafft es immerhin, ihn in seine Schranken zu weisen.


    Billie scheint Mr. Browns Geliebte zu sein, fühlt sich aber zu Henri hingezogen, der ihre Aufmerksamkeit erwidert. Gleichzeitig erinnert sich Henri stark an seine ehemalige Geliebte Lisette, an die Billie ihn erinnert.


    Irgendwie ist das nicht so ganz die spannende, geheimnisvolle Geschichte, die ich erwartet hatte. Hier wollen ja alle wieder mal nur das Eine ... *seufz*.
    Außer den Russen. Die wollen wohl bloß saufen :-)


    Mr. Vanstraaten zwängt seine Söhne in Korsetts, körperlich und auch geistig. Er hat ihre Zukunft schon voll geplant, das ist ja gruselig.


    Lily gefällt mir sehr gut. Sie schent eine sehr aufmerksame Beobachterin zu sein.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Thomas und Victoria sind in Abhängigkeiten zueinander gefangen. ...
    Ein Entkommen für hn gibt es wohl nur durch einen radikalen Bruch mit der Schwester, aber das ist schwer und noch weiß ich nicht, ob ich es ihm zutraue.


    Ich habe so das dumpfe Gefühl, daß eine der Frauen noch eine Dummheit an Bord begeht. Über Bord springt, Tabletten nimmt, irgendsowas in der Art.

  • Schön finde ich, wie Henri seine Gedanken immer wieder zu Lisette zurückschweifen läßt. Sie war, wie es scheint, seine große Liebe - so sehr, wie sie noch immer seine ganze Gedankenwelt dominiert.


    Victoria Witherspoon meint, das Beste für ihren Bruder Thomas zu wollen, denkt dabei aber vermutlich eher größtenteils an sich selbst. Ohne ihn würden ihr sicher auch viele Orte versperrt bleiben, doch zusammen mit ihrem Bruder darf eine Frau auch zu jener Zeit reisen etc. Doch sie benimmt sich ihm gegenüber wie eine eifersüchtige Geliebte und bringt vermutlich gerne auch mal die eine oder andere Krankheit (ihre Migräne...) ins Spiel, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Doch ob ihr das auch auf diesem Schiff gelingt?


    Kapitän Palmer wagt es tatsächlich, die Situation ausnutzen zu wollen. Im Moment zwar eher noch nach dem Motto "Fragen kostet ja nichts", aber ich würde ihm aufgrund dieses schmierigen Auftrittes auch zutrauen, seinen Wünschen mehr Nachdruck zu verleihen. Da kommt ganz sicher noch was nach. Mit einem einmaligen Auftritt läßt er es ganz sicher nicht bewenden, schließlich meint er, Valentina wegen ihres Status' als blinde Passagierin in der Hand zu haben. Na, wir werden sehen.....


    Auf Seite 132 wieder ein Anzeichen wie sehr Victoria doch meint, besser als ihr Bruder zu wissen, was gut für ihn ist. Das kann eigentlich nicht gut/friedlich enden.


    Die Mutter der kleinen Lily kommt mir sehr engstirnig in ihren Gedanken vor.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick hat Valentina und Thomas heimgesucht, denn das kann ja nur eine Heimsuchung sein. Valentina, welche verheiratet ist und auf dem Weg zum neuen (alten?) Lover aus der Schweizer Kur und Thomas gefangen in der gegenseitigen Abhängigkeit zu Victoria, seiner Schwester.


    Es passiert leider nicht mehr sehr viel und man muss schon hinter den Gedankengängen der Figuren nach der Beantwortung der verschiedensten Fragen suchen. Was empfindet Billie für Henri, Henri für Billie und wird Mr. Brown Henri zum Duell fordern, oder merkt er gar nichts?


    Was anfangs mystisch und gut aufbereitet gestartet ist, wird m. M. nach zunehmend schwächer. Da half auch der böse Kapitän nicht drüber hinweg. Wobei ich die Art und Weise, wie Valentina sich ihn vom Hals geschafft hat, sehr toll fand. Da sieht man doch die "alte Schule" bzw. die Herkunft aus gutem Hause. Das war Diplomatie in Reinkultur.

  • Zitat

    Original von Batcat
    Victoria Witherspoon meint, das Beste für ihren Bruder Thomas zu wollen, denkt dabei aber vermutlich eher größtenteils an sich selbst. Ohne ihn würden ihr sicher auch viele Orte versperrt bleiben, doch zusammen mit ihrem Bruder darf eine Frau auch zu jener Zeit reisen etc. Doch sie benimmt sich ihm gegenüber wie eine eifersüchtige Geliebte und bringt vermutlich gerne auch mal die eine oder andere Krankheit (ihre Migräne...) ins Spiel, um zu ihrem Ziel zu gelangen. ....


    Sie muss ihn auch an sich binden, weil sie selber auch versäumt hat, sich in ihrem eigenen Leben einzurichten. Du hast ganz Recht, dass ihr ohne ihren Bruder viel verwehrt bliebe.

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Ich habe so das dumpfe Gefühl, daß eine der Frauen noch eine Dummheit an Bord begeht. Über Bord springt, Tabletten nimmt, irgendsowas in der Art.


    Gut möglich!
    Oft trifft es aber, wenn solche Situationen eskalieren, auch einen unbeteilgten dritten. Ich habe da so ein komisches Gefühl, ohne das ich es begründen könnte.


    Zitat

    Original von Batcat
    Die Mutter der kleinen Lily kommt mir sehr engstirnig in ihren Gedanken vor.


    Stimme zu, aber vielleicht ist es auch ganz gut, wenn sie Lily den Umgang mit Valentina verbietet. Lily könnte sonst mit ihrer großen Emotionalität (positiv gemeint) im Überschwang der Gefühle Schaden nehmen.
    Ich denke da an Stefan Zweigs einzigen Roman Ungeduld des Herzens.

  • Zitat

    Original von Batcat
    Ohne ihn würden ihr sicher auch viele Orte versperrt bleiben, doch zusammen mit ihrem Bruder darf eine Frau auch zu jener Zeit reisen etc.


    Denk mal an "Tod auf dem Nil" mit einer Gesellschafterin durften Frauen schon länger reisen. Die Patronatsherrin "meiner" Kirchgemeinde, Fräulein von Eberstein verstarb 1900 unverheiratet und kinderlos und hat die halbe Welt bereist- z.B. hat sie bei einem Schreiner in Jerusalem ein Taufbecken aus Olivenholz aus dem Garten Gethsemane in Auftrag gegeben und nach Leipzig verschiffen lassen, wo im Kirchenarchiv die Rechnung für den Eselstransport von Jerusalem nach Jaffa noch zu finden ist.

  • Zitat

    Original von Batcat
    Schön finde ich, wie Henri seine Gedanken immer wieder zu Lisette zurückschweifen läßt. Sie war, wie es scheint, seine große Liebe - so sehr, wie sie noch immer seine ganze Gedankenwelt dominiert.


    Aber hat er sie wirklich richtig gekannt? Oder war sie nur sein Ideal, aufregend, sein Modell und Muse, die frei und unkonventienell denkt und er war froh. keine Verpflichtungen zu ihr zu haben. Aber als er sie nicht heiraten wollte, hat sie ihn verlassen. Das versteht er immer noch nicht.
    Dabei hat er sie immerhin auch betrogen. Eine Liebesbeweis ihr gegenüber hielt er nicht für notwendig.


    Diese Erinnerungen an Lisette werden immer aufschlußreicher, deswegen sind sie trotz der ungewöhnlichen Häufung sehr gelungen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Eine Liebesbeweis ihr gegenüber hielt er nicht für notwendig.


    Es ist doch oft so, dass man immer erst hinterher weiß, was man gehabt hat. So bildet Henri keine Ausnahme. Er empfand seine Beziehung zu Lisette bestimmt so selbstverständlich, dass er sich gar nicht bewusst machte, dass sie auch wieder beendet werden könne. Vermutlich hat er Lisette auch nicht für so stark eingeschätzt, dass sie diesen Weg gehen könne.

  • Beowulf,


    das stimmt, mit einer Gesellschafterin durften Frauen überallhin reisen. Die Frage ist allerdings, wen man dazu nimmt und ob man dann doch soviele Freiheiten haben kann wie sie Victoria mit ihrem Bruder doch hat. Darüberhinaus verbindet sie ja auch viel mit ihrem Bruder. Ich denke, dass es für Victoria die bequemere Lösung ist.


    So wie auch ihr Leben letztendlich nur eine bequeme Lösung zu sein scheint (aber keine glückliche - meine Meinung!).



    Herr Palomar,


    die Frage, ob Henri Lisette richtig gekannt hat, ist gar nicht mal so fehl am Platze. Ich denke, ja und nein. Gekannt, sicher. Aber er konnte sich nicht so weit in sie hinein versetzen um zu verstehen, daß auch der unkonventionelle Freigeist Lisette (zumindest wirkt sie so auf mich!) die Sicherheit einer ehelichen Beziehung möchte. Für ihn passt beides nicht zusammen.


    Die Frage ist aber auch: hätte Lisette seine Beweggründe, warum er sie nicht heiraten will, auch verstanden? Was zur nächsten Frage führt: Hat er sie ihr überhaupt erklärt? Erklären können? Ich sage mal: nein.


    Büchersally,


    "Es ist doch oft so, dass man immer erst hinterher weiß, was man gehabt hat."


    Wie wahr. Henri mußte das ja bereits feststellen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)