Rocko Schamoni - Sternstunden der Bedeutungslosigkeit

  • Autor
    Rocko Schamoni, 1966 in Deutschland geboren, veröffentlichte zahlreiche CDs, arbeitet für Theater, Film und Fernsehen, tourt regelmäßig solo oder mit Band durch die Republik und hat inzwischen eine eingeschworene Fangemeinde.


    Klapptext
    Der Dorfpunk ist ein Stadtbewohner geworden. Kein glücklicher allerdings. Ein Kunststudent, der die Kunst hasst: arm, arbeitslos, überflüssig. Nachts zieht er auf dem Hamburger Kiez durch die Kneipen, tagsüber schlägt er verkatert die Zeit tot, schreibt Gedichte oder geht zum Psychologen - das Leben ist für ihn eine Beleidigung! Seine einzige Hoffnung ist die Frau von gegenüber, die ihm beängstigend schöne Augen macht. Doch als es schließlich funkt, ergreift er die Flucht und geht mit einer drittklassigen Rockband auf Tournee. Blöd nur: Als Roadie hat er bei den Groupies kaum Chancen. »Sternstunden der Bedeutungslosigkeit« erzählt vom Alltag in der Warteschleife des Lebens. Der Held der Geschichte ist ein Loser, wie ihn nur Rocko Schamoni erfinden kann. Das Leben hat er zu seinem persönlichen Feind erklärt und liefert sich mit ihm ein irrwitziges Duell. Zwischen liebenswert kaputten Gestalten treibt Schamoni seinen unkaputtbaren Helden immer aufs Neue in Situationen, in denen nichts mehr hilft als sein verzweifelt trockener Witz.


    Meine Meinung
    Als ich die Geschichte des Michael Sonntag gelesen habe, kam es mir die ganze Zeit so vor, als ob ich mit einem Freund in der Kneipe bei einem Bierchen sitzen würde und er erzählt mir dabei von seinem Leben, dem Suchen und dem Finden. Genauer von den Sternstunden der Bedeutungslosigkeit.
    Der Titel bringt es nämlich sehr schön auf den Punkt. Es geht um die große Langeweile, das Suchen nach dem Sinn des Lebens, dem eigenen Platz in dieser doch verrückten Welt und den Augenblicken, in denen Hoffnung hochkommt. Angenehm umgangssprachlich geschrieben, mit einer schönen Priese Humor und Sarkasmus.


    Da die Geschichte in meinem Hamburg spielt und der AntiHeld Sonntag nicht viel älter ist als ich, sowie an einem ähnlichen Wendepunkt steht, konnte ich dem Ganzen und viel von dem Geschilderten besonders gut nachfühlen. Das Buch ist kein Krimi und daher auf manchen Seiten für einige vielleicht etwas zu lahm, aber meiner Meinung macht genau das den Charme des Buches aus. Wie der Titel schon sagt...


    Einzig irritiert hat mich das Cover vom Buch. Dort sieht man Rocko persönlich, in Pose gesetzt, an eine Wand geleht. Welches zunächst ja darauf schließen lässt, das es eine biografische Fortsetztung vom Dorfpunk ist. Auch die Einleitung des Klapptextes lässt drauf schließen, was jedoch laut Autor so nicht stimmt. Die Geschichte sei frei erfunden.
    Ich für meinen Teil glaube, das dies schon stimmen wird, allerdings viel selbsterlebtes oder gehörtes in dieses Buch mit eingeflossen ist, da dann doch so manche Paralelen aufzuweisen sind.


    Fazit
    Besonders Hamburger und Hamburgliebhaber werden ihre Freude mit dem Buch haben, da es überwiegend im Schanzenviertel und auf St.Pauli spielt.
    Dies -sehr zu meiner Freude- ohne das typische "Seht nur, wie geil wir sind". Nein, so wie es geschildert ist, spiegelt es das Leben hier schon ganz gut wieder.
    Ein nettes Buch, das unterhält und anregt.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Wobei mir als Rocko Schamoni Fan bisher alle seine Bücher gefallen haben, da ist das dann auch nicht so aussagekräftig ;-)


    Och, ich finde gerade dann ist es doch aussagekräftig :-)
    Schließlich bist du ja nicht ohne Grund Fan geworden. Und auch ein "Lieblingsschreiber" kann mal n nicht so überzeugendes Werk rausbringen.


    Mir ist Rocko übrigens als Person alleine schon unheimlich sympathisch. Dies war aber mein erstes Buch von ihm und da die beiden anderen Werke hier bereits nicht die nettesten Worte abbekommen hatten, war ich besonders gespannt drauf.
    Habe hier nun noch "Risiko des Ruhms" bereit liegen und freue mich schon :trippel

  • Zitat

    Original von *amanda
    Mir ist Rocko übrigens als Person alleine schon unheimlich sympathisch.


    :write


    Ich habe ihn das erste Mal vor einigen Jahren bei "Zimmer frei" gesehen und da hat er mich sofort "verzaubert" und ich habe dann auch sofort angefangen, seine Bücher zu lesen.


    Also kann ich dir nur sagen, dass du wirklich auf jeden Fall seine anderen Bücher lesen solltest! :-)

  • zu Teenagerzeiten war ich mal bei Rocko zum Konzert, absurde Veranstaltung (das muss 1988 gewesen sein): er trug Cowboyhut und ließ sich mit Bierbüchsen bewerfen.
    "Dorfpunks" fand ich hübsch, "Risiko des Ruhm" dagegen habe ich abgebrochen, wenn auch noch nicht aufgegeben. Vielleicht sollte ich es zunächst einmal mit den Sternstunden versuchen :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Also kann ich dir nur sagen, dass du wirklich auf jeden Fall seine anderen Bücher lesen solltest! :-)


    Werde ich! :wave
    Wie gesagt, "Riskio.." liegt hier schon bereit..
    Hast du Dorfpunks schon im Kino gesehen?
    Ich letzte Woche und auch wenn er es ja nicht mehr selber nachspielen konnte, kommt sein eher trockener Witz wunderbar rüber :-)
    Habe den Film hier in Hamburg in einem kleinen Kino gesehen, wo man noch "Filmuntermalend" sein Bierchen mit reinnehmen darf, da fühlte man sich gleich ein bisschen wie ein Teil vom Film :lache


    Zitat Rocko: "Merkt ihr das? Eben waren wir noch scheiße, jetzt sind wir ne Band!" Großartig!!!



    DraperDoyle
    Falls du "Sternstunden.." versuchst, wünsche ich dir viel Lesevergnügen! :-)

  • Hatte gerade das Vergnügen, mir "Sternstunden der Bedeutungslosigkeit" nochmal als Hörbuch zu geben.... Und ich lag am Boden vor Lachen! Die Aufnahme ist von einer Live-Lesung mit Rocko in Köln und was der da zum Besten gibt ist einfach nur allerbest! Da werden mal eben neue Wörter oder ganze Sätze mit eingebaut. Ergänzugen und Erklärungen zum Besten gegeben - oder gleich ganz abgeschweift. Aber immer 100% Rocko wie mans von ihm gewohnt ist. Großartig! :anbet

  • Titel: Sternstunden der Bedeutungslosigkeit
    Autor: Rocko Schamoni
    Verlag: Rowohlt
    Erschienen: November 2008
    Seitenzahl: 249
    ISBN-10: 3499247267
    ISBN-13: 978-3499247262
    Preis: 8.95 EUR


    „Ich zog aus, um die Welt zu erobern. Doch die Welt war bereits erobert.“ Dieses Motto steht über dem Buch und es ist ein Motto welches zutrifft.
    Michael Sonntag, abgebrochener Kunststudent, lebt so in den Tag hinein und hält sich mit miesen Gelegenheitsjobs so einigermaßen über Wasser. Mal klebt der nachts Plakate, ein anderes Mal begleitet er eine „Loser-Band“ auf ihrer Tour durch Deutschland und Österreich. Die Band spielt teilweise nicht einmal vor zehn Zuschauern. Saufen und Sex sind die weiteren Begleiter auf dieser Tour.
    Michael ist völlig orientierungslos, hat keine Ziele und seine kleine Wohnung scheint wohl mehr ein Loch zu sein, dreckig und unaufgeräumt. Seinen Mitbewohner Bruno hat er irgendwo auf der Straße aufgelesen und lässt ihn nun bei sich wohnen. Dieser Bruno ist noch chaotischer als Michael und verschwindet immer mal wieder für einige Zeit.
    Und dann ist da noch Mia. Von seinem Küchenfenster aus kann Michael in das Wohnzimmer von Mia schauen, er ist in sie verliebt, doch traut sich nicht sie anzusprechen. Irgendwann schafft er es dann aber doch mit Mia Kontakt aufzunehmen, doch dann entwickelt es sich ein wenig anders als er es sich vorgestellt hat.
    Zwischendurch besucht Michael seine Eltern in Cloppenburg und beneidet sie insgeheim um ihr geregeltes bürgerliches und spießiges Leben. Alles hat seinen Platz, alles hat seine Ordnung. Michael beschließt sein unterbrochenes Studium wieder aufzunehmen und bekommt zudem auch noch einen Job als Barmann.
    Sein Leben ist vielleicht bedeutungslos, vielleicht liegt es aber auch daran, dass er es bisher versäumt hat, diesem seinem Leben eine Bedeutung zuzuweisen. Oder ist diese gefühlte Bedeutungslosigkeit nicht sogar die Bedeutung seines Lebens. Michael Sonntag sucht seinen ganz speziellen Platz im Leben, will endlich aufstehen und sich nicht mehr treiben lassen. Irgendwann dämmert es ihm, dass er nun genug gewartet hat im Vorzimmer des Lebens.


    Rocko Schamoni hat ein lesenswertes Buch geschrieben. Es stellt sich die Frage ob dieses Buch nun von einem pessimistischen Optimisten handelt, oder ob es eher von einem optimistischen Pessimisten handelt. Diese Frage wird wohl jeder für sich selbst beantworten müssen. Rocko Schamoni ist bisweilen etwas zynisch aber man merkt als Leser sehr schnell, dass der Autor genau weiß wovon und worüber er schreibt. Es ist ein Buch, dass das Leben so beschreibt wie es von vielen Menschen, wenn vielleicht auch in irgendwelchen Nischen, gelebt wird. Der Autor trifft immer den richtigen Ton, er übertreibt nicht, sucht nicht den billigen Effekt. Die Geschichte die er erzählt wirkt authentisch und nicht an den Haaren herbeigezogen.


    Die Frage, ob in der Person des Michael Sonntag auch etwas Rocko Schamoni enthalten ist, mag sicher nur dieser selbst beantworten können – aber es hat schon den Anschein, als wäre die eine oder andere autobiographische Erfahrung mit in das Buch eingeflossen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich habe das Buch vor drei Tagen auch ausgelesen und kann mich der positiven Grundhaltung hier nur anschließen.
    Obwohl es in der Handlung ja eher minimalistisch gehalten ist, hat es mich an jeder Stelle gefesselt. Nicht zuletzt durch diesen trockenen, sarkastischen Humor, und weil mir die ein oder andere Sache, auf die er den Finger legt, wenn auch sehr verzerrt doch seltsam bekannt vorkam.
    Ein gutes Buch, von ihm werde ich sicherlich auch noch anderes lesen.

  • Das lese ich grade und ich bin einfach nur hingerissen, wow. :wow Morgen bin ich bestimmt schon durch. :-]


    Handlung:
    Michael Sonntag lebt in Hamburg auf St. Pauli und bezeichnet sich selbst als "den Fürst der Überflüssigen". Er studiert Kunst, aber eher zum Schein, er lässt alles schleifen, fühlt sich unverstanden von den Professoren. Mit Gelegenheitsjobs schlägt er sich durch sein Leben. Mal plakatiert er in Nacht- Nebelaktionen Wände zu, mal jobt er in Nachtbars, mal geht er mit abgewrackten Musikcombos auf Tour, um dort Mädchen für alles zu spielen. Dabei lässt er nichts aus: Drogen, Frauen, Alkohol. Bis zum Exzess. Über Allem aber steht die Liebe, die er permanent sucht und glaubt, sie in Mia, der geheimnisvollen Schönen aus der Nachbarschaft, gefunden zu haben. Aber es kommt anders.


    Meine Meinung:
    Was ist das für ein tolles Buch mit einem Titel, der schon alleine nicht besser geht. Sternstunden der Bedeutungslosigkeit passt wie die Faust aufs Auge. Rocko Schamoni leuchtet die Umwelt seines Protagonisten genau aus, besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Personen. Dabei wirkt Vieles skurill und auch befremdlich, aber immer sehr echt. In einer umwerfend schönen Sprache beschreibt er unschöne Dinge und magische Momente im Leben von Michael Sonntag gleichermaßen gekonnt. Ich mag die kleinen, sonderbaren "Untergeschichten", wie beispielsweise das Kaffekonzentrat, das letzte Getränk Sonntags erster, großer Liebe, welches er auf einer eigens dafür angeschafften Herdplatte konstant warmhält. Die Gedankengänge der Hauptfigur sind teilweise wie meine eigenen. Manchmal ist es derb, viel Sex ist enthalten, auch das wirkt zauberhaft authentisch und deshalb kein bisschen "schmuddelig".


    Mir hat das Buch sehr gefallen, also in Eulenpunkten 10 von 10. "Dorfpunks" liegt schon auf meinem Nachttischchen.


    Das war mein erstes Buch von Rocko Schamoni und ich frage mich, was ich die ganze Zeit ohne ihn gemacht habe. :-]

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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