Verlag: Liebeskind
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Originaltitel: Nation par Barbès
Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller
Kurzbeschreibung:
Nach ihrem vielbeachteten deutschen Debüt »Mann und Frau den Mond betrachtend« stellt Cécile Wajsbrot mit ihrem neuen Roman erneut ihr großes Erzähltalent unter Beweis. »Im Schatten der Tage« ist eine berührende Liebesgeschichte und zugleich ein hellsichtiges Portrait unserer Zeit.
Léna und Jason lernen sich in der Pariser Metro kennen. Aus verhaltener Sympathie entsteht rasch Zuneigung, einige Wochen lang treffen sie sich jeden Tag an der Haltestelle Barbès. Für Léna sind diese Treffen Gelegenheit, ihrem bedrückenden Leben für kurze Zeit zu entkommen. Sie leidet unter ihrer despotischen, ans Bett gefesselten Mutter, für die sie aufopferungsvoll sorgt. Eines Tages jedoch kann Jason aufgrund eines Streiks in der Metro nicht wie vorhergesehen zu ihrem Treffen kommen…
Aniela, die aus Osteuropa geflüchtet ist und sich illegal in Paris aufhält, lernt schnell die Schattenseiten der Stadt kennen. Bald schon muß sie sich eingestehen, daß ihr Traum von einem besseren Leben in Paris eine Illusion war. Als sie Jason in der Metro kennenlernt, verliebt sie sich. Durch ihn schöpft sie Hoffnung in einer Welt, in der sie sich ausgegrenzt fühlt. Als sich jedoch die Wege von Aniela und Léna kreuzen, nimmt das Schicksal seinen fatalen Lauf.
Über die Autorin:
Cécile Wajsbrot wurde 1954 in Paris geboren. Sie studierte Literaturwissenschaft und arbeitete anschließend als Französischlehrerin und Literaturredakteurin. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin abwechselnd in Paris und Berlin. Bei Liebeskind erschienen bislang die Romane »Mann und Frau den Mond betrachtend« (2003), »Im Schatten der Tage« (2004) und »Der Verrat« (2005).
Mit ihrem Roman »Aus der Nacht« wurde Cécile Wajsbrot für den Prix Renaudot und den Prix Femina nominiert.
Meine Meinung:
Es gibt anfangs zwei Handlungsebenen. Léna, die Jason bei der Pariser Metro kennen lernt, in ihm eine Flucht von ihrem Alltag sieht, in dem sie kranke Mutter pflegt, und die jungen Bulgarin Aniela, die nach Paris ziehen möchte. Ihr Bruder war schon da, wurde aber ausgewiesen. Bald vermischen sich die Ebenen, als Aniela Paris erreicht und Jason begegnet.
Lénas und Jasons zerbrechliche Liebesgeschichte ist anrührend, da Lena ihr trübes Alltagsleben vor Jason verheimlicht und sich zurückhaltender gibt als sie fühlt. Es stellt sich die Frage, ob sie die Verpflichtung zur Pflege ihrer Mutter vor sich als Ausrede wählt, um sich nicht den Realitäten im Leben stellen zu müssen.
Auch Alienas Situation in Frankreich ist interessant dargestellt. Wird sie als Immigrantin Frankreich das finden, was sie sucht und erwartet? Erst einmal geht sie als ehemalige Französischlehrerin putzen, wenn sie überhaupt Arbeit findet. Sie entwickelt dann außerdem noch Gefühle für Jason.
Die Spannung ergibt sich bei dem Dreigespann daraus, ob sie einander helfen können und ob Léna ihre selbstgewählte Isolation schließlich aufgeben wird und wie es mit Aliena ausgehen wird.
Die schwierige Situation von Immigranten in Frankreich wird angerissen, bleibt jedoch mehr im Hintergrund, da es nicht das Hauptthema im dem Buch ist.
Der Roman ist leichter lesbar als „Mann und Frau den Mond betrachtend“, da der Stil nicht so verknappt ist. Dafür findet man nicht so leicht einzelne Sätze, die einen, wie im vorgenannten Roman so beeindruckt haben. Der Stil ist mehr in einem Fluss, die Atmosphäre baut sich aus den einzelnen Szenen, den Verhalten der Figuren zueinander und der Entwicklung des Plots auf.