Spiritus – Ismail Kadare

  • Ammann, 2007
    300 Seiten
    Aus dem Albanischen von Joachim Röhm


    Kurzbeschreibung:
    »Er hätte nicht genau sagen können, was er sich mehr wünschte: daß dieses ewige staatsfeindliche Getuschel endlich verstummte oder daß es lauter wurde.«
    Arian Vogli, Chef des Spionagediensts im kommunistischen Albanien, ist auf dem Weg, um dem Führer die verblüffende Ausbeute der fabelhaften neuen Wanzengeneration zu überreichen. Die neuen »Ohren des Todes«, euphemistisch auch »Prinzessinnen« genannt, machen jedes staatsfeindliche Gebaren im Land unmöglich.
    So wird auch der Versuch des Ingenieurs Shpend Guraziu, der als Begleiter einer französischen Delegation einen Hilfeappell ans Ausland richten will, vereitelt: Unvorsichtigerweise wird er von einem Bulldozer zermalmt. Seine Stimme allerdings überlebt, konserviert in einer Wanze – ein Geburtstagsgeschenk an den Führer, das nicht zuletzt seinen Überbringer, Arian Vogli, zu ewigem Schweigen verdammt. Spiritus ist die phantastische Geschichte von der Verfolgung und Gefangennahme eines Geistes in einem äußerst realistischen Rahmen. Ausgehend von der postkommunistischen Ära in Albanien, reicht die Handlung tief hinein in die Welt der Diktatur und zieht uns unwiderstehlich in den fesselnden Erzählkosmos Ismail Kadares.


    Über den Autor:
    Ismail Kadare, geboren 1936 in Gjirokastra, lebt heute in Tirana und Paris. 2005 erhielt er für sein Werk den Man Booker International Prize.
    Im Ammann Verlag erscheint die Werkausgabe in Einzelbänden.


    Meine Meinung
    Kadares Romane können schon eine Herausforderung sein und Spiritus bietet schon eine Menge an sprachlichem Geschick und originellen Aufbau.
    Eine geradlinige, kontinuierliche Handlung bietet der Roman nicht. Es ist nicht immer leicht zu folgen. Protagonisten mit denen man sich identifizieren kann gibt es auch nicht. Mal spricht Teil eines Erzählkollektivs, dann befindet man sich im Kopf des Diktators, seines Doppelgängers oder Männern in politischen Machtpositionen, z.B. hat der Sicherheitschef Arian Vogli lange Passagen. Aus der Komplexität der Vielstimmigkeit entsteht dann aber auch ein deutliches Bild des Zustands des Landes unter dem Totalitarismus. Letztlich kann man sich glücklich schätzen, nicht in Albanien in dieser Zeit gelebt zu haben. Das Land machte sich in aller Welt unbeliebt, mit groß angelegten Abhöraktionen mit Wanzen und Spitzeln und einer hart durchgreifenden Staatspolizei war die Stimmung im Keller.
    Dem setzt Kadare einen verblüffenden Sarkasmus entgegen, das mildert jedoch nicht die düstere Wirkung.
    Spiritus ist beeindruckend und hat viele gute Ansätze, der Roman schafft es trotz der künstlerischen Eleganz im Stil dennoch nicht ganz zu überzeugen, da er teilweise zu schleppend erzählt ist. Ich gestehe, er ist nicht mein Lieblingsroman von Ismail Kadare.