Titel: Ein Leben ohne mich
Autorin: Nina Kramer
Verlag: Pendragon Verlag Bielefeld
Erschienen: Juni 2008
Seitenzahl: 303
ISBN-10: 3865321070
ISBN-13: 978-3865321077
Preis: 14.90 EUR
Das sagt der Klappentext:
Schneeflocken nennt man die namenlosen Embryonen in den Kühlschränken der Reproduktionslabore. Schlafende Seelen. Die Überreste eines Traums vom Wunschkind, das sich kaufen lässt wie eine Designer-Küche ... Namenlos ist auch jene Frau, die in die Klinik eingeliefert wird. Nackt, kahl rasiert, und ohne Gedächtnis. Es ist Romy Cohen, die vergessen hat, was sie alles weiß. Über die Schneeflocken , über das weiße Gold , aus dem sie entstehen und über den Handel mit menschlichen Genen. Auf der Suche nach sich selbst und ihrer Vergangenheit entschlüsselt Romy Cohen nach und nach die Pläne und Verzweigungen des organisierten Sperma- und Embryohandels. Doch als sie ihrem Mörder eine Falle stellt, muss sie entdecken, dass auch sie nicht frei von Schuld ist.
Die Autorin:
Die Schriftstellerin Nina Kramer schreibt unter ihrem Mädchennamen Nina George Liebesromane, Sachbücher und Erzählungen. Sie arbeitet seit 16 Jahren für Frauen-, Boulevard- und Fachzeitschriften sowie als Kolumnistin. Die Autorin lebt in Hamburg. Diese biographischen Angaben findet man auf dem rückseitigen Buchdeckel des hier vorgestellten Buches.
Meine Meinung:
Es fiel nicht so ganz leicht, dieses Buch genremässig einzuordnen. Aber es hat wohl mehr von einem Thriller als von einem normalen belletristischen Roman. In jedem Falle aber ist es ein wirklich lesenswertes Buch.
Die Sätze auf dem Buchrücken beschreiben die Problematik sehr gut, um die es in diesem Buch thematisch geht: „Ein Leben ohne mich“ stellt die Frage, ob wir alles tun dürfen, nur weil wir es können.
Diese Frage kann wohl kaum mit einem schlichten „ja“ oder „nein“ beantworten. Diese Frage wird wohl erst dann zu beantworten sein, wenn man sich etwa eingehender mit dem Thema beschäftigt hat. Es geht nicht nur um Ethik in der Medizin, es geht vielmehr um das Verkümmern menschlicher Werte, um den Fortschritt um jeden Preis und um die Skrupellosigkeit beim Umgang mit dem, was wir als „menschliches Leben“ bezeichnen.
Es ist ein „kühles“ Buch – aber gerade diese erzählerische Kühle trägt wohl entscheidend dazu bei, sich mit diesem Themenbereich näher zu beschäftigen, sich zu fragen, was darf Forschung und wie weit darf Forschung gehen und ist es ethisch vertretbar, dass gewonnene Erkenntnisse offenbar immer an den Meistbietenden verkauft werden und das der helfende Faktor medizinischer Forschung sich dem „Gestank“ des Geldes unterzuordnen hat. Die Autorin schafft es eindrucksvoll, dieses Thema spannend, dabei aber auch sehr informativ, zu schildern. Man erfährt sehr viel Wissenswertes über eine Sache, von der man bis dato ggf. nur einige wenige Puzzlestücke gesehen hat. Und so trägt dieses Buch eben auch dazu bei, dass Gesamtbild ein wenig abzurunden, das Wissen ein wenig zu erweitern – auch wenn ganz sicher da noch unendlich viel mehr im Verborgenen geschieht.
Die Charaktere der handelnden Personen sind so beschrieben, dass sie sich sehr gut in den Erzählstil der Geschichte integrieren – auch ihnen haftet eine gewisse Kühle an, eine gewisse Distanz – es sind keine Protagonisten zum Kuscheln und zum „Liebhaben“. Ihre Handlungen sind mehr oder weniger menschlich normal: Hinterhältig, nur auf den eigenen Vorteil bedacht, selbstgerecht, moralisch zweifelhaft, schwanzgesteuert und weiblich durchtrieben. Einen wirklich positiven Charakter wird man in dieser Geschichte wohl nicht finden. Und warum auch? Es ist schließlich keine „Hurra-Geschichte“ und auch von einem positiven Ausblick in die Zukunft wird wohl niemand ernsthaft sprechen, der dieses Buch gelesen hat. Die Autorin beschreibt eine Düsternis die in einem hellen Licht seziert wird. Ein Ritt auf der Rasierklinge, der gelungen ist – Schnittverletzungen sucht man vergeblich. Nina Kramer nimmt keine Rücksicht auf irgendwelche Empfindlichkeiten ihrer Leserschaft – und das ist auch gut so, schafft sie es doch so, realistisch hart und teilweise auch kompromisslos zu schreiben. Es ist keine Geschichte für eine zuckersüße Blümchensprache – es ist eine Geschichte die hart ist und die auch hart erzählt werden muss. Und es ist nicht zuletzt dieser Stil der überzeugt.
Ein sehr lesenswertes Buch – gerade auch für die- oder denjenigen, der vielleicht einmal einen Fingerbreit neben dem Mainstream lesen möchte.