Alles ist Leben - Christiane Singer

  • Inhaltsangabe
    Als die französische Autorin Christiane Singer erfährt, dass sie unheilbar krank ist und ihr vermutlich nur noch sechs Monate zum Leben bleiben, beginnt sie ein Tagebuch, in dem sie ihren Abschied dokumentiert: schonungslos, offen, poetisch, vor allem jedoch geprägt durch eine beeindruckende innere Kraft und Stärke, mit der sie den Tod als Teil ihres Lebens akzeptieren kann.



    Zur Autorin
    Christiane Singer, geboren 1943 in Marseille, gestorben im April 2007 in Wien, studierte Literaturwissenschaft, war Lektorin, Gastdozentin, Schriftstellerin und von 1990 bis 1998 Generalsekretärin die österreichischen Pen-Clubs.



    Meine Meinung
    Ein Cover, das sofort mein Interesse weckt.
    Eine Frau, von der ich nichts weiß, und doch sagt mir ihr Foto alles, was ich über sie wissen muss.
    Ein Titel nebst Untertitel, beide gleichermaßen spannend.
    Ein schmales Bändchen, gerade einmal 138 Seiten Text nebst zwei Seiten Anmerkungen des Übersetzers.
    Kein Personenregister.
    Kein Literaturverzeichnis.


    Ein Tagebuch über genau sechs Monate, beginnend mit dem „Richterspruch“ (Seite 9) des Arztes, endend am 01. März 2007, kurz vor ihrem Tod.
    Ein Buch, in dem ich immer wieder Sätze angestrichen habe, weil sie so schön und so wahr sind. Sätze, über die ich lange nachdenken kann. Dann wieder Sätze, die ich förmlich buchstabieren muss, um sie vielleicht verstehen zu können.


    Selten hat ein Buch mit einem derartigen Thema derart ambivalente Gefühle in mir ausgelöst. Denn einerseits ist es ein Text, der schwerer Erkrankung, teilweise extremer Schmerzen, der Auseinanderstzung mit dem eigenen Leben und dem eigenen Sterben abgerungen ist. Darf man daran beckmessern?
    Andererseits ist da eine Frau, die ein immenses Wissen besessen haben muss, deren Interesse vielen Dingen galt, nicht nur, aber wohl vor allen Dingen Menschen, Literatur, Religion(en). Sie muss außerordentlich lebensbejahend gewesen sein, und weil der Tod nun einmal zum Leben gehört, konnte sie auch diesen annehmen, auf ihn zugehen in einer Art und Weise, wie ich sie selten erlebt habe: voller Würde, voller Neugier, voller Dankbarkeit über ihr gelebtes Leben.


    Für mich wurde die Frau hinter dem Text wichtiger, ich wollte sie unbedingt kennenlernen, beinahe jedes Wort machte mich neugierig auf sie. Gleichwohl fühlte ich mich als Leserin aber manches Mal zu sehr „außen vor“, zu viele Namen finden Erwähnung, die ihr viel bedeuteten, mir hingegen nichts sagen. Es fehlte für mich der Berührungspunkt, warum diese oder jene Person so wichtig für sie war. Die reine Akzeptanz, dass dieses Wissen für mich nicht wichtig sein sollte, wollte sich nicht einstellen.
    Auch konnte ich Christiane Singer nicht in allem folgen, weil ich schlicht nicht das Wissen habe, dass sie gehabt haben muss. Nicht Bescheid wusste über ihr Leben und daher manche Bemerkung nicht verstand. Des Öfteren hatte ich das Gefühl, an etwas vorbeizulesen, was ihr wichtig war, wichtig genug, um in diesem Tagebuch Erwähnung zu finden.


    Ich habe nicht erwartet, dass die Lektüre leicht werden würde. Es hatte für mich seine ganz eigene Anstrengung, nicht eine Sekunde lang durfte ich in der Konzentration nachlassen, zu groß die Gefahr, etwas zu überlesen. So schmal das Bändchen ist, es wiegt schwer für mich – aber immerhin nicht schwer genug, um Melancholie oder gar Trauer aufkommen zu lassen. Dazu hat Christiane Singer ihr Sterben zu sehr angenommen, sich zu sehr darauf ausgerichtet, diese Momente so aktiv wie möglich zu erleben, ja zu gestalten. Ihre Spiritualität des Sterbens: Für mich ist sie deutlich geworden und hat in mir einen tiefen Respekt aufkommen lassen für diese Frau, die ein so reiches Leben gehabt haben muss, dass sie sagen konnte:
    „In dem Raum, in dem ich mich bewege, ist Leben und Sterben das Leben. Ich entscheide mich für das Ganze. Ja, so ist es.“ (Seite 83)


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  • Eine sehr eingehende Beschreibung eines offensichtlich sehr intensiven Buches. Ob ich es aber lesen werde? Ich denke eher nicht. Die Stimmung, ein solches Buch anzunehmen, es auch konzentriert zu lesen - ist momentan einfach nicht vorhanden. Trotzdem herzlichen Dank für diese sehr interessante Buchvorstellung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für die ausführliche Beschreibung, die einem schon an die Nieren geht.
    Aber, ich habe mich so oft mit dem Tod beschäftigt, beschäftigen müssen, dass er für mich seinen Schrecken längst verloren hat


    Aber hier zu diesem Thema noch ein Buch, es ist in den 70er erschienen.
    Der Autor hat die Veröffentlichung nicht mehr erlebt, beschreibt aber, wie er langsam vom Krebs zerfressen wird.
    Er schreibt es so, als stünde er neben sich und beobachte sein Ableben


    euer hef