Böser Mann, Franz Xaver Roth, Albrecht Knaus Verlag, München, 2011, ISBN 978-3-8135-0435-4
Zum Autor (lt. Klappentext):
Franz Xaver Roth ist das Pseudonym eines Münchner Büchermenschen, der mit wunderbar leichter Feder das Vorort-Soziotop der Großstadt treffend porträtiert. Dass er dafür das Genre des Kriminalromans benutzt, macht seinen Roman nicht nur unterhaltsam, sondern auch spannend. Roth lebt mit Frau und zwei Kindern in Leuterding – wo denn sonst?
Meine Meinung:
Mei, da hat er eine harte Woche gehabt, der Luginger.
Der Luginger ist der Wirt vom Hammer-Eck in Leuterding, Vorort von München. Er liebt schwarze Kleidung, Rockmusik, seinen Dodge und die Barbara. Na ja, das weiß er nicht so genau, ob er die Barbara wirklich liebt. Eigentlich führt der Luginger ein ganz beschauliches Leben in Leuterding, wo er auch aufgewachsen ist. Reich wird er nicht als Kneipenwirt vom Hammer-Eck, wo die Moni bedient und der einzige Leuterdinger farbige Einwohner, Sammy, die Küche macht und was sonst an Arbeiten in der Kneipe anfällt. Aber mit seinen Stammkunden hat der Luginger sein Auskommen und beim Fußballabend auch seinen Spaß. Zumindest meistens. Bis zu jenem Samstag, an dem die resolute, mit beiden Beinen im Leben stehende Kommissarin Clara Weibel im Hammer-Eck auftaucht und nach dem Alibi von Sammy für die vorige Nacht fragt. Ein Lehrer des örtlichen Gymnasiums ist überfahren worden und Sammy soll ein Verhältnis mit der Frau des Toten gehabt haben. Der Luginger, die Moni und noch ein Stammgast legen sofort die Hand für Sammy ins Feuer – wie sich aber später zeigt, ist dieses ganz schön heiß.
Dem Luginger kommt das alles komisch vor, er beginnt zu ermitteln. Als im Laufe der Woche noch zwei weitere Tote gefunden werden und Sammy jedes Mal zur Tatzeit in der Nähe war, hat Luginger gar keine andere Wahl mehr – er wird zum Ermittler wider Willen und lernt Leuterding und einige Leuterdinger so richtig kennen. Kein Wunder, dass manch einer denkt „Leuterding ist ein Kaff, ein mieses, beschissenes Kaff.“ Aber nicht nur Luginger meint „nirgends ist es besser“. Was der Luginger ja nie gedacht hätte: seine alte, gebrechliche, aber dennoch dynamische Mutter beweist Marplesche Qualitäten. In manchen Dingen hätte er halt gleich auf seine Mutter hören sollen. Aber nur in manchen.
Franz Xaver Roth hat mich mit seinem Provinzkrimi „Böser Mann“ überrascht. Selten habe ich einen Kleinstadtroman mit so viel Lokalkolorit gelesen, bei dem Charaktere und Zusammenleben so pointiert, so authentisch getroffen werden und Dialoge so realistisch gehalten sind. Der Tonfall des Romans ist mal humorvoll, ironisch, trocken-lakonisch, mal berührend und nachdenklich machend, insbesondere wenn es sich um die Darstellung zwischenmenschlicher Beziehungen dreht.
Wer blutige Krimis mit ausführlichen Gewaltdarstellungen mag oder nervenzerreißende Spannung erwartet, wird mit dem Provinzkrimi „Böser Mann“ nicht glücklich werden. Trotz der drei Toten ist die Kriminalhandlung eher als beschaulich, d.h. mit moderatem Spannungsbogen, einzustufen, auch wenn die Auflösung am Ende doch einige überraschende Elemente bietet.
„Böser Mann“ von Franz Xaver Roth ist ein Provinzkrimi, der Freunden beschaulicher Krimis, die an Lokalkolorit und Charakteren mit Ecken und Kanten, an „Originalen“ ihren Spaß haben, gute Unterhaltung bietet, sie aber dennoch nachts gut schlafen lässt. Mir hat die Woche mit Luginger auf jeden Fall Spaß gemacht.
8 von 10 Punkten