Olov Svedelid: Gierige Geschäfte (Nödens Handelsmän), KBV Hillesheim, 2006
TB, 417 S., 9,90€, Übers. Erik Gloßmann
Mit Spannung habe ich den neuesten Thriller aus der Feder Olov Svedelids mit dem Titel „Gierige Geschäfte“ und dem altgedienten Helden Roland „Rolle“ Hassel erwartet. Und wurde nicht enttäuscht!
Es fängt eigentlich an wie immer: mehr zufällig wir der wieder in Innendienst beschäftigte Inspektor Hassel in eine finstere Affaire hineingezogen. Der Kleinkriminelle Axel Wikman will seinen Ruhestand genießen und steckt seinem alten Bekannten Hassel Insiderinformationen über einen brutalen Menschenhändlerring, hinter dem der in Schweden lebende Italiener Tomaso Berloccio stecken soll. Noch ehe die Ermittlungen der Polizei so richtig an Fahrt gewinnt, werden Wikman und zwei seiner Vertrauten ermordet und Hassel bedroht.
Auch Roland Hassel entgeht nur knapp mehreren Anschlägen. Dies führt die schwedische Polizei jedoch auf die Spur zweier Auftragskiller, die seit einiger Zeit untergetaucht sind. Hassel wird in einige mysteriöse Zwischenfälle verwickelt, erwacht neben einer kopflosen Leiche im Bett und muß sich mit der zickigen Göteborger Kollegin Teresa Lager herumschlagen, die in Lyon für Interpol arbeitet und dort insbesondere hinter Tomaso Berloccio her ist. Insbesondere Teresa Lager bringt den geheimnisvollen Italiener mit dem europaweiten Schmuggel von verseuchtem Fleisch in Verbindung, welcher durch die häufigen Tierseuchen und Lebensmittelskandale und die damit anfallenden Millionen Tonnen Tierkadaver immer lukrativer wird.
Die Person Berloccios erscheint immer diffuser: Hassel ermittelt, dass sich im Lauf der letzten Jahre möglicherweise mehrere Personen des Namens bedient haben, um dunkle Geschäfte zu verschleiern. Nach diversen weiteren Leichen auf Hassels Weg zur Wahrheit führt eine Spur nach Tallin. Roland Hassel erlebt dort wieder einmal seine persönliche Hölle und muß erleben, wie sein estnischer Kollege Guus bei lebendigem Leib verbrannt wird…
In Stockholm kommt es zu einem Showdown, bei dem sich der Nebel um die Person Berloccios lüftet, aber dies bleibt nicht die einzige Überraschung bei der Auflösung dieses brutalen Falles.
Die Brisanz des Romanes (welcher 2002 erschien) ist heute noch so groß wie beim Erscheinen in Schweden. Millionen Tonnen Tierkadaver, die eigentlich vernichtet werden sollen, bilden die Grundlage für zahlreiche „gierige“ Geschäfte. Die Verbrecher, die heute ganz offiziell über diverse Im- und Exportfirmen europaweit agieren und legale und illegale Geschäfte fein miteinander verwoben haben, können kaum dingfest gemacht werden. Svedelid bietet eine guten Einblick in das Geschehen und erläutert die Strukturen, die sich in Europa gebildet haben. Die Figur des Erzählers Roland Hassel ist Svedelids Möglichkeit, illusionslos, aber nicht wirklich pessimistisch die Wirklichkeit zu schildern. Hassel, schon etwas in die Jahre gekommen, aber eigentlich immer noch der große Junge von früher, gibt sich gewohnt lakonisch und schnoddrig. Dieser Schild wir allerdings immer wieder durchbrochen, wenn das Verbrechen schier unmenschliche Ausmaße annimmt oder Hassel um seien Familie bangen muß. Die Figur des Hassel gibt dem Autor Gelegenheit, über Zustände und Unzumutbarkeiten in der Welt zu räsonieren und allerhand Informationen über das organisiere Verbrechen in Europa zu erzählen.
Das Buch liest sich flott, zuweilen erscheinen die Schilderungen recht brutal und detailliert, aber durch den trockenen Humor des Erzählers ist dies gut abgefedert. Svedelid und damit sein Protagonist Roland Hassel erweisen sich (Gott sei Dank) auch in diesem jüngsten Thriller als Humanisten. Mein Fazit: erneut ein sehr gelungener Roman des schwedischen Altmeisters!
(diese Rezension habe ich bereits bei Amazon veröffentlicht)