Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht - Claudia Ziegler

  • Kurzbeschreibung:


    Frankreich, 1567: Die Stimmung im Land ist aufgepeitscht, ein neuer Krieg zwischen Katholiken und Protestanten steht bevor. Dank ihrer Gabe, die Zukunft zu sehen, vereitelt die 19-jährige Klosterschülerin Madeleine einen tödlichen Anschlag auf den Hugenottenführer Gaspard de Coligny. In größter Gefahr findet sie bei den Hugenotten Unterschlupf, wo sie sich in den Edelmann Nicolas de Vardes verliebt. Da gelingt es den Katholiken, sie gefangen zu nehmen, und sie wird der Hexerei bezichtigt. Als sie im Kerker bereits glaubt, an den Folgen der Folterungen zu sterben, lässt ausgerechnet Catherine de Medici sie befreien. Die Königinmutter hat für das Mädchen mit dem zweiten Gesicht eine streng geheime Mission ersonnen. Doch nicht nur die Geschicke des Landes, auch ihre Liebe zu Nicolas steht auf dem Spiel. (Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)


    Meine Meinung


    "Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht" ist mein erstes Buch der Autorin Claudia Ziegler. Allerdings muss ich anmerken, dass sie mir erstens wärmstens empfohlen wurde und zweitens hat mich das Buch direkt in der Vorschau angesprochen. Das wunderschöne Cover vereint Elemente aus dem Buch und ist nicht nur deshalb sehr ansprechend gestaltet.


    Madeleine Kolb, hat die Gabe Dinge vorauszusehen. Doch ihre Mutter warnt davor dieses Geheimnis Preis zu geben. Es sei viel zu gefährlich, solche Dinge preiszugeben, denn viel zu schnell wird man in diesen unruhigen Zeiten als Hexe verbrannt. Erschwerend kommt hinzu, dass die sie als Deutsche in Frankreich lebt, denn gerade Ausländer wurden in vielerlei Hinsicht schneller als andere verdächtigt.
    Nur die Königinmutter scheint sich für ihre Gabe zu interessieren, doch aus Angst verschweigt Madeleine ihre Fähigkeit.
    Nach dem Tode ihrer Mutter kommt Madeleine St. Angela, wo sie bei den Zisterzienserinnen ein einfaches und schlichtes Leben führt. Ihr Alltag dient lediglich der Aussicht einmal als Nonne, Dienstmagd oder Ehefrau zu leben.
    Die Oberin jedoch ahnt, dass Madeleine ein Geheimnis hütet. Als sie bei einem Botengang zufällig einen Anschlag der Guise auf den Admiral de Coligny, dem Hugenottenführer, verhindert bleibt ihr nur die Flucht.


    Claudia Ziegler entführt ihre Leser direkt zu Anfang in eine Welt voller Prunk, als die junge Madeleine staunend den Zug des Königs bewundert. Bunte Flaggen, Reiter, Mobilar und unzählige Hofangestellte ' die Bilder vor dem inneren Auge sind eine wahre Augenweide.
    Die dramatische Wende nimmt dieser Zug, als Madeleine kurz darauf die Menschen vor einem Unglück warnt. Doch auch hier bleibt der bildgewaltige Schreibstil der Autorin bestehen und zieht sich fortan durch jede Seite des Buches.
    Die historischen Ereignisse fügt Claudia Ziegler mit Leichtigkeit in die Handlung ein, sodass man niemals das Gefühl bekommt von geschichtlichen Fakten überrollt zu werden. Zunutze macht sie sich hierbei auch die Liebesgeschichte zwischen Madeleine und Nicolas de Vardes, die zwischen den politischen Ränkespielen eine willkommene Abwechslung bietet.
    Die bedrohliche Atmosphäre wird durch Catherine de Medici verstärkt, die Madeleine erpresst und damit ihre Position als Königinmutter ausspielt. Madeleine erlebt sie sehr wechselhaft: freundlich, neugierig, herrisch und gefährlich.


    Ob Madeleine Frankreichs Schicksal beeinflussen kann, muss jeder für sich selbst herausfinden. Es lohnt sich meiner Meinung nach sehr.


    Fazit: Ein packender, mitreißender Roman, der seine Leser in eine Zeit voller Umbrüche entführt. Die dichte Atmosphäre sorgt für ein kurzweiliges Lesevergnügen und bescherte mir spannende Lesestunden.


    Einige behaupten ja, Claudia Ziegler wäre der aufgehende Stern am Historienhimmel. Meiner Meinung nach scheint Claudia Ziegler dort schon strahlend hell.

  • Die Handlung des Romans spielt zwischen 1560 (Prolog) und endet mit den schrecklichen Ereignissen der Bartholomäusnacht im August 1572, als Tausende von Protestanten in den Straßen von Paris und in den Provinzen von hasserfüllten Katholiken niedergemetzelt wurden. In den Jahren zuvor hatte es bereits mehrere Religionskriege zwischen den Katholiken und den Hugenotten (Protestanten, die Anhänger der Lehre Calvins waren) gegeben. Versuche, einen dauerhaften Religionsfrieden zu schließen, waren immer wieder gescheitert, nicht zuletzt deshalb, weil sich auch Persönlichkeiten aus dem Ausland einmischten, wie z.B. König Philipp II, der aufgrund persönlicher Interessen (Niederschlagung von Aufständen in den Spanischen Niederlanden) alle Protestanten vernichten wollte.


    Der Roman beschreibt in 142 auf fünf Teile verteilten Kapiteln die Situation im religiös in zwei Lager gespaltenen Frankreich anhand des Lebens der fiktiven Protagonistin Madeleine Kolb. Sie hat die unheilvolle Gabe, gelegentlich von Visionen überfallen zu werden, die es ihr erlauben, in die unmittelbare Zukunft zu sehen. Durch diese Gabe vereitelt sie einen Anschlag der einflussreichen Herzöge von Guise auf den Hugenottenführer Admiral de Coligny. Vom unbarmherzigen Hass der Guise verfolgt, gerät sie nach einer aufregenden Flucht in die Hände der Königinmutter Catherine de Medici. Diese beschützt sie zwar vor den Guise, verfolgt aber eigene Pläne und verlangt von Madeleine, sie solle bei den Hugenotten, die ihr wegen der Rettung von Coligny vertrauen, für sie spionieren. Die Königinmutter pflegt selbst keinen Hass auf die Protestanten, fürchtet aber um die Herrschaft ihres Sohnes Charles IX, da böswillig gestreute Gerüchte im Umlauf sind, denen zufolge die Hugenotten einen Anschlag auf das Leben des Königs planen. Für Madeleine scheint die Situation aussichtslos: sie schätzt die Hugenotten um den Admiral de Coligny und sie liebt den Hugenotten Nicholas de Vardes. Wenn sie für die Königinmutter und deren gewissenlosen Geheimdienstchef Lebrun spioniert, riskiert sie ihre große Liebe, wenn sie aber die Berichterstattung verweigert, droht ihr selbst die Anzeige und Verurteilung als Hexe und ihrem Geliebten die Ermordung...


    "Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht" ist sehr flüssig und spannend erzählt, die meisten Figuren sind historisch verbürgt, wobei die Autorin deren Lebensläufe und die Gesamtsituation in Frankreich sehr gut recherchiert hat. Im Anhang des Romans befinden sich ein ausführliches Nachwort der Autorin, eine Zeittafel über den Verlauf der Religionskriege und ein Verzeichnis der historischen Persönlichkeiten. Zusätzlich enthalten die vordere und hintere Buchklappe eine Karte Mitteleuropas im 16.Jahrhundert. Diese Dinge erleichtern das Verständnis für Leser, die sich mit der französischen Geschichte und Geographie nicht gut auskennen, ungemein.


    Fazit: "Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht" ist ein ebenso gut recherchierter wie auch ansprechend geschriebener und informativer Roman über die Religionskriege im Frankreich des 16.Jahrhunderts, den ich Freunden anspruchsvoller Historienromane gern weiter empfehle.
    Ich vergebe 9 Punkte

  • Das zweite Gesicht dient als Umschreibung für die Fähigkeit zum Hellsehen. Madeleine Kolb, die mit ihrer Mutter von Zweibrücken nach Frankreich zog, stellt eines Tages fest, dass sie diese Gabe besitzt. Weil sie die Ermordung des Hugenottenführers Coligny vorhersieht und ihn warnt, zieht sie sich den Hass der mächtigen Familie de Guise zu. Madeleine muss aus den sicheren Klostermauern fliehen und rettet sich über eine Gauklertruppe in das Lager der Hugenotten. Doch auch dort spüren sie die Guise auf und verschleppen sie. Madeleines Lage scheint ausweglos, bis die mächtige Catherine de Medici von ihr erfährt und sie an ihren Hof holt. Madeleine soll von nun an die Zukunft im Sinne des Königshofes vorhersehen. Doch ihre Vorsehungen kann Madeleine nicht beliebig abrufen und der Leiter des Geheimdiensts schleust sie als Spionin erneut in das Lager der Hugenotten ein. In welcher Gefahr Madeleine damit schwebt, kann sie nur ahnen.


    Der dritte Roman von Claudia Ziegler beschäftigt sich erneut mit der Historie Frankreichs. Die überaus interessante, wenn auch grausame Zeit der Religionskriege im 16. Jahrhundert bietet dafür die farbige Kulisse. Der Autorin gelingt es, die fiktive Figur Madeleine exakt zwischen die Fronten der Macht zu platzieren. Die Wirren der Religionskriege werden zudem noch aus den verschiedenen Lagern verständlich dargelegt. Das Dreiecksverhältnis besteht zwischen der machthungrigen Familie de Guise, dem Königshof um Catherine de Medici und den Hugenotten. Jeder verfolgt dabei andere Interessen und Madeleine muss genau abwägen, wem sie vertraut. Gespickt wird die Geschichte mit den zarten Banden zu dem Protestanten Nicolas de Vardes. Die ausführlich recherchierten Gegebenheiten machen die fiktive Geschichte glaubhaft. Auch nach fast 500 Jahren kann man sich gut vorstellen, dass die Lebensumstände seinerzeit genau so waren. Das ist eindeutig das große Plus dieses Romans.


    Claudia Ziegler versteht es obendrein, historische und politische Hintergründe so zu verweben, dass sie durch den flüssig zu lesenden Schreibstil zu einem spannenden Roman werden. Haupt- und Nebencharaktere werden dabei gleichermaßen detailliert gezeichnet. Handlungen und die dazugehörigen Beweggründe werden nachvollziehbar und wecken Verständnis für alle Seiten. Das Thema Hellsehen macht den Handlungsverlauf keineswegs zur Fantasy, sondern bereitet lediglich die Leser auf die zu erwartenden Gräueltaten vor. Dabei wird zwar so viel Blut vergossen wie nötig, jedoch so wenig wie möglich davon bildhaft beschrieben. Insgesamt ergaben die Schilderungen ein rundes Bild. „Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht“ weist gegenüber der beiden vorhergehenden Romanen nochmal eine Steigerung zum sowieso schon sehr hohen Niveau auf, sodass es der pure Lesegenuss ist.

  • Ein wunderbarer, spannender historischer Roman der mit der tragischen Bartholomäusnacht endet.
    Vielseitige und lebendige Charaktere sind vertreten, der Aspekt mit dem "zweiten Gesicht", dem Hellsehen wurde nicht übertrieben dargestellt, zieht sich aber wie ein roter Faden durch das Buch.
    Sehr gelungen, ich mache mich auf die Suche nach mehr von der Autorin!