Frau ohne Kind. Gespräche und Geschichten einer Tafelrunde

  • Frau ohne Kind: Gespräche und Geschichten einer Tafelrunde
    Piper Taschenbuch 2005.
    ISBN-13: 978-3492243513



    Verlagstext
    Ein brennendes Thema unserer Gesellschaft - die Frau ohne Kind
    Immer häufiger schieben Frauen die Geburt von Kindern auf oder entscheiden sich ganz gegen Kinder. Die Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, ist oft keine einfache, nicht immer gibt es klare und eindeutige Gründe, mitunter hat man sie selbst nicht in der Hand, und oft vermischen sich private und gesellschaftliche Argumente, wenn eine Frau sich gegen ein Kind entscheidet.
    Viola Roggenkamp hat dreizehn kinderlose Frauen, verschiedenen Alters und mit verschiedenen Berufen, zu einem Festmahl eingeladen und nach ihren Geschichten gefragt. Dabei ist ein wunderbar erzählerisches Buch entstanden, in dem ganz unterschiedliche Frauen sehr persönlich und offen erzählen, warum sie sich gegen die Mutterrolle entschieden haben: mal entschieden und selbstbewußt, mal traurig und voller Sehnsucht nach dem Kind, das es nie geben wird, mal wütend und trotzig, mal zart und innig. Keine der Frauen hat es sich leicht gemacht mit ihrer E ntscheidung, jede offenbart mit ihrer Geschichte eine sehr verletzliche Seite, und alle können neben der eigenen Geschichte die der anderen verfolgen.


    Inhalt
    Die Journalistin Viola Roggenkamp lud zwölf Frauen zwischen 31 und 53 Jahren zu einem üppigen Menü in ihre Küche, um mit ihnen über ihre gemeinsame Kinderlosigkeit zu sprechen. So verschieden die Frauen sind, allen ist gemeinsam, dass sie einen qualifizierten Beruf haben, an dem sie sehr hängen. Beschreibungen der Völlerei am Küchentisch wechseln mit denen engagierter Diskussionen und Einzelbeiträgen der Besucherinnen ab. Die Gründe für die bewusst gewählte Kinderlosigkeit aller Frauen in der Runde sind nicht überraschend: es gibt zu wenig nette Typen; Er will nicht und Sie leidet darunter; verschiedenste Zufälle oder ambivalente Gefühle zur Mutterschaft. Der Parität halber hat eine der Frauen ein ausführliches Gespräch mit einem Nachbarn geführt, der sich zu seiner Kinderlosigkeit und seiner sozialen Vaterschaft gegenüber Jugendlichen äußert, die er beruflich betreut. Sehr deutlich wird in Roggenkamps Bestandaufnahme, wie leicht Mütter und Nichtmütter sich gegenseitig abwerten und wie schnell das auch Großmütter und Nichtgroßmütter tun. Auch Feministinnen pflegen ihre kleinen Klischees: klar, dass eine Frau, die einen Kinderwagen schiebt, nicht zusätzlich auch noch kompetent in anderen Fragen sein kann. Eine Teilnehmerin gibt einen treffenden Rückblick auf die Geschichte der Frauen-Berufstätigkeit seit 1900 und auf spezielle Bosheiten des (inzwischen reformierten) deutschen Eherechts. Eine andere spricht über den Kinderwunsch von Frauenpaaren. Die sehr persönlichen und sehr offenen Stellungnahmen überzeugen durch Mütterlichkeit und Einfühlungsvermögen. Roggenkamps Schlemmerinnen sind sich einig: ein frauenfeindliches Land ist konsequent auch kinderfeindlich. Die derzeitige Situation von Frauen und Müttern in Deutschland und die zukünftige Bevölkerungsentwicklung werden in eingeschobenen Info-Kästen mit Zahlen und treffenden Zitaten belegt.


    Fazit
    Obwohl Roggenkamps Tafelrunde die Situation kinderloser Frauen thematisiert, ist ihr Buch (gerade deshalb oder trotzdem?) ein elegant formulierter Text über die Mutterschaft. Am Ende der Lektüre drängt sich die indianische Weisheit auf: Urteile erst dann über eine andere Person, nachdem du einen halben Mond in ihren Schuhen gegangen bist.


    9 von 10 Punkten