Verlag: Deuticke, 2011
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Kurzbeschreibung:
Eine Frau wird von ihrem Mann ins Krankenhaus gebracht, zu einer Herzoperation. Die beiden wirken wie Schlafwandler, keiner scheint den anderen wahrzunehmen. Nach einer erfolgreichen Operation kehrt sie schon nach wenigen Wochen nach Hause zurück. Doch schon bald plagen sie Träume, in denen sie mehr lebt als in ihrem realen Leben. Sie findet in den Alltag vor ihrer Operation nicht mehr zurück. Im Krankenhaus begibt sie sich auf die Suche nach dem Herzspezialisten, ihrem Lebensretter, der ihr Herz berührt hat. In der deutschsprachigen Literatur der Gegenwart ist Julya Rabinowich eine neue Stimme, die aufhorchen lässt. "Herznovelle" ist ein Text über die große Sehnsucht nach einem Leben vor dem Tod.
Über die Autorin:
Julya Rabinowich, geboren 1970 in St. Petersburg, lebt seit 1977 in Wien, wo sie auch studierte. Autorin (zahlreiche Theaterstücke), Malerin und Simultandolmetscherin. Im Standard erscheint wöchentlich ihre Kolumne Geschüttelt, nicht gerührt.
Mein Eindruck:
Der kurze Roman beschreibt den Zustand, in dem sich eine Frau befindet, nachdem sie eine Herzoperation überstanden hat. Eigentlich ist die Operation sehr gut verlaufen, doch die Ich-Erzählerin findet nicht mehr in ihren Normalzustand zurück, verhält sich teilweise irrational, bricht in Tränen aus. Sie fühlt sich nicht wohl, aber das sind keine körperlichen Beschwerden. Ihren Mann Bernhardt gegenüber spricht sie sch nicht aus. Er versteht das nicht und kann ihr nicht helfen, genauso weinig wie die labile Freundin Carla.
Julya Rabinovich hatte ich einmal im Fernsehen gesehen, als sie aus ihren neuen Buch beim Bachmannn-Preis las.
Ich hatte den Eindruck, sie wäre sprachlich noch experimenteller, aber Herznovelle lässt sich linear und problemlos lesen. Eigentlich bin ich stilistisch sogar etwas enttäuscht.
Zwischen den Textpassagen streut die Autorin immer wieder Gedichtzeilen ein, passend zur angespannten Gemütslage der Protagonistin. Es gibt auch einige Traumsequenzen.
Ich habe mit der Hauptfigur so meine Probleme gehabt. Obwohl ich es nachvollziehen kann, dass jemand nach einer Operation von der Rolle ist, finde ich ihre seltsame Schwärmerei für den behandelnden Arzt, die zum obzessivem Zwang wird, nicht so überzeugend.
Im Krankenhaus gibt es aber ein paar gute Szenen, z.B. als sie in einem Raum eingesperrt ist und der Arbeiter auf der anderen Seite sie nicht rauslassen will, weil sein Chef ihm verboten hat, die Tür zu öffnen. Von solchen skurrilen Episoden lebt das Buch.
Ich halte Julya Rabinowich für eine talentierte Autorin, dieses Buch funktioniert für mich aber nur bedingt, und ich gebe diesmal trotz einiger guter Ansätze nur knapp 6 Punkte.