Verlag: Donata Kinzelbach, 2008
145 Seiten
OT: Les Clandestins
Aus dem Französischen von Barbara Gantner
Kurzbeschreibung:
12 Männern und eine schwangeren Frau machen sich nachts auf den Weg, um mit einem Boot von Marokko nach Spanien zu gelangen, in die große Verheißung Jeder trägt seine eigenen Hoffnungen mit sich. Ein Schiffbruch macht sie alle zunichte. Wie in einem antiken Chor lässt der Autor die einzelnen Stimmen auftreten und ihr Schicksal, ihre Illusionen und Niederlagen in oft atemloser Heftigkeit vortragen. Der Autor will dem Drama „durch die Literatur eine menschliche Dimension geben“. Die Verzweiflung der Opfer ist existentiell, erwachsen aus den Lebensverhältnissen in ihrem Heimatland. Wie Meereswellen wiederholen sich ihre Klagen.
Ausgezeichnet mit dem Prix Grand Atlas Maroc
Über den Autor:
Der Marokkaner YOUSSOUF AMINE ELALAMY (*1961) gilt als neuer Stern der marokkanischen Literatur. Studienaufenthalte in Frankreich und den USA verarbeitete er zu preisgekrönten Werken. Heute lehrt er an der Universität von Kénitra Stilkunst und Medienkunde.
Mein Eindruck:
Gestrandet erzählt von marokkanischen Flüchtlingen, die im Meer kentern und ertrinken. Ihre Leichen werden an den Strand gespült. 12 Männer und eine Frau, deren Geschichten Yussouf Amine Elalamy auf kunstvolle Art erzählen wird und damit die menschlichen Schicksale, ihre Nöte, Hoffnungen und Träume der Anonymität und Gleichgültigkeit entreißt, die üblicherweise solche Tragödien begleitet.
Dabei ist der Ton des Autors nicht anklagend, er behält einen leichten, schwebenden Ton.
Dadurch, dass die Geschichte, die hinter der Flucht steckt, offenbar wird, entsteht Verständnis. Für diese Geschichte ist ein besonderer Stil erforderlich.
Nach und nach kommen die Personen zu Wort, wohl wissend, dass sie gestorben sind. Kurz blicken sie zurück, es bleibt das Bedauern über ein nur halb gelebtes Leben.
Es sind alles kurze Abschnitte. Nur eine Figur wird länger betrachtet: Omar, der als Waise aufwächst und Händler wird und dessen schwangere Freundin unter den Ertrunkenen war.
Eine weitere Hauptfigur ist schließlich das unbezwingbare Meer.
Die Vielstimmigkeit und der schnelle Wechsel der Erzähler erinnert an den portugiesischen Schriftsteller Antonio Lobo Antunes, der diese Erzähltechnik zum Extrem getrieben hat. Yussouf Amine Elalamy hingegen bleibt leicht lesbar, erreicht aber auch einen poetisch dichten Sound.
Ich halte den Roman wegen seiner Thematik und der gelungenen stilistischen Umsetzung für ein Werk von Bedeutung. Ich hoffe, dass es irgendwann zu weiteren deutschen Übersetzungen dieses Autors kommen wird.