Rotpunktverlag
Originaltitel: El lugar del padre
Aus dem Spanischen von Marion Dick
Kurzbeschreibung:
Nachbar Ramón versucht, den Baum vor seinem Haus zu fällen. Sein Wurzelwerk sei zu stark geworden, sagt er. Die Ich-Erzählerin schaut ihm zu. Sie mag Ramón; er war der beste Freund ihres Vaters, der soeben gestorben ist. Der Vater ist beider Leerstelle, der präsente Abwesende. Und so ist Das Haus des Vaters eine doppelte Erzählung des Abschiednehmens. Ramón und die Erzählerin tauschen Erinnerungen an den verstorbenen Freund beziehungsweise Vater: glorreiche Momente, die den beiden Männern gehörten, Zärtlichkeiten und Zänkereien zwischen Vater und Tochter. Zugleich beginnen sich die beiden Hinterbliebenen im Jetzt zu nähern. Ihre jeweils unterschiedliche Art, mit dem Verlust umzugehen, wie sie sich mal umeinander kümmern, mal ratlos gegenüberstehen, macht Leserinnen und Leser oft schmunzeln oder lässt sie nachdenklich werden. Der argentinischen Autorin ist hier ein stilles, heiteres, eindringliches Buch gelungen.
Über die Autorin:
Ángela Pradelli, geboren 1959 in Buenos Aires, wo sie als Lehrerin und Schriftstellerin lebt. Sie hat Romane, Erzählungen und Gedichte veröffentlicht. Für Das Haus des Vaters wurde sie mit dem Romanpreis Premio Clarín ausgezeichnet. Von Juni bis November 2012 ist Ángela Pradelli »writer in residence« in Zürich.
Mein Eindruck:
Es gibt viele Bücher über den Tod und die Trauer, nicht selten sind diese Bücher bedeutungsschwer und pseudogewichtig gehalten.
Angela Pradellis Roman ist zwar auch ein Buch über den Verlust, aber es wirkt durch den Stil sehr glaubwürdig. Sie schreibt einfach und ruhig, unpathetisch, und fast sanft.
Die Ich-Erzählerin ist eine Frau im mittleren Alter, die alleine lebt. Gerade ist ihr alter Vater gestorben.
Im Mittelpunkt stehen Geschehnisse des Alltags und wie sich die Ich-Erzählerin und der Nachbar Ramon, bester Freund des Vaters, allmählich annähern ist anrührend geschildert.
Unauffällig sind im Text auch gesellschaftskritische Elemente eingebunden. Warum zum Beispiel werden die Rentner gezwungen, auf ihre schmale Rente so lange zu warten? Warum werden öffentliche Verkehrsmittel, auf die die einfachen Menschen angewiesen sind, mehr und mehr abgebaut.
Davon abgesehen gibt es auch Passagen, denen eine leichte Komik innewohnt.
Aber das wichtigste im Roman ist, wie die Autorin langsam die Entwicklung zeigt, wie eine Freundschaft und wichtige Beziehung zwischen den Protagonisten entsteht.
Es fällt leicht, sich die Szenen des Romans bildlich vorzustellen.
Das Buch hat mich sehr überzeugt und ich hoffe, dass von Angela Pradelli weitere Bücher ins Deutsche übersetzt werden.