Der Autor (Quelle: Amazon)
Margalith Kleijwegt, geb. 1951, Journalistin und Autorin. Sie hat in London als Sozialarbeiterin gearbeitet und als Journalistin bei verschiedenen Medien v.a. Probleme der multikulturellen Gesellschaften analysiert. Aufgrund ihres Buches wurde sie von Politikern aller Parteien eingeladen.
Das Buch (Quelle: Amazon)
Wächst mitten unter uns eine verlorene Generation heran? Was radikalisiert junge Immigranten zu Gewalt? Die holländische Journalistin Margalith Kleijwegt ging ein Jahr lang in das Amsterdamer Viertel, in dem auch der Mörder des Filmemachers Theo van Goghs aufgewachsen ist - Stadtteile mit vergleichbar hohem Ausländeranteil finden sich in jeder deutschen Großstadt. Wer begreifen will, was unter jungen Migranten los ist, kommt an „Schaut endlich hin!“ nicht vorbei. Dieses Buch beschreibt ein Milieu, in dem die Eltern als Autorität keine Rolle spielen, in dem vor allem die männlichen Heranwachsenden begreifen, dass sie in der Einheimischen-Gesellschaft keine wirkliche Chance haben, und sich ihr Ersatz-Selbstbewusstsein daher von radikalen Predigern besorgen.
Meinung
Diese Frage hätte man sich eigentlich bereits vor vielen Jahren stellen sollen: Wie können wir Menschen, die aus einem Wüstenort in Marokko oder aus einem Dorf in Ostanatolien stammen, in unsere postmodernen mitteleuropäischen Gesellschaften aufnehmen und eingliedern? Menschen, die aus archaischen Gemeinschaften kommen und kaum eine Schule von innen gesehen haben und zum Teil auch Analphabeten sind.
Das Buch gibt Einblick in eine Welt, die wir kaum kennen. Wie leben Migranten? Wie denken sie und was wünschen sie sich vom Leben? Was wünschen sie sich von ihren Kindern?
Das Buch verzichtet auf Wertungen. Die Autorin, die viele Familien besucht hat, beschreibt und der Leser versteht sofort, woran es mangelt: Die Überforderung der Eltern bei der Kindererziehung. Aber wie soll das auch funktionieren, wenn einerseits Kinder in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft aufwachsen, andererseits die Eltern eine von Religion und Tradition geprägte Erziehung in ihren vier Wänden aufrechterhalten wollen? Logisch, dass Parallelgesellschaften entstehen und die Eltern keine pädagogische Kompetenz entwickeln können, um diesem Problem erfolgreich zu begegnen. In einer vergleichbaren Situation wären selbst die besten Pädagogen überfordert.
So bleiben die Kinder allein mit ihren Sorgen und Problemen in der Schule und in der Freizeit. Sie müssen selbst einen Ausweg finden aus einem Teufelskreis: die mangelnde Unterstützung ihrer Eltern hinsichtlich Erziehung und Schule sowie die unausgesprochene Diskriminierung und die Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne. Wie soll das funktionieren?
Die Situation in Amsterdam-West ist vergleichbar mit der in Berlin-Neukölln. Insofern können wir die Problematik fast 1:1 übertragen. Ja, wir müssen endlich hinschauen, die Probleme ernstnehmen und anpacken, anstatt sie zu ignorieren.
Zum Schluss empfiehlt die Autorin: „Kräfte bündeln und die Probleme praktisch angehen.“ Daran glaube sie mehr als an die x-te Problemstudie oder an das x-te Sozialprojekt. Die Schule solle viel mehr als bisher, der Mittelpunkt im Leben der Kinder und der Eltern sein. Wer kann ihr hier widersprechen?