Klett-Cotta, 2012
320 Seiten, gebunden
Kurzbeschreibung:
Das Leben zweier Brüder: Sie jagten Käfer am Steinhuder Meer, der eine rettete dem anderen das Leben auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, gemeinsam schockierten sie das Bürgertum in den 20er-und 30er-Jahren, durchlebten die deutsche Katastrophe in der inneren Emigration und begründeten den ökologischen Konservatismus der Bundesrepublik. Ernst und Friedrich Georg Jünger waren Geistesverwandte und politische Bündnispartner, die gemeinsam an einem großen Werk arbeiteten. Die hier erzählte Geschichte dieser außerordentlichen Schriftsteller-Beziehung ist so vielfältig wie die Zeit, von der sie handelt: zwischen Familiengeschichte und Künstlerbiographie, deutscher Katastrophengeschichte und philosophischem Disput.
Mit großer erzählerischer Kraft wirft Jörg Magenau eine originelle Perspektive auf die Jünger-Brüder und deren Verhältnis zueinander.
Über den Autor:
Jörg Magenau, 1961 in Ludwigsburg geboren, studierte an der FU Berlin Philosophie und Germanistik und war 1990 bis 1999 für »Wochenpost«, »Freitag« und »taz« tätig. 1995 wurde er als Literaturredakteur für den »Freitag« mit dem Alfred-Kerr-Preis ausgezeichnet. Zwischenzeitlich war er Redakteur bei den »Berliner Seiten« und von »Literaturen«. Er hat drei viel beachtete Bücher veröffentlicht, eine Biographie über Christa Wolf, eine Biographie über Martin Walser und eine Geschichte der »taz«.
Mein Eindruck:
Diese Biographie hat mich aus zwei Gründen interessiert. Zum einen, weil Jörg Magenau sie geschrieben hat, der mich schon mit der Martin Walser-Biographie überzeugen konnte und zum anderen, weil ich wenig über den umstrittenen Schriftsteller Ernst Jünger wusste. Da er trotz vermeintlicher Kriegsverherrlichung und ideologischer Fragwürdigkeit literarisch unter den Kritikern anerkannt ist, fällt es schwer, ihn richtig einzuordnen.
Ernst Jünger hat sich immer als Soldat gefühlt. In der Zeit des Nationalsozialismus hat er sich von den Nazis abgegrenzt, aber rechtskonservativ war er zeitlebens. Ein radikaler Antidemokrat nennt Magenau ihn.
Da es bereits umfassende Jünger-Biographien gibt, hat sich Magenau dazu entschieden, sich in dieser Biographie auf die parallel verlaufenden Lebensläufe Ernst Jüngers und seines Bruders Friedrich Georg (meist Fritz genannt) zu konzentrieren. Es wird also eine Doppelbiographie.
Friedrich Georg Jünger war auch Schriftsteller. Er schrieb Gedichte, Erzählungen und Sachbücher. Doch er ist relativ schnell in Vergessenheit geraten. Ich gebe zu, dass ich ihn auch nicht kannte.
Jörg Magenau schreibt ganz ausgezeichnet. Sein Stil ist von Genauigkeit gekennzeichnet, ohne sich dabei in literaturtheoretische Details zu verlieren. Stattdessen zeigt er wirklich das Leben der Brüder.
Der Prolog beginnt 1996, als Ernst Jünger bereits 100 Jahre alt ist.
In diese Zeit kehrt Magenau auch immer mal wieder kurz zurück, ansonsten wird linear erzählt.
Es geht ums Leben, nicht ums Werk. Kein Buch Jüngers wird im Detail dargestellt, obwohl Im Stahlgewitter, Der Waldgang, Arbeiter, Auf den Marmorklippen oder Am Sarazenenturmnatürlich schon erwähnt werden, ebenso wie die heute unbekannten Bücher von Fritz.
Ernst Jünger sah sich als Krieger. Die Faszination Ernst Jüngers für den Krieg wird dargestellt, erklärbar wird sie für mich dennoch nicht. Da hat auch dieses Buch seine Grenze, aber Magenau versucht auch keineswegs Jünger irgendwie zu rechtfertigen.
Auch sein Käfersammeln ist ja eher abstossend, Friedrich Georg z.B. war Vogelkundler, was viel positiver wirkt.
Während mir Fritz im Laufe des Buches wegen seiner Ruhe und innerer Verbundenheit mit dem älteren Bruder allmählich sympathisch wird, bleibt Ernst Jünger durch und durch ein kalter Fisch, der offenbar unangenehmerweise auch noch ziemlich eitel war.
Magenau teilt das Buch in große Abschnitte ein: Moor, Feld, Städte, Gärten, Höhlen, Wald, See. Die Unterkapitel sind dann so betitelt, wie sie atmosphärisch gestaltet sind, also z.B. „Feuer“ für die Kriegszeiten, Erde, Wasser, Luft sind weitere Kapitelüberschriften.
Diese Einteilung funktioniert gut und zeigt, was für ein geschickter Biograph Jörg Magenau ist.