John Williams - Stoner

  • Titel: Stoner
    Autor: John Williams
    Übersetzt aus dem Amerikanischen von: Bernhard Robben
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
    Erschienen: August 2013
    Seitenzahl: 348
    ISBN-10: 3423280158
    ISBN-13: 978-3423280150
    Preis: 19.90 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    John Williams erzählt das Leben eines Mannes, der, als Sohn armer Farmer geboren, schließlich seine Leidenschaft für Literatur entdeckt und Professor wird es ist die Geschichte eines genügsamen Lebens, das wenig Spuren hinterließ.Ein Roman über die Freundschaft, die Ehe, ein Campus-Roman, ein Gesellschaftsroman, schließlich ein Roman über die Arbeit. Über die harte, erbarmungslose Arbeit auf den Farmen; über die Arbeit, die einem eine zerstörerische Ehe aufbürdet, über die Mühe, in einem vergifteten Haushalt mit geduldiger Einfühlung eine Tochter großzuziehen und an der Universität oft teilnahmslosen Studenten die Literatur nahebringen zu wollen. Stoner ist kein Liebesroman, aber doch und vor allem ein Roman über die Liebe: über die Liebe zur Poesie, zur Literatur, und auch über die romantische Liebe. Es ist ein Roman darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein.


    Der Autor:
    John Williams wurde 1922 in Texas geboren. Trotz seiner Begabung brach er sein Studium ab. Widerstrebend beteiligte er sich an den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner und wurde Mitglied des Army Air Corps. Während dieser Zeit entstand die Erstfassung seines ersten Romans, der später von einem kleinen Verlag publiziert wurde. Williams erlangte an der University of Denver seinen Master. 1954 kehrte er als Dozent an diese Universität zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch gehört ohne Frage zu den Highlights dieses Jahres.
    Was bleibt von uns? Diese Frage schwebt für mich über diesem Buch. Was bleibt von uns wenn wir einmal nicht mehr sind? Wird man sich an uns erinnern? Oder werden wir schnell vergessen werden? Kann ein ganz normales Leben auch ein herausragendes Leben sein? Gibt es für uns überhaupt eine Nachwelt? John Williams hat einen ruhigen – aber auch einen unglaublich intensiven und beeindruckenden Roman geschrieben. Ein ganz normales Leben, ein Leben ohne große Höhepunkte für die Menschheit, ein ganz normales Leben aber mit gelebten Höhepunkten für die betroffenen Menschen. Dieses Buch macht deutlich, dass jedes gelebte Leben seinen Sinn und seinen Platz hat, das kein gelebtes Leben umsonst gelebt wurde. Es ist aber auch ein Buch dass durchaus nachdenklich macht, dass an manchen Stellen deprimiert und eine freundliche Hoffnungslosigkeit ausstrahlt. Ein Buch das in erster Linie aber auch durch seine Erzählkunst beeindruckt.
    Es gibt diese Bücher die bei seinen Leser einen tiefen Eindruck hinterlassen können. Dieses Buch von John Williams gehört ohne Frage dazu. Sicher wird es Menschen geben, die von diesem Buch nicht berührt werden – diese Menschen aber sollten sich fragen, ob sie vielleicht nicht lieber etwas anderes machen sollten als Bücher zu lesen.
    Ein großartiges Buch über das Leben, über die Literatur und auch über die Liebe.
    10 Eulenpunkte – ohne Wenn und Aber!

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für Deine interessante Rezi, das Hörbuch liegt hier schon bereit. :-)

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Zitat

    Original von Eskalina
    :-) Schon wegen der "freundlichen Hoffnungslosigkeit" muss ich es lesen...Danke für deine Rezi. :wave


    Genau DAS ist mir auch ins Auge gesprungen ;-)
    Ich habe es in meiner Onleihe vormerken lassen. Danke für die neugierig machende Rezi!

  • Moin Voltaire,


    vor ein paar Tagen habe ich Deine Rezi schon gelesen und mir gedacht, dass das Buch etwas für mich wäre. Vielen Dank für Deinen Tipp. Heute Vormittag im Buchladen ist es mir in die Hände bekommen und ich habe gesehen, dass auch Elke Heidenreich dafür schwärmt. Und dann hat es mir noch die Verkäuferin ans Herz gelegt, als sie sah, was ich mir da gegriffen habe.
    Sie meinte: "Eigentlich passiert nichts Weltbewegendes, aber ich mochte nicht aufhören zu lesen."


    Gut, drei Empfehlungen, nun hab ichs gekauft und werde schauen, wie es mir gefällt :-)

  • Auf der Farm der Stoners müssen nicht viele Worte gemacht werden. Die Eltern und Sohn William kennen ihre täglichen Pflichten. Als der Vater beschließt, sein Sohn sollte die Farm verlassen, um zu studieren, nimmt William das widerspruchslos hin wie sein bisheriges Leben. Die Darstellung dieser beiden großen Schweiger muss eine besondere Herausforderung für einen Autor sein, und sie hat mich sofort für das Buch gewonnen. Der schweigsame junge Mann vom Land vollzieht den ungewöhnlichen Schritt Literatur zu studieren und später zu lehren. Sein Lebensinhalt muss auf seine Eltern wie eine brotlose Kunst wirken. Als gesellschaftlicher Aufsteiger wird Stoner im Universitäts-Milieu nie ganz dazugehören, eine tragische Figur, deren privates und berufliches Schicksal der Autor in wenige exakt abgewogene Worte fasst. Williams bereits 1965 im Original erschienener Klassiker fordert als zeitloses sprachliches Kleinod geradezu das Wiederlesen.


    10 von 10 Punkten

  • Kurzbeschreibung zur deutschen Ausgabe (Quelle: amazon)
    Stoner‹ ist einer der großen vergessenen Romane der amerikanischen Literatur. John Williams erzählt das Leben eines Mannes, der, als Sohn armer Farmer geboren, schließlich seine Leidenschaft für Literatur entdeckt und Professor wird – es ist die Geschichte eines genügsamen Lebens, das wenig Spuren hinterließ. Ein Roman über die Freundschaft, die Ehe, ein Campus-Roman, ein Gesellschaftsroman, schließlich ein Roman über die Arbeit. Über die harte, erbarmungslose Arbeit auf den Farmen; über die Arbeit, die einem eine zerstörerische Ehe aufbürdet, über die Mühe, in einem vergifteten Haushalt mit geduldiger Einfühlung eine Tochter großzuziehen und an der Universität oft teilnahmslosen Studenten die Literatur nahebringen zu wollen. ›Stoner‹ ist kein Liebesroman, aber doch und vor allem ein Roman über die Liebe: über die Liebe zur Poesie, zur Literatur, und auch über die romantische Liebe. Es ist ein Roman darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein.


    Autor (Quelle: amazon)
    John Williams wurde 1922 in Texas geboren. Trotz seiner Begabung brach er sein Studium ab. Widerstrebend beteiligte er sich an den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner und wurde Mitglied des Army Air Corps. Während dieser Zeit entstand die Erstfassung seines ersten Romans, der später von einem kleinen Verlag publiziert wurde. Williams erlangte an der University of Denver seinen Master. 1954 kehrte er als Dozent an diese Universität zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985. Er veröffentlichte zwei Gedichtbände und vier Romane, von denen einer mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. John Williams starb 1994 in Fayetteville, Arkansas.


    Allgemeines
    Englische Ausgabe: erschienen am5.Juli 2012 (Vintage Classics) , TB 288 Seiten
    Deutsche Ausgabe: erschienen am 1.September 2013 (DTV Verlag), HC 352 Seiten
    Vorwort (englische Ausgabe) von John Mc Gahern, 17 Kapitel
    Erzählung in der dritten Person aus Stoners Perspektive


    Zum Inhalt
    Der Roman schildert das wenig spektakuläre Leben der Titelfigur William Stoner (1901 - 1956). Als Sohn einfacher Farmer geboren und dazu bestimmt, die Farm seiner Eltern zu bewirtschaften, ermöglichen ihm seine Eltern einen landwirtschaftlichen Studiengang an der University of Columbia. Gegen Mithilfe auf der in der Nähe der Universität gelegenen Farm seines Onkels erhält Stoner während seiner Studienzeit Kost und Logis.
    In einer der obligatorischen Literaturvorlesungen bei Archer Sloane hat Stoner ein Schlüsselerlebnis, er erkennt, dass sein Studiengang nicht seinen innersten Wünschen entspricht und sattelt auf Literaturgeschichte um , um selbst Dozent für Literatur zu werden. Seine Eltern nehmen seine Entscheidung gelassen hin. Zunächst gelingt es Stoner nicht, seine eigene Begeisterung für sein Fach den Studenten zu vermitteln, er ist irgendwie gehemmt. Seine Schüchternheit und Unbeholfenheit treten auch im Privatleben zutage. Er verliebt sich in Edith Bostwick, die oberflächliche Tochter eines Bankiers, die seine Gefühle offensichtlich nicht erwidert, ihn aber trotzdem heiratet. Warum sie das tut, bleibt eine der ungelösten Fragen des Romans. Die Ehe ist von Anfang an unglücklich, Edith weist jede körperliche wie seelische Annäherung ab und findet ihr Hauptvergnügen darin, ihrem Mann das Leben schwerzumachen. Etwas glücklicher wird Stoners Leben, als Edith beschließt, ein Kind zu haben. Nach der Geburt der Tochter Grace zieht sie sich in den "Krankenstand" zurück und ermöglicht damit ihrem Mann, der die Versorgung der Tochter größtenteils übernimmt, wenigstens eine liebevolle Beziehung in seinem Leben. In dieser Zeit gelingt es ihm auch, mehr aus sich herauszugehen und seinen Studenten etwas von seiner Begeisterung für Literatur zu vermitteln, wobei er pädagogisch neue Wege beschreiten möchte. Als seine Frau bemerkt, dass er sich jenseits seiner deprimierenden Ehe ein zufriedenstellendes Leben aufbaut, schreckt sie nicht davor zurück, ihre Tochter Grace rücksichtslos zum Objekt des kalten Ehekrieges zu machen. Doch auch an der Universität hat Stoner einen Widersacher, der ihn seit einem Konflikt wegen eines unfähigen Studenten mit unnachgiebiger Rachsucht verfolgt...


    Persönliche Beurteilung
    Stoners Lebensgeschichte ist nach außen hin nicht bemerkenswert und über weite Teile auch von einem melancholischen bis deprimierenden Grundton geprägt. Sie wird außerdem in einem ruhigen, sehr sachlichen und geradezu "unbeteiligtem" Sprachstil erzählt. Trotzdem hat mich dieses Buch total gefesselt und sehr stark berührt. Stoner ist eine interessante und widersprüchliche Figur: In seiner Ehe ist er eine Art Pantoffelheld, der sich von seiner Frau viel zuviel gefallen lässt. Als er merkt, dass er keine Beziehung zu Edith aufbauen kann, bleibt er passiv, resigniert und zieht sich in die Welt seiner Bücher zurück. Eine Liebesbeziehung zu einer Kollegin, die intellektuell auf seiner Wellenlänge liegt, ist ihm vergönnt, muss aber dem Druck der universitätspolitischen Gegebenheiten weichen.
    In seinem beruflichen Umfeld ist Stoner dagegen kein stummer Dulder, er steht als Student zu seiner Verweigerung des Kriegsdienstes im Ersten Weltkrieg, obwohl er moralisch unter Druck gesetzt wird, und er weiß sich als Dozent des verfeindeten Kollegen zu erwehren, wobei sein subtiles Vorgehen den Leser durchaus zum Schmunzeln verleitet.
    Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, warum mich dieser Roman so sehr bewegt hat. Vielleicht liegt es an der Widersprüchlichkeit in Stoners Wesen, der gleichzeitig passiv und schwach erscheint, aber doch innere Stärke beweist und trotz seines eher traurigen Lebens eine Art inneres Glück in seiner Liebe zur Literatur findet. Bleibt auch manches an seinem Charakter ebenso unverständlich wie der Charakter seiner (meiner Meinung nach) psychisch gestörten Frau, so hat er doch sein Leben seiner Lieblingsbeschäftigung gewidmet.
    Ein Roman, der mich gedanklich noch lange beschäftigen wird!


    10 Punkte

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Sicher wird es Menschen geben, die von diesem Buch nicht berührt werden – diese Menschen aber sollten sich fragen, ob sie vielleicht nicht lieber etwas anderes machen sollten als Bücher zu lesen.


    Hm, mal wieder typisch Voltaire.
    Das Buch liegt hier schon rum, aber ich weiß nun nicht, ob ich das Buch lesen, schlecht finden und die Leserei danach aufgeben soll :gruebel :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Meine Meinung:


    Erzählt wird die Lebensgeschichte von William Stoner, der als Sohn einfacher Farmer aufsteigt zum Literaturprofessor. Der Klappentext fasst den Inhalt des Buches genau auf und doch ist es nur eine Aufzählung der Einzelteile, die in ihrer Summe erst zum wahren Kunstwerk werden. Denn eins ist sicher: „Stoner“ ist nicht irgendein Buch, es ist großartig!


    Das Buch hat mich emotional stark berührt und auf anderer Ebene kann ich darüber auch nicht berichten. Ich kann nur das Erleben schildern, das ich beim Lesen hatte.
    Unaufdringlich und still wie ein warmer Frühlingsregen erzählt der Autor die Geschichte Stoners. Sie hat mich nicht überrollt wie eine Lawine, sondern sich klammheimlich in mein Herz geschlichen.


    Man könnte geneigt sein, vom Scheitern des Mannes William Stoner zu sprechen, von der Vergeudung eines Lebens, doch meiner Meinung nach trifft das nicht zu. Es ist ein Leben, wie nahezu jeder es hat: banal und wichtig zugleich, traurig und erfüllt, Stoner wurde geliebt, er hat selbst geliebt, aber er wurde auch gehasst. Er hat Trost in seiner Arbeit gefunden. Er konnte lesen, lernen, lehren und schreiben. Er hatte Freunde. All das macht ein Leben reich und gehört genauso dazu wie die schlechten Erfahrungen, denn auch sie prägen einen Menschen. William Stoner hatte Möglichkeiten, von denen er manche nutzte und andere wieder nicht.


    Der Leser, mit dem nötigen Abstand dazu, ist geneigt zu denken, „ach, Stoner, hättest du doch nur…!“, doch wenn man ehrlich ist, wer hat im eigenen Leben schon diesen Abstand? Treffen wir nicht alle gute und schlechte Entscheidungen? Gerade das hat mich so elektrisiert: Man kann kein Leben leben, das ausschließlich nur positiv ist, ebenso wenig wie es den Tag ohne Nacht gibt. Auch Stoner kommt zu dieser Erkenntnis, als er sich am Ende seines Lebens fragt:


    "Was hast du denn erwartet?, dachte er."


    Das ist meiner Meinung nach die Kernaussage, die hinter diesem Roman steht, die hinter jedem Leben steht. „Stoner“ erzählt vom Sinn des Lebens ohne dies ein einziges Mal auszusprechen.


    Ein Buch, das anregt sich Gedanken zu machen: Über das Leben, das Glück, die Liebe und über sich selbst. „Stoner“ ist ein Samenkorn: Pflanzt es in eure Köpfe und Herzen und seht, was daraus entsteht. Es lohnt sich.


    10 von 10 Eulenpunkten

  • Der junge William Stoner soll an die Universität gehen, um mit reichhaltigem Wissen über Agrarwissenschaften den Hof seiner Eltern zu retten. Doch das Pflichtseminar über englische Literatur nimmt ihn so sehr ein, dass er sich zu einem Wechsel des Studienganges entscheidet. Und dieser Wechsel wird sein gesamtes Leben beeinflussen.


    "Stoner" galt viele Jahre als Geheimtipp und feiert nun durch eine Neuauflage seinen Siegeszug um die Welt. Ich war zu Beginn skeptisch, ob das Werk von John Williams meinen hohen Erwartungen standhalten kann. Und es konnte!


    Die Lebensgeschichte des William Stoner ist weder besonders herausragend noch irgendwie sensationshaschend oder aufsehenerregend. Es ist das Leben eines einfachen Mannes, der das Lehren zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und dennoch ist der Roman, trotz der auf den ersten Blick fehlenden Spannung, wundervoll und anmutig geschrieben.


    John Williams erzählt die Geschichte seiner Hauptfigur leise, mit Bedacht und doch mit so viel Kraft, dass ich mich kaum davon loseisen konnte. Seine poetischen Einwürfe wirken natürlich und nicht überhöht oder gekünstelt, wie es heute oft der Fall ist. Die Poesie liegt in kleinen Sätzen und ist für jeden verständlich. Und ich glaube, genau das macht den Charme dieses Werkes aus.


    Fazit: ein tolles und berührendes Buch, das mich beeindruckt hat. Eine klare Leseempfehlung.

  • Ich muss es wahrscheinlich erst ganz gelesen haben, um euren Gesamteindruck zu teilen und um das Buch zu verstehen, denn bis jetzt fühle ich mich mit der Figur Stoner nicht wohl.


    Das liegt ganz sicher an dem unbeteiligten Blick des Erzählers auf die Handlung. Es ist, als würde man auf ein Schachbrett blicken, auf dem unbelebte Figuren hin und her geschoben werden. Man erfährt so gut wie nichts über die Gedankenwelt von Stoner, es gibt fast nur indirekte Rede und die "freundliche Hoffnugslosigkeit" ist für mich noch nicht spürbar freundlich... :-)


    Nach euren Rezis habe ich aber Hoffnung, dass es mich letztlich auch überzeugen wird... :wave

  • Nach so viel Lob über die „Neuentdeckung“ des Jahres war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Es wird als „zutiefst menschlich“ beschrieben und von vielen als persönliches Jahreshighlight genannt, wenn man sie danach fragt. Mir wird es vor allem als zutiefst deprimierend und trostlos in Erinnerung bleiben.


    Stoner, der Sohn eines mehr oder minder einfachen (und sehr wortarmen) Farmer- Ehepaares, entdeckt seine Leidenschaft für Literatur und findet seine Heimat in der Universität Missouri, wo er Zeit seines Lebens lehren wird. Er heiratet jung und lebt fortan mit einer psychisch schwer gestörten Ehefrau und seiner Tochter Grace in einem kleinen Haus in der Nähe der Universität. Es ist ein ganz normales kleines unbedeutendes Leben, so scheint es, doch es ist ein Leben ohne jegliche Hoffnung, ohne Heiterkeit oder Lichtblicke. Allen Figuren fehlt eine gewisse Lebendigkeit des Geistes und selbst die Begeisterung Stoners für seine Literatur wirkt allenfalls durch seine Taten, nicht aber durch seine Rede, überzeugend, denn für Worte ist kaum Platz in diesem traurigen Roman.


    Für Willy Stoner scheint in seinem Leben nur einen winzigen Augenblick die Sonne, doch auch dieser Augenblick wird ihm sofort von Missgunst und Neid (und dem Autor) wieder zerstört. Es ist, als sei der Umstand, dass sein Protagonist tatsächlich Freude und Liebe empfunden haben mag, dem Autor sehr schnell unbehaglich geworden.
    Ich bin sehr schwer in die Handlung hinein gekommen. Das lag vor allem an dem unbeteiligten Erzählstil und an der großen Distanz, die zu dem Leser gehalten wird. Wörtliche Rede wird nur sehr spärlich eingesetzt und so hat man oft das Gefühl, dass Stoner und die Personen in seinem Umfeld sehr sprachlos durchs Leben gehen. Mir kam es häufig vor, als würde der Autor leblose Figuren auf einem Schachbrett hin- und herschieben.
    Nach den längeren Startproblemen wurde ich zwar immer noch nicht warm mit der Handlung und den Figuren, doch die Schilderung der Intrigen an der Universität und das abstrakte Verhalten von Stoners Frau ließen mich das Buch nicht aus der Hand legen.


    Es ist erschreckend, wie wehrlos Stoner seinem Umfeld entgegentritt. Nur ein einziges Mal lehnt er sich auf, ansonsten erduldet er beinahe alles, was ihm Kollegen, Studenten und seine grässliche Ehefrau bieten. Er zeigt nicht einmal die Kraft, sich gegen Konventionen zu stemmen, als sich ihm die Chance auf ein anderes, glücklicheres und erfülltes Leben bietet. Er scheint sich wohl zu fühlen in der Trostlosigkeit.


    Zusammengefasst kann ich sagen, dass ich beim Lesen viele Emotionen empfunden habe. Ich war wütend auf Stoner wegen des stoischen Hinnehmens seiner unglücklichen Lebensumstände, die er durch seine Tatenlosigkeit selbst verschuldet, ja selbst geschaffen hat. Ich war fasziniert von der Beschreibung der psychisch schwer gestörten Ehefrau und ich war interessiert an den Intrigen eines bestimmten Kollegen, gegen den sich Stoner natürlich jahrelang nicht wehrt. Diese Klaglosigkeit, das kampflose Ergeben eines veränderbaren Unglücks haben mich beim Lesen gequält.
    Ein Buch, das soviele Emotionen beim Lesen weckt, kann kein schlechtes Buch sein, aber es ist definitiv eines, das ich nicht gerne gelesen habe und das mir noch lange als das „Depri-Highlight 2013“ in Erinnerung bleiben wird.

  • An diesem Roman kommt man in den letzten zwei, drei Monaten nicht vorbei. In jeder Buchhandlung steht ein grosser Stapel Bücher unübersehbar direkt im Eingangsbereich, in Online-Blogs wird er häufig rezensiert und bei Amazon taucht er verdächtig oft bei "Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch…" auf und selbst in Literatur TV-Sendungen wird er besprochen. Die Werbeabteilung des Verlags scheint gute Arbeit gemacht zu haben und nach Büchereulerich Voltaires Rezi musste ich dieses Buch dann auch haben und ich habs geschafft es noch im alten Jahr zu lesen.


    Auf einer ländlichen Farm aufgewachsen ist es William Stoners Bestimmung, das Erbe seiner Eltern anzutreten, den kleinen landwirtschaftlichen Betrieb dereinst zu übernehmen und die bäuerliche Arbeit fortzuführen. Damit ihm dies besser gelingt als seinen Eltern soll er ein Studium in Agrarwissenschaft absolvieren damit ihm das erworben Wissen hilft zukünftig die Erträge zu steigern. Im Umfeld der Universität eingelebt sind es die Bücher, die Gedichte, die Lyrik die Faszination über ihn erlangen und er verlagert den Schwerpunkt seines Studiums hin zu diesem Bereich. Das Schicksal hat die Literatur zu seinem Lebensmittelpunkt erkoren und diese sollte ihn während seines gesamten Lebens intensiv begleiten.


    Es ist eine eigenartige Geschichte die in diesem Roman erzählt wird. Nach rund einem Drittel ist schon vieles Geschehen, die Handlung weit fortgeschritten und der Lebensweg von William Stoner hat sich zementiert. In einer unglücklichen Ehe gefangen bringt auch das Kind nicht die erhoffte Besserung und da er zum Lehrer in der Uni aufsteigt bleibt er von der Einberufung in die Armee für den 1. Weltkrieg verschont. Nach diesem ersten Drittel hab ich mich gefragt ob der Autor sein Pulver schon früh verschossen hat und was er uns Lesern nun noch erzählen will?


    Das zweite Drittel ist von seinem eher gleichförmigen Leben als Dozent geprägt und seine Prinzipien lassen ihn mehrfach anecken. Sturheit und eine Portion Gleichgültigkeit lassen keine Veränderungen im Leben zu. Sowohl beruflich wie auch in privaten scheint er mir nicht glücklich aber er geht unbeirrt seinen monotonen Weg. Es fällt auf, dass hier die Handlungsabschnitte bis ins letzte Detail erzählt sind. Und dann tritt eine junge Frau in Stoners Leben und die Leidenschaft flackert für eine kurze Zeit auf.


    Im letzten Drittel zieht das Tempo merklich an und plötzlich ziehen die Jahre im Schnellzugstempo dahin. Wurde vorher penibel genau alles auserzählt werden Ereignisse mal kurz abgehandelt und die Handlung vorwärtsgetrieben. Es schien mir als wolle der Autor rasch zum Schluss kommen und dem Roman ein Ende setzen.


    William Stoners Leben ist nicht wirklich eine Erzählung Wert und dennoch hat das Buch einen Reiz dem man sich nicht so recht entziehen kann. Es ist die Sprache, der Stil der viele Leser gefangen nimmt. Es gibt mindestens zwanzig Passagen die es Wert wären hier zitiert zu werden. Ansichten zum Leben, zur Liebe und zur Literatur. Immer wenn sich etwas Langeweile oder inhaltliche Banalität breit macht reisst die Sprache es wieder heraus und zieht den Leser mit.


    In Anbetracht aller Dinge kein Buch das es für mich in die Top 3 Bücher des Jahres schafft aber es reicht gerade so knapp für die Top 10. Meine Wertung: 8 Eulenpunkte.

  • Zitat

    Original von sapperlot
    An diesem Roman kommt man in den letzten zwei, drei Monaten nicht vorbei. In jeder Buchhandlung steht ein grosser Stapel Bücher unübersehbar direkt im Eingangsbereich...


    Nun, diesen Posten hat mittlerweile der Herr Fitzek mit 'Noah' übernommen :lache zumindest in den (auch sehr großen) Buchläden, in denen ich die letzten 14 Tage war.


    Voltaire Danke für die tolle Rezi, 'Stoner' is direkt auf meine WL gewandert. (Versuche grade, mich ein wenig beim Bücherkaufen zurückzuhalten. Wie eigentlich immer zu Beginn eines neuen Jahres.... :rolleyes )

  • Ich hatte mich vorallem wegen der vielen guten Rezensionen unheimlich auf dieses Buch gefreut, stürzte mich in die Seiten, wollte versinken, mich bezaubern lassen, wollte fasziniert werden und wurde die ersten 100 Seiten nur gelangweilt.


    Mir ging Stoner nicht nahe, er berührte mich nicht, immer auf der Suche nach der Begeisterung, die dieses Buch in so vielen Lesern offenbar ausgelöst hat, las ich weiter, fand Ausreden nicht weiter zu lesen, tat in den letzten Tagen tausend Dinge lieber, als zu lesen, wie es mit Stoners Leben weiterging. Ich mußte mir anhören, die Tiefe dieses Buches offenbar nicht zu begreifen, für solche Literatur nicht geschaffen oder vielleicht auch nicht in der Stimmung zu sein.
    Das mag sein, vielleicht begreife ich dieses Buch nicht, vielleicht ist es aber auch einfach nur hochgelobert Durchschnitt.
    Ein wenig mehr konnte mich das Buch dann fesseln, als Stoners Frau Edith sich zur Nervensäge entwickelt, da hatte ich dann wenigstens jemanden den ich doof finden konnte, was sich von der vorherigen Belanglosigkeit des Textes durchaus wohltuend abhob. Edith war es auch, die mich bei der Stange hielt und dafür sorgte, daß ich das Buch nicht genervt und gelangweilt zuschlug, immer wieder lauerte ich auf ihre neuen Marotten, ihre Gemeinheiten und weiteres.


    Ja, Williams kann durchaus Schreiben, sein Stil ist vielschichtig, er läßt die Figuren und ihre Emotionen sehr klar erscheinen, umreisst eine Geschichte der Traurigkeit und des Scheiterns, die mich eigentlich berühren müßte, was ihr jedoch nicht gelingt, da mir die geschaffenen Figuren einfach nicht nahe gingen. Kurz erfaßte mich Begeisterung, als Stoners Geliebte das Feld betritt, um bald wieder abzuflachen, als sie das Feld ohne Höhepunkte wieder räumt.
    Hier und da schafft der Autor es durchaus lohnenswerte und schöne sowie wichtige und wahre Sätze zu formulieren, auf weiten Strecken ließ er mich als Leserin allerdings unbefriedigt zurück.


    Kurz, ich verstehe die Begeisterung, die mancher empfand, kann sie jedoch nicht teilen und bleibe ernüchtert am Ende meines Kampfes mit der Erzählung zurück mit der Frage, ob ich nicht Besseres mit meiner Zeit hätte anfangen können...

  • Einen Gruß und einen Dank an Voltaire für diesen Vorschlag im Lieblingsbuch-Leseevent II.


    Viele Grüße und viele Dankeschöns möchte ich an dieser Stelle Saiya aussprechen, die mir ihr Exemplar ausgeliehen hat.


    Stoner ist ein besonderes, ein anspruchsvolles Buch.
    Er scheint vermeintlich schwach, aber er zeigt sich stark, wenn er es muss, sei es in Bezug auf seine Zukunft, später im Job oder zu Hause in der Familie.


    In den Entwicklungen der Figuren zeichnet sich der Wandel der damaligen Zeit ab; schubweise Entwicklungen, welche meist in den kleinen Pausen des Luft- und sich voneinander Erholens der Eheleute geradezu explodieren. Jedoch führen diese Entwicklungen zu nichts: Am Ende haben die Menschen nichts gewonnen – aber auch nichts verloren.


    Während man Stoners Geschichte, das Leben selbst mit seinen Höhen und Tiefen, verfolgt, hat man das Gefühl, man altert mit ihm. Nicht immer angenehm :/


    Das Buch beginnt mit Stoners Geburt und


    Punktabzug gibt es von mir hinsichtlich einiger Längen, desweiteren, weil einige Figuren [SIZE=7]so kleine[/SIZE] Rollen hatten und dafür zu deutlicher Zeichnung, andere, wichtigere Figuren dafür seltsam blass blieben. Vielleicht/vermutlich war das vom Autor aber auch so beabsichtigt.


    8 Punkte für ein gutes Buch.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Ein Buch wie das Leben. Nein, mehr als das: Ein fantastisches Buch, ein Jahrhundertwerk! Wer es liest, wird brutal in die Absurdität des Lebens geprügelt: Bonjour Tristesse! Auf Seite 227 kommt der Protagonist zur Einsicht: „Letzten Endes war alles … sinnlos und vergeblich und gerann zu einem unabänderlichen Nichts.“


    Und doch ist alles nicht nichts, denn der Sinn des Lebens ist das Menschliche, allzu Menschliche, das der Autor so einzigartig beschreibt. Dabei gelingen ihm geniale Sätze, die man immer wieder lesen muss.


    Als im letzten Kapitel das zwölfseitige Sterben beginnt, stellt Stoner Fragen, die wir uns alle irgendwann einmal stellen werden: War mein Leben sinnlos? Was habe ich alles falschgemacht? Was bleibt von mir? Er stirbt und das, was von ihm übrigbleibt, entgleitet seinen Händen. Damit hat der Autor sein eigenes Schicksal vorweggenommen: Sein famoser Roman, vor knapp 50 Jahren veröffentlicht, machte den Autor 20 Jahre nach seinem Tod zum Superstar. Was Besseres hätte ihm kaum passieren können.


    Ein Buch, das ich gewiss noch mehrmals wiederlesen werde.

  • Ich habe das Buch aufgrund Herrn Beisswengers wärmster Empfehlung gelesen und war in der ersten Hälfte recht zwiegespalten. Man muss es wohl dem Buch zugute halten, welche Zeit es beschreibt,. Solche Ehe-Chroniken finden sich in älterer Literatur sehr oft, ich habe einige davon bei Julian Symons gelesen (der seine bekanntesten Romane in den 60ern und 70ern schrieb), auch bei anderen Autoren, und fast immer aus der Perspektive des frustrierten Ehemannes. Mir fällt es inzwischen schwer, so etwas zu lesen. Man sollte einfach nicht einen Menschen heiraten, den man nicht kennt. Letztlich vollzieht sich Stoners Brautwerbung kaum anders wie in E.T.A. Hoffmanns Sandmann, wo die Braut auch nie etwas anderes sagt als "Ach, ach" und der entflammte Liebeswerber hält das für geistreich.


    Die zweite Hälfte des Romans fand ich weit interessanter, und das auch noch mit steigender Tendenz. Einmal gibt es herrliche Szenen im Zusammenhang mit Stoners Berufsalltag (der Höhepunkt ist die Debatte um seine Emeritierung, bei der er und sein Erzfeind ausschließlich per "sag ihm, dass ..." über eine dritte Person sprechen - das hat ähnliches Kasperpontential wie der Tatort Münster). Die Entwicklungen von Stoners Ehefrau und Tochter sind, obwohl sehr sparsam geschildert, ungemein fesselnd. Und schließlich die letzten Seiten - eine ähnlich eindringliche Schiilderung des Sterbeprozesses habe ich bisher nur bei Tolstoi (Iwan Iljitsch) gefunden, und ich frage mich, woher ein Autor das Wissen nimmt, so etwas so genau zu erzählen.


    Auf jeden Fall ein Buch, das ich ein zweites Mal lesen werde, wahrscheinlich noch in diesem Jahr.


    Dank an Beissi für die Empfehlung!
    Grüße von Zefira