Abbey Road Murder Song - William Shaw

  • Suhrkamp Verlag, 2013


    Originaltitel: A Song from Dead Lips
    Aus dem Englischen von Conny Lösch


    Kurzbeschreibung:
    Swinging London – die Stadt ist ein einziges Beatles-Album: bunt, laut und fröhlich. Miniröcke beherrschen die Bürgersteige, Mini Cooper die Straßen. Die ganze Welt scheint nur noch aus Musik und Mode zu bestehen. Doch der Spaß ist nicht endlos: Unweit des Abbey Road Studios wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Auf der Suche nach ihrem Mörder lernen Detective Breen und seine Kollegin Tozer Londons düstere Kehrseite kennen.


    Über den Autor:
    William Shaw wurde im englischen Newton Abbot geboren und begann seine Karriere als Journalist bei der Punk-Zeitschrift "ZigZag". Inzwischen schreibt er für Zeitungen wie "The Observer" und "The New York Times" über Themen zwischen Pop- und Subkultur. "Abbey Road Murder Song" ist sein erster Roman. Der Autor lebt in Brighton.


    Mein Eindruck:
    Ein Polizeithriller, der 1968 in London angesiedelt ist, verspricht schon einmal viel originelles. Tatsächlich entsteht ein nachvollziehbares Zeitportrait mit all der Popmusik, den Generationskonflikten und politischen Einflüssen.


    Wie dem Klappentext zu entnehmen ist, handelt es sich bei Abbey Road Murder Song um den ersten Teil einer Reihe um die Ermittler Breen und Tozer.
    Eigentlich habe ich nicht unbedingt einen starken Serien-Charakter des Romans bemerkt, aber die Hauptfiguren bieten tatsächlich so viel, dass es schade wäre, wenn sie nur für ein Buch genutzt werden.
    Da ist Detektive Paddy Breen. Er ist kein abgebrühter Ermittler, sondern empfindsam und ein nachdenklicher Typ. Er allein trägt schon den Roman, aber mit der jungen forschen Helen Tozer wird ihm eine Kollegin zur Seite gestellt, die auch bei dem Fund einer Leiche genau hinsieht.
    Beide schleppen auch noch was aus ihrer Vergangenheit mit sich herum. Breens Vater ist vor ein paar Monaten gestorben, bei Tozer ist es die jüngere Schwester, die ermordet wurde.


    Der Roman ist bei Suhrkamp als Taschenbuch erschienen. Klar, dass dieser Verlag Wert auf literarische Qualitäten legt.
    William Shaw schreibt sorgfältig, aber sein Stil ist unbeschwert.
    Er erinnert mich an Benjamin Black, aber keineswegs so düster. Einmal kam mir auch eine Assoziation an Volker Kutscher und Tony Black.
    Aber genug der Vergleiche, den William Shaw ist ein eigenständiger Autor, dazu ein origineller mit einem neuen Sound.


    Da es sich um einen Kriminalroman handelt, kann ich aus Spoilergründen nichts zur Handlung sagen. Dabei gäbe es zu vielen Details viel zu sagen. Der Roman hat eine Vielzahl interessanter Aspekte.

  • Der Klappentext verspricht Einblicke ins Swinging London der 60iger Jahre. Die Gesellschaft ist im Umbruch. Junge Leute laufen in Hippiekleidung durch die Straßen, hören Popmusik und leben einen neuen Lebensstil während andere immer noch dem klassischen britischem Verhaltenskodex verhaftet sind. Helen Tozer, die junge Polizistin, die versucht, in der rauen männlichen Polizeiwelt ihren Mann zu stehen, verkörpert diesen neuen Typus. Cathal Breen ist erst anfang 30, aber er ist noch ganz in der engen Bürgerlichkeit der Welt seines Vaters verwurzelt.


    Das Buch beginnt mit dem Auffinden einer Leiche. Breen taucht auf und mit ihm alle seine Probleme, die er so am Arbeitsplatz hat. Er gehört nicht wirklich zu den "Jungs" auf dem Revier. Zu allem übel kommt nun auch eine Frau in die Abteilung und soll ihm dabei helfen, den Mord aufzuklären. Dabei dürfen Frauen noch nicht einmal Dienstautos fahren. Die Leiche wurde in der Nähe der Abbey Road gefunden, genau dort, wo die Beatles immer mal wieder ihre Alben aufnehmen. Und schon bald stellen Tozer und Breen Vermutungen an, ob die junge Tote, deren Identität noch keiner kennt, vielleicht zu den dort immer mal wieder campierenden Mädchen gehört.


    Leider wird der recht vielversprechend beginnende Krimiplot schnell von politischen Dingen abgelöst. In Zeiten vor der DNA-Analyse und akribischen Spurensicherung tappte die Polizei oft mühsam umher und gab sich schnell mit dem einfachsten Ergebnis zufrieden. Auch hier stoßen Tozer und Breen eher zufällig auf die weiteren Verwicklungen in dem Fall und schließlich auf den wahren Täter.


    Mir hat die Entwicklung hin zu einem politischen Thema nicht besonders gefallen. Es werden viele Themen angerissen. Dabei ist der Autor eigentlich besonders gut, wenn er Lokalkolorit und Denkweise dieser Zeit beschreibt. Aber er packt zu viel hinein, bleibt deswegen meist nur an der Oberfläche. Auf mich machte es den Eindruck, das ihn das politische Thema viel mehr interessierte und das er mit dem Einbau der Beatles nur Leser ködern wollte. Auch hat mir Spannung gefehlt. Schon nach wenigen Seiten breitet sich ein leichtes Phlegma aus, die Handlung wird ein bisschen wirr und die Verwicklung der Personen untereinander erscheint mir zu gewollt. Gestört hat mich auch, das der andere Fall, an dem Breen arbeitet und der gelegentlich auftaucht, dann doch ungelöst zurückbleibt. Da Tozer und Breen (zu meiner Verwunderung nach der Aussage Tozers am Ende) in Serie gehen sollen, wird der Autor vielleicht noch einmal darauf zurückkommen.


    Ich bin nicht wirklich glücklich mit diesem Buch. Zeitkolorit und Einblicke in das gesellschaftliche Leben und die Umbruchstimmung sind gut eingefangen. Als Krimi hat das Buch für mich aber nicht funktioniert.

  • 1968 erschien "Das weiße Album" der Beatles. Vor den EMI-Studios an der Abbey Road harren jugendliche Fans ihrer Idole. Als in einer Straße an der Rückseite der Studios ein sehr junges Mädchen tot aufgefunden wird, liegt der Gedanke nahe, dass auch sie zur Szene der Beatles-Fans gehören könnte. Sergant Breen von der Metropolitan Police hat gerade einen schweren Stand gegenüber seinen Kollegen, als er mit den Ermittlungen beauftragt wird. Sein Chef kann Breen nicht leiden und zu allem Überfluss ist dem CID (Criminal Investigation Department) mit Helen Tozer ein weiblicher Trainee zugeteilt worden. In Breens Abteilung ist bisher die Sekretärin die einzige Frau. Die älteren Kollegen beharren darauf, dass Frauen keinen Polizeidienst leisten können; und offenbar verbieten die Vorschriften Polizistinnen sogar das Steuern eines Polizeiautos. In einer Abteilung mit offen vertretenen sexistischen Ansichten ist Breen offenbar der einzige Kollege, der den Vorteil für die Ermittlungen sehen kann, wenn eine junge Kollegin 17-jährige Zeuginnen vernimmt. Da auch Tage nach dem Leichenfund keine junge Frau vermisst gemeldet wird, ziehen sich die Ermittlungen zunächst hin, ehe der Fall mehrere überraschende Wendungen nimmt.


    Das London der 60er Jahre liegt dem Autor, der umfangreich über Themen der Pop- und Subkultur geschrieben hat, deutlich am Herzen. Einer Krimihandlung dagegen tun Details nicht gut, die der Autor aus purer Freude an der Vermittlung seines umfangreichen Wissen einbaut und die für den eigentlichen Fall unerheblich sind. Angesichts einer solchen Faktenschwemme hat man leicht den Eindruck, dass der Autor seine Leser für schwer von Begriff hält. Dass alte schwarze Telefone aus Bakelit waren, versteht man schon bei der ersten Erwähnung. Ob es einen interessiert oder nicht, in beiden Fällen muss die Wiederholung wirklich nicht sein. Ähnlich ging es mir mit Szenen, die die sexistische Einstellung der Zeit verdeutlichen sollten. Nach der ersten drastischen Szene war klar, dass Breens Kollegen Frauen allenfalls zum Kaffeekochen akzeptieren und ein großes Hemmnis bei der Integration der Kollegin Tozer in der Abteilung eine andere Frau sein wird. Eine Beschränkung auf eine Szene wäre wirkungsvoller gewesen als der aufdringliche Unterton "Habt Ihr es endlich alle mitgekriegt, Polizisten waren damals rassistisch und sexistisch!". Parallel zu den Ermittlungen beschäftigt Breen und seine Abteilung die wichtige Frage nach der Zukunft der Polizei, falls sich die Moralvorstellungen weiter so rasant wie in den 60ern ändern sollten. Kollege Carmichael meint dazu, dass es Zeit wird, sich beim Drogendezernat zu bewerben, im Sittendezernat würde sicher niemand mehr Karriere machen können. Ebenfalls interessant für mich war die Überlegung, wie stark die persönliche Betroffenheit eines Polizisten seine Dienstfähigkeit einschränken könnte, wenn derjenige als Angehöriger selbst von einer Gewalttat betroffen ist.


    Spannend fand ich William Shaws Krimi wegen der og. Wiederholungen nicht. Die Schauplätze in London, Devon und Cornwall und auch die Beziehung innerhalb des Ermittler-Duos Tozer und Breen haben jedoch meine Neugier auf die Fortsetzung der geplanten Reihe geweckt.


    7 von 10 Punkten

  • Der Titel hat mich etwas in die irre geführt. Zwar sind kurze Berühungspunkte zum berühmten Studio und zu den Beatles gegeben. Ein Mord im Umfeld der Studios führt einen neuen Ermittler ein. Viele geographische Bezugspunkte zu London und seinen Stadtteilen machen Spaß das Buch zu lesen. Ab und zu werden auch kleine Berührungspunkte zu den vier Pilzköpfen aufgebaut, z.B. zu ihren veröffentlichten LPs, oder bei der Erwähnung einiger Wohnhäuser in London. Aber um die Beatles geht es dann nicht. Es werden politsche Hintergründer dieser Zeit immer mehr in den Mittelpunkte gerückt.
    Interessant ist die Person des Ermittlers und die Zeit in der dieser Krimi spielt. Ebenso die Rolle weiblicher Ermittler in der Polizei von London.


    Ansonsten würde ich einen weiteren Band zwar einen Chance geben. Ein richtige Highlight war dieser Band noch nicht.
    Das Buch funktioniert für alles Leser, die London lieben. Bei diesen Lesern tauchen bei der ERwähnung der Stadtteile und Straßennamen sicherlich Bilder auf. Für diese Leser ist das Buch sicherlich interssant.
    2 von 5 Punkte.

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  • Ich war bei diesem Buch hin und her gerissen, zwar fand ich es spannend und die Figuren und ihre ungewöhnlichen Charaktere haben mich gereizt und die Geschichte war auch eine der besseren und kreativeren, aber hier und da machten mich die schrecklich hölzernen Dialoge einfach wahnsinnig.
    Ich mochte den Schreibstil, solange der Autor etwas erzählte, sobald er seine Figuren miteinander reden ließ hätte ich das Buch am Liebsten an die Wand geworfen, die Witzchen unter den Beamten kamen schrecklich gestelzt daher, die Frauenfeindlichkeit maßlos übertrieben, fast hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl eine Satire zu lesen und dann wieder kam er mit so passenden kleinen Sätzen um die Ecke, daß ich verzückt war. Ließ seinen Ermittler Dinge fühlen und erleben, die sich einfach richtig und treffend anfühlten, wenn er ihn auch hier und da ein wenig sehr dümmlich daher kommen läßt.


    Leider war ich dann auch noch mit dem Ende nicht wirklich glück und so reicht es bei mir nicht zu mehr, als zu einer mittelmäßigen Bewertung, obwohl das Buch durchaus Tiefe besitzt und mich stellenweise begeistern konnte.

  • Mal wieder ein Tipp meines Buchhändlers. Mir hat das Buch gefallen. Zugegeben ist die Krimihandlung weder besonders spannend noch originell. Interessant sind die beiden ungewöhnlichen Protagonisten und der Rückblick auf eine Zeit, die auf der einen Seite schwungvoll und revolutionär war, auf der anderen Seite aber auch konservativ und reaktionär, wie man es von der "swinging" Hauptstadt London wohl kaum erwartet hätte.

    Den nächsten Band der Reihe habe ich hier schon liegen.