Schreibwettbewerb März/April 2014 - Thema: "Scharf"

  • Thema März 2014:


    "Scharf"


    Vom 01. bis 31. März 2014 - 18:00 Uhr könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb März 2014 zu o.g. Thema per Email an schreibwettbewerb@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 1. April eingestellt. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!



    Achtung: Achtet bitte auf die Änderungen! Annahmeschluß ist ab sofort immer am Monatsletzten um 18:00 Uhr und die e-mail Adresse hat sich wie folgt geändert - schreibwettbewerb@buechereule.de

  • von Marlowe



    Für einen Zehnjährigen ist das Leben schwierig, wenn er sich überall wie ein Fremder vorkommt. Nur sein Zimmer im neuen Haus gab ihm das Gefühl, frei und ohne Probleme zu sein. Es war seine Höhle, die geschlosse Zimmertür sperrte alles aus, eine Art von Glück, die er zwar genießen aber nicht beschreiben konnte.


    Doch die neue Schule war ein Albtraum für Bernd. Alle Schüler in seiner Klasse ignorierten oder hänselten ihn, beides tat aber gleich weh. Wirklich wohl fühlte er sich nur auf dem Nachhauseweg und dann wieder nach der Zwangspause des Mittagessens in seinem Zimmer.


    Schon eine Woche nach der Vorstellung in seiner neuen Klasse war aber auch das vorbei. Einer der Schüler, Manni, der zweimalige Sitzenbleiber, ignorierte ihn nun nicht mehr. Im Gegenteil, er schenkte ihm in der Pause und nach der Schule die größte Aufmerksamkeit. Leider nur als auserkorenes Opfer seiner kranken Vorstellungen von Gewalt, Macht und Schikanen.


    Aus anfänglichen verbalen Angriffen wurden Schubsereien, dann Kniffe in den Armen, heimlichen Faustschläge oder Tritten.


    Manni merkte schnell, dass sein Opfer als einzige Gegenwehr nur die Flucht kannte, aber er war größer, schneller und kannte sich besser aus. Das merkte Bernd, als er nach einigen Tagen statt sofort nach Hause zu laufen sich zunächst in der Toilette versteckte. Manni fand ihn innerhalb von Minuten, hielt Bernd eine leere Spritze vor die Nase und drohte ihn damit zu stechen, wenn er ihm nicht die Schuhe küsste.


    Als Bernd die Abkürzung durch einen kleinen Birkenwald am Rande des Schulhofes zur Straße entdeckte, die ihm wertvolle Minuten schenkte, fühlte er sich in Sicherheit. Zwei Tage schaffte er es ohne weitere Demütigungen. Dann lauerte Manni ihn mitten im Wäldchen auf, doch nun hatte er ein Springmesser in der Hand. Nach mehreren Tagen der Unterwerfung fragte Bernd seinen Vater, einen kampferprobten Weltkriegsveteran, was er machen würde, wenn ihn jemand bedrohen würde. Nach einem langen wie gewohnt selbstgefälligen Monolog über Heldentaten war das Endergebnis die Erkenntnis, jeder Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen und wenn dies nicht möglich war, sich zu wehren aber mit dem Willen den Gegner zumindest töten zu wollen.


    Für einen streng katholisch erzogenen Zehnjährigen war das die Absolution vor der Tat. Auf dem Weg zur Schule fand er einen Stein, der gut seiner Hand lag. Wie der Faustkeil eines Neandertalers, rund in der Handfläche, abgeflacht an der Außenseite. Die Schulstunden verbrachte er damit, den Stein in seiner Hosentasche möglichst oft festzuhalten.


    Auf dem Nachhauseweg war es wie immer. Manni war da, schnitzte mit dem scharfen Messer an einem Ast und zeigte auf den Boden. Bernd sah ihn an, tat so, als wolle er sich hinknien, zog die Hand aus der Hosentasche und schlug mit aller Kraft den Stein mitten in Mannis Gesicht. Das Blut spritzte, Manni schrie und Bernd lief so schnell er konnte nach Hause.


    Später , als die Polizei wieder weg war, fragte ihn sein Vater, warum er nicht weggelaufen wäre. Bernd zuckte die Schultern und erwiderte nur, er hasse Abkürzungen. Irgendwie schien seinem Vater das zu gefallen.

  • von Booklooker



    Ob ihr es glaubt oder nicht, in meinem Umkreis bin ich als "scharfes Mädchen" verschrien. Nein, nicht was ihr denkt, ich esse gern scharf, sehr scharf.


    Begonnen hat alles mit dem genialsten Chili Con Carne der Welt. Wer es kocht? Ich jedenfalls nicht. So gern ich auch scharf esse, ich kann leider keine Habanero zubereiten. Da tränen mir die Augen, ich huste und fluche und jammere. Also muss der Herr des Hauses ran. Und der kann das richtig gut.


    Er brät dafür Rinderhack an und fügt Zwiebeln, nicht zu wenig Knoblauch und köstliche Habaneros dazu. Das sind die kleinen roten Chilis, die aussehen wie kleine Paprika. Sie sind zwar scharf, aber trotzdem geben sie einen fruchtigen Geschmack ab. Wir haben davon immer mehrere im Gefrierfach. Man kann ja nie wissen. Dann gibt er Tomatenmark dazu und rührt das ganze kräftig durch. Tomaten sind was feines, daher mischt er sie auch noch dazu. Aber die leckeren Pizzatomaten bitteschön. Damit sie nicht so groß sind, zerstößt er sie mit dem Kochlöffel. Manch einer wird sagen, dass man dann auch direkt die gestückelten Tomaten nehmen könnte, aber nein, die gehören nicht in das Rezept. Da ist er eigen.


    Ja, was passiert jetzt? Es ist ja noch nicht gewürzt, also streut er noch etwas Salz, Pfeffer, Paprikapulver und Kreuzkümmel hinein und rührt das Ganze wieder um. Dann geht der Herr an seinen PC und spielt eine Runde seines aktuellen Spiels und kommt genau zum richtigen Zeitpunkt wieder zum Herd zurück. Nämlich genau dann, wenn die halbe Stunde vorbei ist, die die Hackmischung kochen soll. Anschließend bittet er seine treue Ehefrau ihm die mit Mais und Kidneybohnen gefüllten Dosen zu öffnen und abzuschütten. Vorher muss sie aber noch die rote Paprika klein schneiden.


    Nachdem er mehrmals genascht hat - er nennt es abschmecken - wirft er Mais, Kidneybohnen und die Paprika in den Topf und wärmt das Gemüse in dem nun fast fertigen Chili auf. Aber halt, da fehlt noch was: Ach ja, richtig, er hat das nachwürzen dann doch nicht vergessen. Noch einmal genascht, pardon, abgeschmeckt und dann kann das köstliche Gericht den Topf verlassen und auf den Teller wandern. Einen guten Tipp hat er noch: Etwas Creme fraîche schmeckt ganz köstlich dazu.

  • von Inkslinger



    „Jetzt schaut euch dieses Chaos an!“, ruft Inspector Miller und macht eine allumfassende Geste.
    Die Wohnung ist eine typische Junggesellenbude. Staub, dreckiges Geschirr und meterhohe Wäscheberge stapeln sich in jeder Ecke. Ich habe schon Schlimmeres gesehen, schließlich habe ich einen kleinen Bruder. Doch meines Wissens nach hatte der nie eine Leiche auf seinem Sofa.


    Die Sonne scheint durch das streifige Fenster und fällt in staubigen Strahlen auf den leblosen Arm. Miller geht auf den Gerichtsmediziner zu, der gerade über dem Opfer hockt und die Schnittwunden in der Brust untersucht.


    „Und, was können Sie mir über den Toten sagen?“
    Dr. Monroe schaut auf.
    „Das Opfer ist ein 22-jähriger Mann, multiple Schnittverletzungen und Einstichstellen im Oberkörper. Todesursache war jedoch ein Schlag in den Nacken, der ihm das Genick gebrochen hat. Todeszeitpunkt vor etwa zwei bis drei Stunden. Alles Weitere nach der Obduktion.“


    Obwohl ich dieser Tätigkeit schon mehrere Jahre nachgehe, habe ich so was Brutales schon lange nicht mehr gesehen. Man stumpft mit der Zeit ab, aber ganz spurlos geht es nicht an einem vorbei. Dass Menschen zu so etwas fähig sind, kann man nie wirklich begreifen.


    Mein Blick schweift ab und bleibt am Regal über dem Kamin haften. Dort stehen viele Fotos mit dem Jungen, seinen Freunden und der Familie. Anscheinend war er sehr beliebt gewesen, doch nicht so geliebt, wie er wohl gedacht hatte.


    Es ist schon dunkel als ich mit Inspector Miller aufs Revier fahre. Seine Augenbrauen sehen aus wie zwei dicke Raupen, die versuchen, sich gegenseitig vom Ast zu schubsen. Diesen Gesichtsausdruck hat er immer, wenn ein Fall ihn sehr beschäftigt. Ich überlege, ob ich ihm meine Gedanken zu dem Geschehenen mitteilen soll, entscheide mich aber dagegen. Er würde mir sowieso nicht zuhören.


    Einige Zeit danach sind wir am nächsten Tatort. Der Zwillingsbruder des ersten Opfers wurde auf genauso brutale Art getötet. Hatte es dort eine Verwechslung gegeben? Welcher Bruder sollte eigentlich sterben? Oder versuchte jemand, die ganze Familie auszulöschen?


    Später an dem Tag ruft der Gerichtsmediziner Inspector Miller zu sich in die Leichenhalle.
    „Ich habe etwas Merkwürdiges beim zweiten Opfer gefunden.“, erklärt er und zieht das Tuch vom aufgebahrten Körper.
    Er macht einen Schritt zurück und zeigt auf den Bauch der Leiche. Miller geht näher heran und betrachtet die Stelle. Plötzlich reißt er die Augen auf und hält den Atem an.
    „Oh mein Gott!“, ruft er. „Er hat keinen Bauchnabel!“


    Gerade, als ich an den Körper ranzoome, kommt meine Mutter rein.
    „Was soll das denn schon wieder?“, schreit sie mich an und reißt mir die Fernbedienung aus der Hand.
    „Du sollst dir nicht immer diesen Schrott ansehen! Das ist nichts für eine Zwölfjährige!“
    Sie macht den Fernseher aus und ich stöhne. Jede Woche die selbe Leier! Wie immer versuche ich, sie mit Logik zu überzeugen.
    „Tatsache ist, dass ich mich sehr fürs Kriminalisieren interessiere. Entweder, du lässt mir meine Serie in HD+, oder ich werde kriminell. Such es dir aus.“
    Natürlich entscheidet sie sich ständig für HD - bis zur nächsten Woche.

  • von Fay



    Es war als würde sich die Hölle einen Weg durch meinen Körper bahnen. Meine Lippen und meine Zunge waren wie betäubt. In meiner Kehle brannte der Schmerz in solcher Heftigkeit, dass es mir den Atem nahm. Mein Blick war in der nächsten Sekunde verschleiert, so dass ich von meiner Umgebung gar nichts mehr wahrnahm. Tränen rannten über meine Wangen, aber auch das war mir in diesem Moment egal. Wasser, irgendwie musste ich dieses Brennen, dass sich bis in meinen Magen fortsetzte beenden. Ich griff nach dem nächst gelegen Glas und erwischte etwas, dass den Schmerz nur noch verstärkte Was war das? Brandy?


    Dabei hatte der Abend so perfekt angefangen. Ich stellte es schon mit dem Blick in das Fenster fest. Die Haare waren zu einem Knoten hochgesteckt. Das schwarze Etuikleid war jeden Cent wert und die Schminke betonte mein schönes Gesicht in einer dezenten Art, ohne es künstlich wirken zu lassen. Heute stand ein wichtiges Geschäftsessen an und ich war aufgeregt, war es doch das erstes in meinem neuen Job. Bevor ich das Nobelrestaurant betrat, ließ ich meine Brille in die Handtasche gleiten.


    Nach und nach trafen die Verhandlungspartner ein, die ich alle freundlich begrüßte. Als das Essen bestellt werden sollte, stellte ich fest, dass ich die Karte nicht entziffern konnte. Dem Kellner zeigte ich einfach etwas, dass sich in der Mitte der Karte befand.


    Offensichtlich hatte ich die richtige Wahl getroffen, denn auf meinem Tell befand sich ein saftiges Steak mit Soße und Kroketten.


    Und dann das. Ich hustete und spuckte das widerliche Zeug in hohen Bogen über den Tisch und griff gierig nach der Karaffe. Ich konnte nicht erst warten, bis ich ein Glas zu greifen bekam, der Schmerz war einfach zu übermächtig. Trink oder stirb schrie es in meinem Inneren. Es wurde nicht besser, aber um vieles erträglicher. Man reichte mir eine Serviette und jetzt nahm ich auch den Tumult um mich herum war. Kellner waren gerannt gekommen. Der Kunde, der mir gegenüber gesessen hatte, tupfte sich sein Gesicht. Alles sah mich erschrocken an. Oh, mein Gott. Was hatte ich getan? Kurzerhand stürzte ich in Richtung Bad davon. Mein Spiegelbild grinste mir wie eine hässliche Fratze entgegen. Schien mich zur verhöhnen. Schwarze Wimperntusche zierte meine Wangen. Mein ganzes Gesicht, war puterrot und schweißglänzend und sah aus, als würde ich unter einem Schlangenbiss leiden.


    Wie sollte ich mich da draußen je wieder blicken lassen? Vermutlich war das Geschäft schon geplatzt bevor es besprochen wurde. Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder ich hatte genug Schneid um die Situation zu meistern oder aber ich würde einfach zur Hintertür verschwinden.
    Ich entschied mich für meinen Fauxpas grade zu stehen. Wusch mein Gesicht, richtete meine Kleidung und setzte meine Brille auf.


    Anschließend ging ich zum Tisch zurück, wo mich fünf amüsiert blickende Männer mit je einem Glas Wasser begrüßten. Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, aber es war ausgerechnet der Kunde, der daraufhin seine Brille aus der Jackettasche zog und mir gestand, dass ihm ähnliches auch schon passiert wäre.