Per Leo - Flut und Boden

  • Titel: Flut und Boden
    Autor: Per Leo
    Verlag: Klett-Cotta
    Erschienen: Februar 2014
    Seitenzahl: 348
    ISBN-10: 3608980172
    ISBN-13: 978-3608980172
    Preis: 21.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    In einer persönlichen Krise stürzt sich der angehende Historiker Per in die Erforschung der Vergangenheit seines Großvaters Friedrich. Aber erst als er Friedrich dessen vergeistigten Bruder Martin an die Seite stellt, gewinnt er ein tatsächliches Bild vom Glanz und Niedergang seiner Familie. In dem ihm immer fremd gebliebenen Nazi-Opa entdeckt er einen rebellischen jungen Mann, der uns viel näher ist, als uns lieb sein kann. Seine Liebe jedoch gilt dem Großonkel Martin.


    Der Autor:
    Per Leo, geboren 1972 in Erlangen, studierte in Freiburg und Berlin Philosophie, Neue und Neuste Geschichte und Slawistik. Er lebt und arbeitet in Berlin als freier Autor und Schatullenproduzent.


    Meine Meinung:
    Wir sind uns irgendwie fremd geblieben – dieser Roman und ich. Es war allenfalls eine Vernunftlese-Ehe, eine Liebesheirat mit diesem Buch war es ganz gewiss nicht. Es war ein Roman der mich an keiner Stelle auch nur ansatzweise gepackt hat. Da mögen andere ihn als „herausragendes literarisches Debüt“ bezeichnen – ich schliesse mich diesem Urteil in jedem Falle nicht an.
    Das Feuilleton kriegte sich zwar kaum wieder ein – aber das war wohl auch nicht anders zu erwarten. So sind halt die Familiengeschichten über den Nazi-Opa immer noch in den Augen der Berufsrezensenten lesenswert und entfachen bei diesen wahre Begeisterungsstürme. Muss wohl so sein.
    Dabei ging mir Sprache ziemlich schnell auf die Nerven. Irgendwie verschrurbelt und verdreht. Hätte man auch anders machen können.
    Und so bleibt eine leise Enttäuschung zurück, war ich doch sehr gespannt auf dieses Buch – eben weil es überall wie doof gefeiert wurde. Nur werde ich nicht mitfeiern. Das Buch wird es überstehen, der Autor und der Verlag sowieso. Es ist eben eines dieser Bücher aus denen ich nichts mitnehme, die mir nicht sehr lange im Gedächtnis bleiben, eine Buch bei welchem ich den Hype der da abgezogen wird, nicht begreifen kann. Natürlich auch möglich, dass ich die sprachliche Schönheit und alles andere auch eben nicht verstanden habe. Das mir das vermeintlich Geniale dieses Buches verschlossen geblieben ist. Aber ich muss mich ja auch nicht literaturwissenschaftlich – als naive Leser darf ich eben so reden wir mir der Schnabel gewachsen ist.
    Für magere 6 Eulenpunkte hat es gereicht – anderenorts wird man vielleicht sagen, 10 Punkte würden nicht ausreichen. Egal wie – das Buch ist durch mein ganz persönliches Raster gefallen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für die Vorstellung. Habe das Buch bereits auf der Liste, vielleicht sollte ich doch vor der Entscheidung noch mal reinlesen.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Flut und Boden - Per Leo


    Mein Eindruck:
    Dieses Buch interessierte mich aus verschiedenen Gründen
    Zum Beispiel besonders wegen dem Schauplatz Bremen-Vegesack mit seiner Weserstraße und dem damaligen Bremer Vulkan, der mir persönlich gut bekannt war.
    Aber auch, weil es eine mit außergewöhnlichen Mitteln erzählte Familiengeschichte ist. Mehr als 100 Jahre umfassen die zeitlich oft wechselnden Abschnitte.


    Das strikt autobiographische ist ein entscheidendes Element. Per Leo schreibt nicht nur über sich und seinen Großvater Friedrich, der Nazi war. Auch Martin, der Bruder von Friedrich, ist eine wichtige Figur als Gegenpart, der später in die DDR leben wird.
    Das Leben von Leos Vater und dessen Geschwister wird ebenfalls betrachtet.


    Auch gelungen: die häufig vorkommenden essayistischen Einschübe, wie z.B. die Passagen über Ludwig Klages, über Schifffahrt oder Religion.
    Es ist also kein konventionell erzählter Roman.


    Per Leo geht den schmalen Grat zwischen Leichtigkeit und Schwere, bei der mancher Leser links oder rechts abspringen wird, aber mich konnte das Buch überwiegend überzeugen. 8 Punkte sind angemessen.

  • Ich bin gerade mittendrin in diesem Roman. Besonders schwierig fand ich es, den Überblick über diese große Familie zu behalten. Das hat mich am Anfang arg verwirrt.
    Schließlich habe ich nochmal angefangen und mir einen Stammbaum gezeichnet. So werfe ich die Generationen nicht mehr durcheinander und es liest sich deutlich besser.

  • Nach langem Zögern habe ich das Buch nun doch gelesen. Kann mich leider dem Fazit von Voltaire im großen und ganzen anschließen - es ist ein Buch, bei dem mir von Anfang bis Ende nicht klar wurde, was genau der Autor eigentlich erzählen will. Er springt sowohl thematisch als auch zeitlich kreuz und quer, während die "Geschichte" am Ende recht banal bleibt.


    Habe für das Buch leider nur 4 Eulenpunkte über.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Meine Meinung:
    Irritiert hat mich zunächst an diesem Buch, dass es meiner Meinung nach gar kein klassischer Familienroman ist, sondern eher einzelne Aspekte einer Familienhistorie verknüpft werden mit verschiedenen Themen. Alle haben irgendwie auch mit der Familie Leo zu tun, könnten aber auch für sich alleine stehen.

    Ich fand das Buch sehr interessant, aber es ist kein Buch zum Weglesen, denn nach jedem „Essay“ musste ich das Buch weglegen und erst einmal nachdenken oder oft habe ich diese Betrachtungen noch ein zweites Mal gelesen.

    Das zentrale Thema dieses Buches ist die Frage: Wie konnte das passieren? Wie können sich zwei Brüder so unterschiedlich entwickeln, dass der eine, Martin, ein Anhänger Goethes wird, ein Feingeist, ein Anthroposoph. Der andere Bruder, Friedrich, wird ein ganz hochrangiger SS-Offizier, der Klassifizierungen nach „Arier“ und „Nicht-Arier“ vornimmt, was durchaus ein Todesurteil sein konnte.

    Die Frage, wie sich der Nationalsozialismus in Deutschland durchsetzen konnte, ist eine extrem wichtige Frage, die nicht in Vergessenheit geraten darf. Deswegen finde ich dieses Buch wichtig.

    Per Leo nähert sich seinem Großvater Friedrich aus verschiedenen Blickwinkeln. Dabei wird er kaum persönlich, sondern stellt dessen Biographie in einen geschichtlichen oder wissenschaftlichen Zusammenhang. Er reflektiert über Dampfschiffe, Graphologie, Religion, DDR u.a., verknüpft diese Themen immer mit der Familiengeschichte und mit der oben genannten Frage.

    Leider schreibt er manchmal zu kompliziert bzw. verzettelt sich, so dass ich manchmal den Faden verloren habe.

    Kein einfaches Buch, aber ein kluges.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin