Ein unmögliches Leben - Andrew Sean Greer

  • Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
    Verlag: S. FISCHER; Auflage: 1 (24. April 2014)
    ISBN-13: 978-3100278272
    Originaltitel: The Impossible Lives of Greta Wells
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.99
    Preis Kindle E-BooK: Euro 17.99


    Autor


    Andrew Sean Greer wurde schon mit Nabokov und Proust verglichen, dabei gehört seine Stimme zu den eigenständigsten der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Mit seinem Roman "Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli" gelang ihm ein internationaler Bestseller und Kritikererfolg, seine "Geschichte einer Ehe" wurde zum Publikumsliebling. Auf Deutsch liegt außerdem Greers erster Roman "Die Nacht des Lichts" vor. Der Autor lebt in San Francisco.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Das Unmögliche passiert uns allen ein Mal – Greta Wells widerfährt es gleich mehrmals: Sie wird durch die Zeit katapultiert, in alternative Versionen ihres Lebens, die sich 1918, 1941, 1985 zutragen. Überall trifft sie ihre Lieben wieder, den Zwillingsbruder, den Geliebten, die exzentrische Tante Ruth, aber jede Zeit kennt andere Träume und andere Tode, und jede Zeit macht Greta zu einer anderen. Welche dieser Frauen will sie sein?


    Andrew Sean Greer erzählt wie kein anderer vom rätselhaften Reichtum unserer Existenz. Ein unvergesslicher Roman, gefühlvoll und atmosphärisch, über unsere Möglichkeiten und was wir daraus machen, denn "wir sind so viel mehr, als wir meinen".


    Meine Meinung


    Von Andrew Sean Greer habe ich bisher "Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli" gelesen und Greer mag offensichtlich einen Stoff, der die Logik des Denkens und die unveränderliche Normalität des Zeitablaufs auf den Kopf stellt. Beim Max Tivoli Roman kommt ein Mensch als alter Mann auf die Welt und wird von Jahr zu Jahr jünger und in diesem Roman kann oder darf eine Frau in verschiedenen Zeitebenen hin und her pendeln. Das der Autor die Dame Greta Wells tauft lässt erahnen, dass er offen auf den grossen Schriftsteller H.G. Wells uns seinen phantastischen Roman "Die Zeitmaschine" Bezug nimmt.


    Ich mag Geschichten die sich mit dem Zeitreisen befassen und bin immer wieder gespannt, wie Schriftsteller diese der kritischen Leserschaft einigermassen logisch zu erklären versuchen. Andrew Sean Greer bemüht sich gar nicht erst ein grosses technisches Brimborium zu erschaffen sondern schickt Greta Wells, die in einer tiefen depressiven Lebensphase steckt, mittels Elektrokonvulsionstherapie (durch Strom künstlich herbeigeführter Gehirnkrampf, gibts tatsächlich ... :wow ) auf eine Art narkotisierte Gedankenreise. Auf der Zeitachse bewegt sie sich im realen hier und jetzt 1985 und reist zurück in die imaginären Jahre 1941 und 1918. Weitere Erklärungen scheint der Autor für überflüssig zu halten und auch die Protagonistin Greta hinterfragt die sinnwidrigen Zeitsprünge nicht weiter.


    Die Handlung ist in New York angesiedelt und in Gretas fiktiven Zeiten ist sie von verwandten und bekannten Menschen umgeben. Ihr homosexueller Zwillingsbruder Felix, der im Jahr 1985 an Aids verstorben ist lebt in den beiden anderen Abschnitten aber muss seine sexuellen Neigungen zu Alan verstecken. Er lebt zwar, aber ist es ein erfüllendes Leben? Ihr Mann Nathan, der 1985 eine aussereheliche Affäre hat und sie schlussendlich verlässt, ist in den beiden anderen Dekaden mit dem Krieg und Liebschaften verstrickt. Doch auch Greta hat plötzlich eine amouröse Tändelei ... Die spannendste Person neben Felix fand ich Tante Ruth, die mehr oder weniger sich selbst bleibt und Greta immer wieder gedanklich (heraus-) fordert.


    Die Jahre 1918 und 1941 sind nicht zufällig gewählt, beides sind prägende Phasen der Veränderung. Im einen Jahr wird der 1. Weltkrieg beendet und es herrscht Freude über die heimkehrenden Soldaten und eine Aufbruchsstimmung schwappt über das Land und im anderen tritt Amerika, infolge des Pearl Harbor Angriffs der Japaner, erneut in einen folgenschweren Weltkrieg ein.


    Greer schreibt auf seine unverwechselbar sanfte Art über über Menschen in einer Lebenskrise. Mir ist der sehr sensible und warmherzige Grundton seines Erzählens rasch etwas zu rührselig geworden, aber ich kann auch nicht verhehlen, dass ich mich in dieser Geschichte irgendwie wohl gefühlt habe. Stilistisch eine kleine Flucht aus dem hektischen Alltag auf eine gefühlte Insel der inneren Ruhe. Ich glaube zu erkennen, dass die sentimentale Ausdrucksart den hie und da fehlenden Tiefgang etwas kaschiert. Vielleicht hätte der Autor etwas mehr als 334 Seiten schreiben sollen um der Sehnsucht nach Liebe und dem Verlust von geliebten Personen auf den Grund zu gehen und um insgesamt mehr Substanz in die Geschichte zu bringen. Vielleicht irre ich mich auch in diesem Kritikpunkt, kann sein.


    Ein "Was wäre wenn ... " Roman bei der die Hauptfigur zum Gespenst ihrer eigenen Geschichten wird. Ist es wirklich so ungewöhnlich die Konturen des eigenen Lebens zu behalten und diese in Form von Tagträumen in einer anderen Zeitepoche zu sehen? Wir sind doch immer derselbe Mensch aber würde in einer anderen Ära mit dem gleichen Personenumfeld das Leben tatsächlich anders verlaufen? Wertung: 7 Eulenpunkte.


    Edit: Unvollständiger Satz beendet :wow