Donald Ray Pollock - Knockemstiff

  • Titel: Knockemstiff
    Autor: Donald Ray Pollock
    Übersetzt aus dem Amerikanischen von: Peter Torberg
    Verlag: Heyne Hardcore
    Erschienen als Taschenbuch: Februar 2015
    Seitenzahl: 255
    ISBN-10: 3453676785
    ISBN-13: 978-3453676787
    Preis: 9.99 EUR


    Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meinte lapidar zu diesem Buch: „Knockemstiff haut einem glatt aus den Schuhen.“
    Und irgendwie passt dieses Urteil in Aussage und Stil zu diesem Buch.


    Knockemstiff ist ein trostloses Nest im US-Bundesstaat Ohio – und man könnte meinen, hier hätten sich die ewigen Verlierer, die Ausgestossenen, die Außenseiter, die Gescheiterten und wie sich dieses ganze Gedöns sonst noch so nennt angesiedelt und sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen und dabei vollgedröhnt vor sich hinzudämmern.


    Menschen die grundsätzlich falsche Lebensentscheidungen treffen, die meinen, wenn sie mal 20 Dollar in der Tasche haben, dann würden sie auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Menschen die selbst beim Scheitern noch weiter nach unten rutschen, obwohl sie bereits auf der untersten Stufe angekommen waren.


    Dieses alles hat Donald Ray Pollock meisterhaft in Szene gesetzt. Seine Sprache ist hart, unsentimental und auch teilweise voller Verachtung. Seine handelnden Personen wirken nicht so, als seien sie ihm ans Herz gewachsen – vielmehr könnte man meinen, so wie er sie schildert, wären sie ein ganz persönliches literarisches Krebsgeschwür.
    Meisterhaft diese Art des Ausdruck, meisterhaft dieser Schreibstil.


    Mitgefühl und Mitleid scheinen Pollock fremd zu sein. Sollen sie doch sehen wie sie klarkommen; er jedenfalls hat offensichtlich nicht die Absicht, sie (die handelnden Personen) aus ihrem Dreck, aus ihrer Tritesse herauszuschreiben. Sie haben sich in diese Situationen manövriert und müssen nun eben sehen wo sie bleiben.


    In einzelnen Episoden schildert Pollock das Leben in diesem nach Niederlagen stinkenden Nest. Einige Personen begegnen dem Leser mehrfach, andere tauchen auf und verschwinden dann auf Nimmerwiedersehen. Ihre Namen hat meist schon vergessen, bevor man sie überhaupt gelesen hat.


    Ein großartiges Buch, kein Buch für Samariter oder Mitleidsapostel. Ein Buch so schonungslos wie die Realität eben auch ist. Hart, brutal aber nicht voyeuristisch. Sehr lesenswert, dieses Buch. 8 Eulenpunkte für ein Buch der Hoffnungslosigkeit, das alles macht, aber den Hoffnungsschimmer am Horizont längst in das Reich des Unmöglichen verbannt hat.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • In einem Monat, im Juli 2016, erscheint Pollocks neuer Roman "Die himmlische Tafel" und das ist für mich der Grund, endlich seinen Debütroman aus dem Jahr 2008 zu lesen. Eigentlich ist es kein Roman im herkömmlichen Sinne sondern mehrere Kurzgeschichten die als Dreh- und Angelpunkt den Ort Knockemstiff, der im US Bundesstaat Ohio liegt, haben und lose miteinander verbunden sind.


    Der Schriftsteller Donald Ray Pollock ist eine starke Stimme aus dem Sub-Genre des amerikanischen Country Noir. Er erzählt pechschwarze Geschichten aus der verarmten Gesellschaftsschicht in Amerika. Von Menschen die durch alle sozialen Netze, die in diesem erzkapitalistischen Land eh kaum vorhanden sind, gefallen sind und denen anscheinend ein Grossteil an humanen Verhalten abhanden gekommen ist. Alkohol, Drogen, Gewalt und Inzest sind in diesem archaischen Fleckchen Erde, an dem sich Recht und Ordnung anscheinend auf nimmer wiedersehen verabschiedet haben, an der Tagesordnung. Zumindest pickt der Autor genau diese Elendsgeschichten heraus und erzählt sie in diesem Buch und hält der zivilisierten Gesellschaft einen Spiegel vor von Menschen, die alles verloren haben und nach ihren eigenen Regeln leben.


    Als Leser will man weg von diesem hoffnungslosen Ort namens Knockemstiff aber man ist so gebannt vom klebrigen Inhalt, dass man die episodenhaften Kurzgeschichten bin zum Schluss liest. Es ist wie bei einem Unglücksfall, man hält inne, schaut gebannt hin obwohl man weiss, dass man eigentlich seines Weges gehen soll. Diese Anziehungskraft ist unter anderem dem verdichteten Erzählstil geschuldet. Reduziert auf das Wesentliche aber voller emotionaler Wucht. Der Autor piesackt die Leser mit seinem vernichtenden Psychogramm über Land und Leute einer anscheinend gottverlassenen Kleinstadt bis diese nach Transzendenz und Erlösung vom morbiden Pessimismus dieses Buches lechzen. Es ist dreckige Literatur voller kaputter Figuren die sich zielgerichtet auf den Abgrund bewegen aber verrückter Weise und trotz aller verstörender Düsternis dennoch sehr lesenswert. Auf seine ganz spezielle Art und Weise. Und wohl nur für Leser geeignet, die Country Noir Romane mögen. Wertung: 8 Eulenpunkte