208 Seiten
1957 Boje Verlag
Kurzbeschreibung:
Das Buch handelt von Dori Maurizius, die wohlbehütet im italienischen Südtirol aufwächst. Bald nach dem Tod ihres Vaters ziehen Dori und ihre Mutter zu Verwandten nach Schuls im Unterengadin und müssen alles Vertraute hinter sich lassen. Dort trifft Dori zum ersten Mal auf die große Familie ihrer Mutter, in deren Kreis sich nun ihr neues Leben abspielt. Als der wohlhabende Vetter Niki Sami um ihre Hand anhält, muss Dori eine Entscheidung treffen.
Über die Autorin:
Johanna Spyri (1829-1901) wurde im Kanton Zürich geboren. Die Schweizer Schriftstellerin verfasste viel Erzählungen und Romane für Kinder und Jugendliche. Ihre Figur der Heidi wurde weltberühmt.
Mein Eindruck:
Von Johanna Spyri gab es bisher noch keine Rezension hier im Forum, was mich überraschte. Die Schweizer Autorin ist vor allen für ein Werk bekannt, aber sie hat noch mehr geschrieben, z.B. Dori, ein Buch, das auch als “Was soll denn aus ihr werden? oder Was soll aus Dori werden?” betitelt ist.
Dori ist erstmals 1887 erschienen.
Der Roman beginnt mit einem ganz hohen Ton, in dem geschildert wird, wie das Kind Dori mit ihren Eltern in Einfachheit und Abgeschiedenheit im italienischen Südtirol aufwächst.
Eine kurze Textpassage soll den Stil verdeutlichen:
Textauszug:
ZitatDie Kastanienbäume am Monte rosso, dessen bewaldete Höhe weithin auf die blauen Fluten des Laggo Maggiore niederschaut, waren neu belaubt und geheimnisvoll flüsterten alle die Blätter oben in den Wipfeln, die der leichte Morgenwind durchzog. Am Höhenzug drüben über dem Flusse, wo hoch oben die weißen Dörfchen leuchteten, jedes von seiner weit ausschauenden Kirche überragt, fingen die Glocken, eine nach der anderen, in melodischer Weise zu läuten an.....
Es ist eine paradiesische Zeit für Dori, wenn sie zusammen mit ihrem Vater, der Maler ist, in der schönen Umgebung herumzieht. Die musische, künstlerische Tätigkeit prägt Dori.
Eine wichtige Passage ist, wie sie eine junge todkranke Frau und deren ältlichen Vater trifft. Eine Begegnung, die für Dori viel später noch eine wichtige Bedeutung haben wird.
Für Dori und ihre Mutter endet die schöne Zeit abrupt, als der Vater plötzlich stirbt. Sie müssen in die alte Heimat zu Doris konservativen Großeltern ziehen
Im Mittelteil ist der Roman weniger poetisch, da es in der neuen Umgebung strenger und kühler zugeht. Dori soll sogar einen reichen Mann heiraten, mit dem sie nichts verbindet.
Es steht die Frage im Mittelpunkt, ob sie sich dem Druck der Familie, dem auch die schwache Mutter nichts entgegen setzen kann, erwehren kann.
Dori will sich nicht fügen.
Dafür das Johanna Spyri als konservativ gilt, wird die innere Unabhängigkeit Doris doch als hohe Wertigkeit dargestellt.
Am Ende drängt es Spyri sehr zu heiler Welt, was etwas zu viel für mich war, womit ich mich aber bei einem so alten Buch abfinden kann.
Ein gut lesbares Buch für mich, auch wenn manche den altmodischen Stil des Romans heutzutage vermutlich nicht schätzen können.
Bemerkenswert sind auch die ungewöhnlich gezeichneten Illustration von Lilo Rasch Nägele (1914-1978), die Doris Persönlichkeit unterstreichen.