Elke Seidel: Die Katze, die ihr Glück sucht. Der vierte Fritzi Kullerkopf Roman, Norderstedt 2014, BoD Books on Demand, ISBN 978-3738603439, Softcover, 212 Seiten, Format: 16,9 x 1,7 x 22,1 cm, Buch: EUR 9,90, Kindle Edition: EUR 5,49.
Katzendame Fritzi lebt zusammen mit Kater Rüdiger bei Elke, die beim Frankfurter Flughafen arbeitet. Fritzi ist ein bisschen wie ihr Frauchen: rothaarig, umtriebig, gesellig und an der Welt und ihren Mitgeschöpfen interessiert. Kater Rüdiger ist eher der phlegmatische Typ. Er will seine gewohnte Umgebung, regelmäßige Mahlzeiten und ansonsten seine Ruhe. Veränderungen, neue Erfahrungen oder gar Abenteuer können ihm gestohlen bleiben. Das stört Fritzi. Manchmal wünscht sie sich, ihr Partner wäre ein wenig temperamentvoller, intelligenter und aufgeschlossener. Und sie lässt ihn ihre Überlegenheit spüren.
Als Fritzi für alle überraschend Mutter von vier Kitten wird, gerät ihre Beziehung zu Rüdiger in eine Krise. Wie manch anderer Vater fühlt er sich vernachlässigt und kann mit seinen Kindern überhaupt nichts anfangen. Fritzi wiederum ist frustriert, weil sie die Kinderaufzucht ganz alleine stemmen muss und von ihm keine Unterstützung erfährt. Es ist ja nicht so einfach, vier quirlige und neugierige Kätzchen großzuziehen. Die Kleinen bringen sich durch ihren naiven Leichtsinn in die aberwitzigsten und gefährlichsten Situationen. Zudem fällt die Erziehungszeit mit einem Umzug in ein provisorisches Notquartier zusammen, weil es in Elkes frisch renovierter Wohnung einen Wasserschaden gegeben hat. Jetzt haust die ganze Familie ganz ungemütlich zwischen Kisten und Kasten. Das macht Rüdiger noch griesgrämiger als sonst und die Stimmung nicht besser.
Irgendwann sind die Kinder groß und ziehen zu neuen „Dosenöffnern“, aber Rüdiger schmollt und grantelt noch immer. Wenn Elke einen Ausflug macht oder Freunde besucht und die Katzen mitnehmen möchte, ist meist nur Fritzi mit von der Partie. Rüdi hat keinen Bock.
An Elkes zweibeinigen Freunden hat die Katzendame kein großes Interesse, es sei denn, sie lassen ein paar Leckerlis springen. Sie ist fasziniert von den Lebensgeschichten anderer Tiere. Ob Kater Anis aus dem Senegal, Pharao Seppel aus Ägypten, Nachbar Yves aus dem Elsass oder die Schweizer Katzendamen Frau Erich und Déesse –alle werden gründlich ausgefragt. Die besten Geschichten schreibt eben immer noch das Leben. Da können die Spielfilme in der Glotze nicht mithalten. Nur von Gastkatzen ist Fritzi genauso genervt wie Rüdiger. Liegt es nur daran, dass die Besucher ins Revier der beiden eindringen, oder sind die Gäste wirklich ausnahmslos Nervensägen?
Und dann wird Rüdiger ernsthaft krank. Weil er ja sowieso ständig jammert, nimmt Fritzi das zunächst nicht so ernst. Erst als er in die Tierklinik muss und Elke ohne ihn wiederkommt, macht sie sich große Sorgen. Ob er wohl lange dort bleiben muss? Ob er sich fürchtet? Sie traut sich kaum mehr aus dem Haus, aus Angst, seine Rückkehr zu verpassen.
„Man muss nicht mega-intelligent oder hochbegabt sein und um die Ecke denken können, um mit sich und seiner Umwelt zufrieden zu sein. Wenn man, wie er, ein bisschen schlicht im Oberstübchen ist und nicht alles in Frage stellt (…), ist man möglicherweise zufriedener. (…) Ich hätte mir, als Rüdiger und ich noch zusammen lebten, öfter die Frage stellen sollen: Will ich lieber Harmonie und Frieden haben oder will ich Recht behalten.“ (Seite 205/206)
Fritzi kommt zu dem Schluss, dass ohne ihren Rüdiger alles nichts ist. Wenn er nicht freiwillig nach Hause kommt, wird sie ihn holen und dafür sorgen, dass ihre Beziehung wieder ins Lot kommt.
Nach all den amüsanten Erlebnissen mit den Katzenkindern, den spannenden Reisen und Ausflügen, witzigen Alltags-Katastrophen und komischen „Ehestreitigkeiten“ des Katzenpaares ist es herzergreifend, wie Fritzi ihren Partner vermisst und die Schuld für sein Fernbleiben bei sich selbst sucht. Sie fragt sich allen Ernstes, ob er bei ihr geblieben wäre, wenn sie sich dümmer gestellt hätte als sie ist! Ach, denkt man, jetzt sagt doch endlich einer dem armen Mädchen, was mit ihrem Lebensgefährten geschehen ist! Fritzis Selbstvorwürfe wären wohl dieselben – eigene Versäumnisse und Verfehlungen erkennt man oft erst, wenn es zum Korrigieren zu spät ist -, aber sie hätte wenigstens endlich Gewissheit.
DIE KATZE, DIE IHR GLÜCK SUCHT hat jetzt keinen klassischen Spannungsbogen wie zum Beispiel ein Krimi. Es ist das, was Fritzi selbst immer wieder beschreibt: die erzählerische Umsetzung ihrer tagebuchartigen Notizen. Sie berichtet, was sie erlebt, sie reflektiert und philosophiert. Und so sind eben manche Episoden witzig, andere aufregend wieder andere tragisch – wie das Leben.
Fritzi und Rüdiger sind/waren im realen Leben durch ihr Frauchen im Internet gut vernetzt. Einige ihrer (Facebook-) Freunde finden sich auch in ihren Büchern wieder. Und jeder spricht in seiner Mundart – mit Übersetzung. Es sind schon eine Menge Nebenfiguren, aber das macht nichts. Weil Elke, Fritzi und Rüdi reihum mit ihnen Kontakt haben, muss man sich nicht über 200 Seiten hinweg merken können, wer nun wer ist.
Wer die vorigen Fritzi-Bücher kennt, wird vermutlich die farbigen Illustrationen von Rolf Dörge vermissen. Warum dieser Band ohne Bilder auskommen muss, wird an einer Stelle im Roman erklärt. Das ist natürlich schade, denn die Zeichnungen waren immer das Tüpfelchen auf dem i. Aber die Ereignisse sind so bildhaft beschrieben, dass das Buch ganz ohne Illustrationen funktioniert.
Die Autorin
Elke Seidel absolvierte nach ihrem Fachschulabschluss eine Lehre. Anschließend war sie mehrere Jahre in einem Reisebüro beschäftigt, in dem sie auch als Reiseleiterin Touristen durch europäische Hauptstädte und durch den Nahen Osten führte. Anschließend arbeitete sie über 30 Jahre am Frankfurter Flughafen. Elke Seidel wohnt in Frankfurt. Ihre beiden Katzen Fritzi Kullerkopf und deren Freund Rüdiger adoptierte sie vor vielen Jahren in einem Tierheim.