Marcel Proust - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit: Band 3: Die Welt der Guermantes

  • Im dritten Teil der Reihe geht es um den geheimnisvollen Reiz, den die Welt der Guermantes, eines alten Adelgeschlechts, auf den Erzähler ausübt. Aus der Entfernung verliebt er sich in die Herzogin, eine ältere Dame aus höchster Gesellschaft. Schließlich gelingt ihm der heiß ersehnte Zugang zu ihrem Salon.


    Er beobachtet die Personen und ihre Dialoge genau, und so entzaubert sich diese Welt als eine Zusammenkunft von oberflächlichen, langweiligen, überdrehten, dummen, komischen, verlogenen Menschen mit belanglosen Gesprächen, eine Welt, die sich nur um sich selbst dreht.


    Die Einflechtung der Dreyfus-Affaire mit dem aufkommenden Antisemitismus, die Frankreich in zwei Lager spaltet, ergänzt das Bild der französischen Gesellschaft um 1900.


    Auch bei Nebensächlichkeiten läuft Proust zu erzählerischer Hochform auf. Eine bildreiche Sprache und gelungene, wenngleich manchmal weit hergeholte Vergleiche machen kleine Ereignisse oder Beobachtungen interessant, wie z. B. seine Irritationen bei seinem ersten Telefongespräch mit seiner Großmutter, als er zum ersten Mal ihre Stimme hört ohne ihr Gesicht zu sehen.


    Immer wieder war ich begeistert, wie Proust Wahrnehmungen von Landschaften, Bildern, Gebäuden, Gesichtern, die bei anderen Betrachtern nur einen vagen Gesamteindruck hinterlassen, analysiert und einordnet.


    Wie auch für die vorhergehenden Bände muss man sich als Leser Zeit nehmen. Sehr lange Schachtelsätze, bei denen man leicht den Überblick verliert, erfordern höchste Konzentration. Deshalb wollte ich mir jetzt eine längere Pause verordnen, bis ich die Reihe fortsetze. Doch Andeutungen in dem Roman für die Zukunft machen schon wieder Lust auf mehr.


    ASIN/ISBN: 3518456431