Suche altes (Kinder)buch, in dem eingeschneites, altes Ehepaar Besuch bekommt

  • Hi alle!
    Ich habe schon einmal in einem anderen Forum nachgefragt, doch leider hatte ich da keinen Erfolg. Deshalb hoffe ich, dass mir hier jemand helfen kann.


    Meine Mutter hat mir von einem Kinderbuch erzählt, dass sie mir wohl mal vorgelesen hat, als ich noch ein kleiner Pimpf war. Sie erinnert sich leider auch nur noch dunkel an dieses Buch, vermutet aber, dass es eine Weihnachtsgeschichte ist. Was sie auch noch davon weiß, ist folgendes:


    Es handelt von einem alten Ehepaar in Amerika/ Kanada, das in ihrem Haus eingeschneit wird und deshalb nicht mehr das Haus verlassen kann. Mit der Zeit kommen allerdings immer mehr Leute vorbei, die alle bei diesem Ehepaar einkehren. Irgendwann kommt auch noch ein Kuchenhändler oder sowas vorbei und am Ende befinden sich ganz viele Leute dort, die mit dem alten Ehepaar eine tolle Zeit verbringen.


    Kommt diese Geschichte zufällig irgendjemandem bekannt vor? :/ Ich hab schon wie verrückt gegooglet, aber leider überhaupt nichts gefunden.


    Über jegliche Hilfe bin ich unglaublich dankbar.

  • Das hier ist es!


    Pasteten im Schnee


    In einem kleinen alten Bauernhaus weit draußen auf dem Land leben eine kleine alte Frau und ein kleiner alter Mann. Sie wohnen ganz allein in dem Haus mit vielen Hühnern und Küken. Es schneit und schneit, und der Wind heult.
    Da sagt die kleine alte Frau: Es ist schrecklich einsam hier immer nur mit dir und den Hühnerchen. Ich würde so gern Leute einladen, viele Leute, und ein Fest geben.<Der kleine alte Mann sagt: >Aber Frau, was redest du da? Bist du nicht gescheit? Wen willst du denn einladen, wir kennen doch keine Menschenseele. Und wenn wir jemand kennen würden, wer käme wohl zu deinem Fest bei diesem Wind und Schnee?< - Die kleine alte Frau schaut zum Fenster hinaus, und sie sieht, daß es draußen schneit und schneit, und sie hört den Wind heulen.
    Und sie sagt: >Ich würde einen Kuchen backen und Kerzen rundherum stecken, und ich würde einen Spielmann bestellen, der uns aufspielen müßte. Wir würden schmausen und tanzen und scherzen. Ausgelassen wären wir, und leise vergnügt wären wir. Das gäbe ein Fest, sage ich dir!<
    >Frau, sei doch gescheit<, sagt der kleine alte Mann. >Selbst wenn wir Leute kennen würden, und selbst wenn sie durch Wind und Schnee herkämen, wir haben kein Krüstchen und kein Krümchen Kuchen im Haus. Wir haben nicht mal einen Fingerhut voll Mehl, um einen zu backen.< Draußen schneit und schneit es, und der Wind heult. Drinnen macht die kleine alte Frau alle Lichter an, damit es im Haus nicht so einsam aussähe, und sie stellt das Radio an, damit es im Haus nicht so still sei. Im Radio macht ein Mann Reklame für die KM-Bäckerei. Er sagt: >Für Ihre nächste Einladung bestellen Sie bitte die süßen, köstlichen, vorzüglichen, einfach himmlischen KM-Schokoladentörtchen. Und denken Sie daran: Die KM-Bäckerei liefert Ihnen Ihre köstlichen Torten, Pasteten, Napfkuchen, Brote, Zimtbrötchen und Eierwecken direkt ins Haus.
    Also...
    achten Sie auf das
    poch-poch
    poch-poch-poch
    und öffnen Sie schnell, denn
    poch-poch
    poch-poch-poch bedeutet: Der KM-Mann ist da!<
    >Schokoladentörtchen<, seufzt die kleine alte Frau, >Zimtbrötchen, Eierwecken... < Plötzlich bläst der Wind schärfer und schärfer. Er bläst die elektrischen Leitungen herunter, das Radio geht aus, alle Lichter gehen aus, und es wird dunkel in dem kleinen Haus. Da zündet die kleine alte Frau Kerzen an. Sie hat eine Menge Kerzen, und sie zündet sie alle an und stellt sie auf den Tisch. Der Tisch sieht aus wie ein großer Geburtstagskuchen, so viele Kerzen stehen rundherum. >Ich wünschte, es wäre ein Kuchen<, sagt die kleine alte Frau. >Ich wünschte, der Tisch wäre ein großer Kuchen und wir hätten eine Gesellschaft.< >Hör auf Frau<, sagt der kleine alte Mann.>Von Wünschen wird man nicht satt, und von Wünschen hört der Wind nicht auf zu blasen und der Schnee nicht zu schneien.<
    Dann zieht er seine Gummistiefel an und seine Ohrenschützer und seine Fäustlinge. >Wo gehst du hin bei diesem Schnee und Wind?< fragt die kleine alte Frau. >Wir haben dreihundert Küken im Stall. Die hole ich jetzt ins Haus, damit sie's warm haben. Dreihundert piepsende Küken werden dir wohl Gesellschaft genug sein.< >Die Küken<, sagt die kleine alte Frau. >Ja, hol die Küken. Aber Gesellschaft, nein, Gesellschaft ist das nicht.< Und der kleine alte Mann geht zur Hintertür hinaus in den Stall durch den Schnee und den Wind.
    Horch! Da klopft es an der Vordertür - poch-poch! Die kleine alte Frau läuft zur Tür. >Wer könnte das wohl sein<, denkt sie, >in einer solchen Nacht bei dem Schnee und dem Wind.< Sie öffnet die Tür. Da treibt ein Windstoß einen Wirbel von Schnee in die Stube, und draußen steht ein Mann, der sagt: >Mein Wagen ist im Schnee steckengeblieben. Ich hab eine Menge Leute drin. Dürfen wir hereinkommen zu Euch, gute Frau, und uns wärmen, bis der Schneepflug kommt und den Weg räumt ?< >Kommt nur, kommt!< sagt die kleine alte Frau. >Holt die Leute aus dem Wagen und herzlich willkommen.<
    Und sie schaufelt Schnee in einen Topf und setzt ihn auf den Herd, um einen Tee zu machen. Der Mann geht zu seinem Wagen und kommt zurück mit seiner Frau, seiner Mutter und seinen drei Brüdern. Und seine Frau hält einen winzigen Säugling auf dem Arm. Der kleine alte Mann bringt gerade einen Korb voll piepsender Küken herein. Er sagt: >Willkommen, willkommen, macht's Euch bequem. Meine kleine alte Frau hat sich schon so nach Gesellschaft gesehnt.<
    Dann nimmt er eine Kiste und geht wieder zur Hintertür hinaus, um noch mehr Küken zu holen.
    Horch!
    Da klopft es an der Haustür - poch-poch!
    Die kleine alte Frau läuft zur Tür, und da steht ein Mann im Schnee und im Wind mit seiner Frau und ihren Zwillingssöhnen und noch ein anderer Mann mit einem großen Jagdhund. Ihr Wagen ist auch im Schnee steckengeblieben, und sie müssen auf den Schneepflug warten. >Kommt herein<, sagt die kleine alte Frau, >und willkommen. Es ist genug heißer Tee da. Nur zu essen haben wir nichts; kein Krümchen Kuchen und kein Krüstchen Brot.< Als der kleine alte Mann zurückkommt mit der Kiste voll piepsender Küken, sind schon elf Erwachsene, ein Säugling, zwei kleine Buben und ein großer Jagdhund im Haus.
    >Willkommen, willkommen<, sagt der kleine alte Mann. >Meine kleine alte Frau hat sich so nach Gesellschaft gesehnt.< Und dann geht er noch einmal hinaus, um die übrigen Küken zu holen. Draußen schneit und schneit es, und der Wind heult, und die Fremden sind froh, daß sie in der warmen Stube sind. Aber horch! Da klopft schon wieder jemand an die Haustür - poch - poch! Die kleine alte Frau läuft zur Tür, und da stehen wieder Leute. Noch drei Autos sind im Schnee steckengeblieben und müssen auf den Schneepflug warten. >Herein, herein<, sagt die kleine alte Frau, >und willkommen!< Der kleine alte Mann kommt mit einer Kiste voll piepsender Küken durch die Hintertür, und er zählt 27 Erwachsene, 5 Kinder, 2 Säuglinge, 3 Hunde und einen Papagei.
    >Willkommen, willkommen<, sagt der kleine alte Mann. >Meine kleine alte Frau freut sich, daß Gäste da sind.< Horch! Es klopft an die Haustür - poch-poch! Die kleine alte Frau läuft zur Tür, und der kleine alte Mann läuft hinter ihr drein. Da steht ein einziger Mann vor der Tür im Wind und im Schnee. Er sagt: >Es schneit und schneit, und der Wind pfeift, und mein Bus ist im Schnee steckengeblieben. Darf ich bei Euch warten, bis der Schneepflug kommt?<
    >Herein, herein<, sagt die kleine alte Frau, >und willkommen!< Der Autobusfahrer geht zu seinem Bus und kommt zurück mit 42 Erwachsenen, 7 Kindern, 3 Säuglingen, 2 Hunden, einem Kanarienvogel und einem kleinen zahmen Stinktier. >Willkommen<, sagt der kleine alte Mann. >Gut, daß Ihr da seid. Meine kleine alte Frau hat sich schon so nach Gesellschaft gesehnt.< >Wenn doch nur ein Krüstchen Brot oder ein Krümchen Kuchen im Haus wäre<, seufzt die kleine alte Frau.
    >Da - schon wieder!< poch-poch an der Haustür und poch-poch an der Hintertür.
    Die kleine alte Frau läuft an die Haustür, und der kleine alte Mann läuft an die Hintertür. Vor der Haustür steht der Mann mit dem Schneepflug. >Mein Schneepflug ist im Schnee steckengeblieben<, sagt er. Und dann kommt er ins Haus, um auf die anderen Schneepflüge zu warten. An der Hintertür sind noch mehr Leute, die im Schnee steckengeblieben sind. >Herein, herein< und >willkommen<, sagen die kleine alte Frau und der kleine alte Mann. Die ganze Nacht hindurch kommen Leute und klopfen an die Tür. Jetzt sind es zusammen 84 Erwachsene, 17 Kinder, 7 Säuglinge, 6 Hunde, ein Katze, ein Papagei, ein Kanarienvogel und ein kleines zahmes Stinktier. Draußen schneit und schneit es und der Wind heult. Drinnen schreien die Säuglinge, die Hunde kläffen, die Hühnerchen piepsen, die Mütter zanken. >Es ist ein Jammer<, sagt die kleine alte Frau. >Wirklich ein Jammer. So viele Leute und kein Fest. Wenn nur ein Krüstchen Brot oder ein Krümchen Kuchen im Haus wäre, oder ein bißchen Musik.<
    Da horch! Es klopft. Es klopft so besonders -
    poch-poch
    poch-poch-poch
    poch-poch
    poch-poch-poch. Die kleine alte Frau läuft ganz schnell zur Tür. Da steht der KM-Mann. Der Mann von der KM- Bäckerei. Sein Lieferwagen ist im Schnee steckengeblieben, gerade vor ihrer Tür.
    >Nur herein<, sagt die kleine alte Frau, >und willkommen.< Der KM-Mann tritt in die Stube, schaut rundherum in all die vielen Gesichter, und dann sagt er: >Ihr seht ja alle mächtig hungrig aus.< Und die kleine alte Frau sagt: >Es ist kein Krüstchen und kein Krümchen zu essen im Haus, aber wenn Ihr trotzdem hereinkommen und Euch wärmen wollt, so seid Ihr willkommen.<
    Da sagt der KM-Mann: >Wer hilft mir? Wer hilft mir, meinen Lieferwagen ausladen ?< Und dann nimmt er ein paar Kinder mit und ein paar von den großen Männern. Das ist ein richtiger Festzug! Zuerst kommen die Tabletts mit den Brötchen. Rösche, knusprige Brötchen, braun und glänzend; zarte Milchbrötchen, weiß überpudert; Mohnbrötchen, Eierwecken, kleine Brötchen wie Zöpfe geflochten; weiche runde Brötchen, die aussehen wie Kinderpopos. Dann kommen die Zimtschnecken. Einen Duft haben die, wie Frühling. Dann kommt ein ganzer Zug mit Pasteten. Zitronenpasteten, Kirschpasteten, Apfelpasteten, Kokoskrempasteten, Schokoladenpasteten. Dann kommen die Napfkuchen mit rosa Zuckerguß, weißem Zuckerguß, dickem Schokoladenguß. Die kleine alte Frau springt von einem Bein auf das andere und klatscht in die Hände.
    >Ein Fest<, sagt sie, >das wird ein richtiges Fest.< >Na<, sagt der KM-Mann, >wenn das ein Fest werden soll, dann bringe ich gleich noch meine Spezial-Festtags-Schokoladen-Schaumtorte.< Er bringt sie, und die kleine Frau stellt Kerzen rundherum. Ein junger Mann macht lustige Hüte aus Zeitungspapier, und dann schmausen alle nach Herzenslust. Dann holt der Ziehharmonikaspieler seine Ziehharmonika und spielt so lustig, daß keiner stillsitzen kann. Alle stampfen mit den Füßen zur Musik. Sogar die Säuglinge drehen ihre kleinen Patschhände im Takt. Jetzt spielt der Musikant einen Walzer, und der kleine alte Mann faßt seine kleine alte Frau um die Taille und walzt mit ihr dahin, bis beide ganz atemlos sind (was gar nicht lange dauert), und alle klatschen in die Hände und fangen auch zu tanzen an. Der Ziehharmonikaspieler spielt und spielt. Er spielt >Du, du, liegst mir im Herzen<, und er spielt >Zu Lauterbach hab ich mein' Strumpf verlorn<, und er spielt >O du lieber Augustin<. Er kennt hundert Lieder, und er spielt sie alle. Es ist ein Fest, ein richtiges Fest mit Schmausen, Tanzen und Scherzen. Ausgelassen geht es zu, und leise vergnügt geht es zu. Es ist ein großartiges Fest.
    Das Fest dauert bis zum Mittag. Da hört es auf zu schneien und zu stürmen, und der Schneepflug kommt und räumt den Weg. Alle sagen Lebewohl zu der kleinen alten Frau und zu dem kleinen alten Mann, und sie sagen, daß es das schönste Fest ihres Lebens war. Die kleine alte Frau ist zufrieden und glücklich; sie ist müde und schläfrig. Sie legt ihren Kopf auf den Tisch neben eine Kokoskrempastete und schläft fest ein... ... und träumt das ganze Fest noch einmal.



    copyright BEATRICE SCHENK DE REGNIERS




    LG, Bella



    Edith fügt an, dass es den Text auch in verschiedenen Weihnachtsgeschichten-Sammlungen gibt!