Originaltitel: Tratado das Paixões da Alma
Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann
Taschenbuch, Broschur, 432 Seiten
Kurzbeschreibung:
Portugal, Ende der achtziger Jahre. Als ein Bombenleger verhaftet wird, setzt man einen Ermittlungsrichter auf ihn an, der den Mann namens Antunes noch aus der Kindheit kennt. Doch das Verhör zwischen Richter und Angeklagtem läuft aus dem Ruder, bald weiß niemand mehr, wer wem die Fragen stellt.
Über den Autor:
António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in über dreißig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den "Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes", den "Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft" und den Camões-Preis.
Mein Eindruck:
Einen schon etwas älterer Roman von dem portugiesischen Literaturstar Antonio Lobo Antunes habe ich mir vorgenommen. Die Leidenschaften der Seele schrieb Antunes 1990.
Im Mittelpunkt stehen die Gespräche zweier Männer. Ein Ermittlungsrichter und ein Terrorist. Sie kannten sich als Kinder, daher ist das Gespräch nicht nur ein Verhör sondern auch ein Fest der Erinnerungen.
Von außen gibt es auch Druck, schließlich gilt es, einen möglichen weiteren Bombenanschlag zu verhindern.
Antonio Lobo Antunes gilt als sehr düsterer Romancier, sicher zu Recht.
Dass er auch Ironie besitzt, zeigen manche Szenen in diesem Roman, zum Beispiel als sich der Beamte, der die Gespräche des Verhörs protokolliert, beschwert: “Ehrlich gesagt, mein Herr, weiß ich schon gar nicht mehr, wer hier fragt und wer antwortet, das ist ein totales Durcheinander.
Die vermischen alles, bringen alles Durcheinander, vielleicht steigen Sie durch diesen Salat durch.” (Seite 85/86)
Sicher, dieses Gefühl kennt jeder Leser von Antunes Romanen gut.
Antunes lesen ist immer ein Tanz auf dem Drahtseil, bei dem oft der Absturz droht. Aber man kann es auch schaffen.
Es wird gesagt, der Roman hätte eine rasante Schnitttechnik wie ein Film. Das ist sicher zutreffend. Normalerweise bevorzuge ich den elegischen Antunes, aber zu diesem Roman passt es.
In der Mitte gibt es ein paar Überfrachtungen an Erzählstimmen, deren Notwendigkeit mir nicht einleuchten. Das trübte den Lesefluss.
Gediegen ist auch, dass der Protagonist des Romans Antonio Antunes heißt.
Aus großbürgerlicher Familie stammend, als Erwachsener so orientierungslos, dass er zum Täter wird.
Vermutlich stellt Antunes damit gerade seiner Generation ein pessimistisches Zeugnis des Scheiterns aus.
Mit Antunes Figuren hat es der Leser nicht leicht. Es sind keine besonders sympathische Figuren, mit denen man sich identifizieren könnte. Doch Antunes Kunst ist es, sie begreifbar zu machen, indem er ihre Herkunft und ihre Entwicklung zeigt.
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ASIN/ISBN: 3442733863 |