Angelika Klüssendorf las aus April

  • Lesung im Rahmen der 21. Literaturtage Heidelberg
    Datum: 27.06.15


    Mein Eindruck von der Lesung:
    Nachdem das Spiegelzelt soeben von einem gewaltigen Gewitter erschüttert wurde, ist die Luft im Zelt wirklich gut und die Sonne scheint wieder.
    Eine ein wenig durchnässte Autorin beginnt eine intensive Lesung aus ihrem Roman April, der eine Fortsetzung zu “Das Mädchen” ist.
    Das namenlose Mädchen aus dem ersten Teil nennet sich jetzt April. Sie ist 17 und lebt in den siebziger Jahren in der DDR. 1985 stellt sie einen Ausreiseantrag, der bewilligt wird.


    Angelika Klüssendorf liest konzentriert verschiedene Passagen, dabei springt sie in der Handlung so geschickt, dass die Zuhörer schnell in der Geschichte drin sind und man einen guten Eindruck vom Buch bekommt.


    Ihr Stil ist nüchtern und knapp. Kein Wort soll zu viel sein. Das schnörkellose verstärkt die Wirkung des Textes. Bei aller Sachlichkeit ist es nie emotionslos.


    Anschließend gab es ein Gespräch zwischen Autorin und Mitveranstalter Jakob Köllhofer vom Dai. Der hatte sich intensiv mit dem Buch auseinander gesetzt und sie konnten durchaus in die Tiefen gehen. Was Angelika Klüssendorf über das Leben in der DDR erzählt, ist authentisch. Sie weiß, worüber sie schreibt. Es wird auch noch einen dritten Teil geben. Darauf darf man gespannt sein.


    Eine gelungene und interessante Lesung mit Anspruch.
    Den Roman April habe ich mir am selben Abend noch bestellt.




    Kurzbeschreibung vom Buch:
    Die Kindheit ist vorüber, aber erlöst ist das Mädchen deshalb noch lange nicht. Nach ihrem hochgelobten Roman »Das Mädchen« schreibt Angelika Klüssendorf die Geschichte ihrer jungen Heldin fort. Ihr Weg führt aus einer Jugend ohne Jugend in ein eigenes Leben – das den Umständen abgetrotzt werden muss. Am Anfang stehen ein Koffer mit ihren spärlichen Habseligkeiten und ein Zimmer zur Untermiete. Das Mädchen, das sich April nennt – nach dem Song von Deep Purple –, hat die Zeit im Heim hinter sich, die Ausbildung abgebrochen und eine Arbeit als Büro hilfskraft zugewiesen bekommen. Zwi schen alten Freunden und neuen Bekannten versucht sie sich im Leipzig der späten 70er-Jahre zurechtzufinden, stößt dabei oft an ihre eigenen Gren zen und überschreitet lustvoll alle, die ihr gesetzt werden, mit ihrer Ausreise auch die zwischen den beiden Deutschlands. Aber jedem Ausbruch folgt ein Rückfall, jedem Glücks mo ment eine Zerstörung, jedem Rausch die Ernüchterung. Und immer ist da die Frage nach den Kindheitsmustern, der Prägung durch die verantwortungslose Mutter und den alkoholkranken Vater. Angelika Klüssendorf ist ein weiteres Meisterwerk gelungen. Ohne Pathos, nüchtern und souverän erzählt sie von einem Weg aus der scheinbar ausweglosen Vergangenheit – mit psychologischem Feingefühl und klarem Blick für die gesellschaftlichen Zustände. Es entsteht ein Doppeltes: ein erschütternder Adoleszenzroman und ein nüch ternes Porträt der sozialen Zustände im untergegangenen real existierenden Sozialismus – und im West-Berlin der 80er-Jahre.


    Über die Autorin:
    Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte von 1961 bis zu ihrer Übersiedlung 1985 in Leipzig; heute lebt sie in Berlin. Sie veröffentlichte unter anderem die Erzählungen Sehnsüchte und Anfall von Glück, den Roman Alle leben so, die Erzählungsbände Aus allen Himmeln und Amateure sowie den Roman Das Mädchen.