Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: Rowohlt, 2015
Kurzbeschreibung:
Nach dem Erfolg seiner Novelle "Sire, ich eile" über Friedrich II. und Voltaire erzählt Hans Joachim Schädlich nun die Geschichte zweier Narren.
Joseph Fröhlich (1694-1757), gelernter Müller aus der Steiermark, wohlbestallter kurfürstlich-königlicher Taschenspieler und Lustiger Rat am Dresdner Hof, Vertrauter Augusts des Starken – der Einzige, der ihn duzen darf –, fürsorglicher Familienvater, der sich am Elbufer auf einem Grundstück, das August ihm geschenkt hat, ein Haus baut: ein menschenfreundlicher und wohltätiger Mann. Doch auch ein Spielball des Kurfürsten.
Ganz anders das Leben von Peter Prosch (1744-1804), einem Tiroler aus ärmsten Verhältnissen und von heiter-naivem Naturell, der in Österreich und Süddeutschland von Fürstenhof zu Fürstenhof zieht – ihm ist es nicht vergönnt, eine Stelle zu erlangen. In einem fiktiven Brief an Joseph Fröhlich beklagt er, dass die Fürsten und ihre Günstlinge üble, oft grausame Scherze mit ihm treiben: Man will ihm ein Kind unterschieben, man erklärt ihn zum Taufpaten eines Esels, man heftet ihm einen falschen Bart an und steckt ihn in Brand, man bindet ihn am Sattel eines wilden Pferdes fest - alles zur Belustigung der Herren. Er erduldet es, denn: "Je mehr ich ertrage, desto größer ist mein Ertrag."
Hans Joachim Schädlich macht erneut, kunstvoll und verknappt, zwei historische Gestalten und ihre Zeit lebendig. Mit diesem Roman über Macht und Moral, Abhängigkeit und Selbstachtung fügt er seinem Werk ein weiteres Bravourstück hinzu.
Über den Autor:
Hans Joachim Schädlich, 1935 in Reichenbach im Vogtland geboren, arbeitete an der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin, bevor er 1977 in die Bundesrepublik übersiedelte. Heute lebt er wieder in Berlin. Für sein Werk bekam er viele Auszeichnungen, u. a. den Heinrich-Böll-Preis, Hans-Sahl-Preis, Kleist-Preis, Schiller-Gedächtnispreis, Lessing-Preis, Bremer Literaturpreis, Berliner Literaturpreis und Joseph-Breitbach-Preis.
Mein Eindruck:
Inhaltlich habe ich dem ausführlichen Klappentext des Verlages nicht viel hiinzufügen hinzuzufügen.
Sprachlich löst der Autor die Erzählaufgabe sehr geschickt, indem er zwischen sachlicher Darstellung inneren Reflexionen ständig wechselt, gespickt mit sehr viele Fakten und Details, Manchmal zu viel. Aber er schafft es auch, den historischen Figuren am Schauplatz des Dresdener Hofes bei August dem Starken Individualität und Persönlichkeit zu verleihen.
Spät im Buch gibt es einen Bruch und eine neue Hauptfigur wird als Kontrast zur ersten eingeführt.
Es ist wieder ein schönes Stück Literatur auf geschichtlicher Ebene, die Schädlich hier geschaffen hat. Ein Lesegenuss! Man muss aber auch sagen, dass das amüsante des Buches nur auf der Oberfläche liegt. Sieht man tiefer, spürt man die Verletzlichkeit der Figuren. Das gilt für Jospeh Fröhlich und im gleichen Maße auch für Peter Prosch, zwei der geachteten Hofnarren ihrer Zeit.
Das Buch hat große sprachliche Qualität und eine große inhaltliche Fülle, so dass ich für nur 175 Seiten doch 3 Tage zum Lesen brauchte.
Wer Schädlichs Novelle “Sire, ich eile …” mochte, liegt auch bei Narrenleben nicht falsch.