Und sie werden nicht vergessen sein - Carmen Lobato

  • Buchtitel: Und sie werden nicht vergessen sein
    Verfasserin: Carmen Lobato


    Produktinformation:


    Taschenbuch: 768 Seiten
    Verlag: Knaur TB (1. März 2016)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3426518201
    ISBN-13: 978-3426518205
    Größe und/oder Gewicht: 12,5 x 5,3 x 19 cm


    Biografie der Verfasserin:


    Carmen Lobato ist Romanistin, ist in der Erwachsenenbildung tätig und lebt mit ihrer Familie in verschiedenen europäischen Städten. Ihr zweites Wohnzimmer ist das British Museum, und ihre Lebensgrundlage ist ihr Reisekoffer. Um das Geld für Souvenirs zu sparen, bringt sie von ihren Reisen Geschichten mit. Für ihr neues Buch "Die Stadt der schweigenden Berge" hat sie umfassend vor Ort in Anatolien und Armenien recherchiert und dabei ihre leidenschaftliche Liebe zu diesem Teil der Welt entdeckt.


    Inhaltsangabe:


    Amarna, die deutsche Archäologin, und Arman, der armenische Bildhauer - ein wahrhaft unvergessliches Liebespaar: Im London des Jahres 1938 gelten sie als glamouröses Traumpaar, doch ein tiefer Schatten liegt auf ihrer Liebe. Arman hat durch den Genozid an seinem Volk 1915 seine ganze Familie verloren. Wie eine unsichtbare Mauer steht dieses Grauen zwischen den beiden und wächst von Tag zu Tag. Dann bricht der Krieg aus, und Arman meldet sich freiwillig zur Royal Air Force. Am Fuß des Ararat, in den mythischen Ruinen, die die Wiege der armenischen Kultur bergen, wird sich die Kraft ihrer Liebe beweisen müssen.
    (Quelle: AMAZON)


    Meine Meinung:


    Ich hätte dieses Buch eher in "Historische Romane" rezensiert, aber auf der Buchrückseite steht "Liebes- und Schicksalsroman".
    Um Liebe und was sie aus Menschen machen kann geht es allerdings auch in sehr erheblichem Maße in dieser Geschichte, denn die beiden Protagonisten Arman und Amarna zeigen dem Leser einige mich manchmal an "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" mit Elizabeth Taylor und Richard Burton erinnernde Szenen einer Ehe, wobei meine Sympathie hier eindeutig auf der Seite des Mannes lag, der eine geradezu engelsgleiche Geduld gepaart mit unendlichem Verständnis an den Tag legt, die bei einem anderen Charakter leicht als "Weichei" ausgelegt werden könnten.
    Auch Eva, die zweite weibliche Hauptperson, ein "Sündenfall auf langen Beinen", konnte meine Sympathien gar nicht und mein Verständnis nur in sehr geringem Umfang, bedingt durch Dinge, die ihr im Verlauf der Handlung zugestoßen sind, erringen.
    Es gehört bei mir nicht zwangsläufig dazu, dass ich, um ein Buch zu mögen, unter den Hauptakteuren mindestens eine Lieblings- oder Identifikationsfigur haben muss, aber in diesem Buch hier finde ich es ebenso überraschend wie sehr schade, dass die eigentliche Geschichte irgendwie im Schatten der mir persönlich oft fast zu anstrengenden bis teilweise unverständlichen egoistischen und egozentrischen Aktionen von Amarna und Eva zurück blieb.
    Ausgleich und Atempause waren unter den Nebenfiguren glücklicherweise je eine Dame an den beiden Hauptschauplätzen Berlin und London, Wilma und Doris. Und ein Hund.
    Gewohnt gut und unter die Haut gehend auch in diesem Buch wieder die Schilderungen der politischen Verhältnisse, der Bedrohung und Verfolgung und was diese mit Menschen machen.
    Für die Begleitung der Leserunde bedanke ich mich.


    8 von 10 möglichen Eulenpunkten.


    @ JaneDoe: Danke fürs Verlinken, mir fiel eben siedend heiß ein, dass ich heute früh das "Melden" vergessen hatte, aber da warst Du schon aktiv!
    :knuddel1 :anbet :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von maikaefer ()

  • Nach dem Roman „Die Stadt der schweigenden Berge“ wollte man unbedingt wissen wie das Leben von Arman und Amarna weitergeht.


    Man wurde auch diesmal nicht enttäuscht und erlebte beide Ende der dreißiger Jahre in London. Ein offenes Haus mit ihren Bewohnern, mit einer Nachbarin, die schnell die Herzen erobert. Es geht sehr turbulent in diesen Haushalt zu und manches ist schwer nachvollziehbar, Die Beziehung zwischen Arman und Amarna wird sehr emotional geschildert.
    Warum geht Arman zur Royal Air Force und was möchte er damit erreichen?


    Parallel dazu kommt der weitere Schauplatz Berlin. Hier trifft man auf die Künstlerszene und welchen Repressalien diese ausgesetzt sind. Was passiert mit Eva und ihrem Kind Chaja ? Wie helfen die Freunde Wilma und Paul?


    Carmen Lobato versteht es auf eine sehr spezielle Weise die dunklen Seiten der damaligen Zeit umzusetzen und den Leser mitzunehmen. Auch was man mit Humanität alles ermöglichen kann , um einzelne Menschenleben zu retten.
    An die graugezeichneten Charaktere ( Bekannte und Neue) vergibt man mehr oder weniger Sympathiepunkte . Ist mit ihren Entscheidungen nicht immer einverstanden und freut sich über positive Wandlungen.


    Anhand des Covers und Textes sollte man keinen leichten Schmöcker erwarten . Es ist ein sehr intensiver Roman, der den Leser mit beklemmenden Szenen aufwühlt. Daneben findet man auch heitere Begebenheiten.
    Der Romantitel beinhaltet eine Botschaft der Autorin : NICHT ZU VERGESSEN, gerade in der momentanen Situation sehr relevant. Ein Grund mehr diesen Roman unbedingt zu lesen.


    Vielen Dank an Charlie für die intensive Begleitung der Leserunde.



    Volle Punktzahl

  • Eva und Martin lieben sich im Berlin der 30er Jahre. Aus ihrer Liebe entsteht Chaja, ein lebenslustige, kleines Mädchen. Doch das Glück währt nicht lang, denn mit den Nazis kommt die Erkenntnis: Eva ist Jüdin.


    In England kämpfen Arman und Amarna um ihr Glück. Während Arman mit seinen Ausstellungen mehr als erfolgreich ist, versucht Amarna ihre Expedition nach Ararat zu finanzieren. Doch dann beginnt der Krieg und mit ihm ändert sich alles...


    "Und sie werden nicht vergessen sein" ist mein zweiter Roman von Carmen Lobato und die Fortsetzung der Geschichte "Die Stadt der schweigenden Berge". Die Autorin hat mich wieder verzaubert und mit ihren Worten in den Bann gezogen. Und das Schöne: man muss Band 1 nicht kennen um Band 2 zu verfallen.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet. Dabei folgt man unter anderem Eva Löbel und ihrem Geliebten Martin, die sich bei einem Dreh in Berlin kennen- und lieben lernen. Während Martin der Traum aller Frauen ist, eckt Eva durch ihre Kunst an und gerät bald ins Visier der Partei.


    In England lebt man mit Arman und Amarna ihren Traum von einem ruhigen, normalen Vorstadtleben. Auch die beiden versuchen ein Kind zu bekommen, scheitern aber an der Biologie. Während Arman sich in seine Kunst und die Royal Air Force flüchtet, schlägt Amarna emotional um sich und versucht einfach nur alles zu bewahren, was sie hat, ungeachtet, wen sie damit verletzt. Als sie die Chance bekommt, jüdischen Kindern bei der Flucht zu helfen, greift sie zu.


    Die Figuren, die Carmen Lobato erschafft, sind tiefgründig, emotional und fast schon schmerzhaft real. Ich habe mit der kleinen Chaja gelitten, als sie die Progromnacht miterleben musste, habe mit Arman Stein zu Schönheit verarbeitet und mit Amarna um das Herzensprojekt gekämpft. Jeder Charakter und mag er auch noch so klein und vermeintlich nebensächlich sein, besitzt eine literarische Seele und ich konnte mit jeder Figur fühlen. Natürlich haben es mir die beiden Protagonisten in England angetan, doch auch die Zeit in Berlin, die Grausamkeiten, die dort unter dem Deckmantel der Politik verübt wurden, haben mich tief berührt, zu Tränen gerührt und vor Wut brüllen lassen. So emotional hat mich selten ein Werk mitgenommen.


    Die Story selbst ist ein Wechselbad zwischen mitreißend, gediegen und nachdenklich. Der Roman überzeugt nicht durch hochgradige Spannung, sondern durch seine innere Ruhe und seine fast poetischen Auswüchse. Wer zu "Und sie werden nicht vergessen greift" erlebt keinen Sprint, sondern einen Marathon, der einen von Beginn an mitnimmt und bis zum Ende nicht loslässt.


    Hinzu kommt ein Stil, den ich einfach nur als typisch Lobato bezeichnen kann. Poetisch, tiefsinnig und dabei doch herrlich direkt schildert die Autorin die Abenteuer ihrer Figuren. Sie schreibt nicht für die paar Minuten am Tag, die man sich loseisen kann vom Alltag, Carmen Lobato schreibt für stundenlange Wohlfühlmomente.


    Fazit: ein besonderes und mehr als aktuelles Buch. Ich kann es wärmstens empfehlen.

  • Carmen Lobato, auch bekannt unter den Namen Charlotte Roth und Charlotte Lyne hat mit diesem Buch all jenen ein Denkmal geschaffen, die in Zeiten des Terrors ihre Angst überwunden haben. Sie haben nicht aufgegeben, nicht weg geschaut sie haben gekämpft, viele ihr Leben unter grausamer Folter verloren und waren dennoch Sieger.
    Sieger über Gewalt, Unmenschlichkeit, Willkür und Tod.
    Helden liegen ihr nicht, sagt sie und doch ist dies ein Buch über Heldentum im kleinen. Paul, der seine Angst besiegt und mit Wilma ein kleines jüdisches Mädchen rettet, Arman, der seine ganze Familie verloren hat, als die Türken die Armenier ausgerottet haben.
    Er sammelt im relativ sicheren London, Menschen um sich, wie ehemals Noah in seiner Arche, gibt ihnen eine Heimat. Er fliegt unter Einsatz seines Lebens nach Frankreich und holt verfolgte Menschen aus dem Land um nicht noch einmal erleben zu müssen, wie ein Volk ausgetilgt wird. Gemeinsam mit seiner Frau Amarna, die nicht immer einverstanden ist und um sein Leben bangt kann er zwar nicht alle die er beschützen will vor Hitlers Bomben retten, doch ist ihre Liebe stark genug um zu tun, was getan werden muss und es auszuhalten.
    Trotz der schrecklichen Dinge die Carmen Lobato nicht scheut beim Namen zu nennen ist es ein Buch voller Leben, Liebe, Lust, Glauben an sich und an den Anderen. Ein Plädoyer für ein Leben voller Verständnis und Toleranz ja und Respekt gegenüber anderen Religionen und Lebensgemeinschaften.
    Es ist mitreißend, tragisch und doch voller Hoffnung. Ein Buch zum Lachen und Weinen und zum immer wieder lesen.

  • Vielen Dank, Findus und logan-lady. Ich freu mich.
    Die Muehe, das Buch aus der falschen Kategorie entfernen zu lassen, werde ich mir nicht mehr machen, denn wenn es jemandem Vergnügen bereitet, es da einzuordnen, dann sei's ihm gegönnt. Ich bitte allerdings herzlich um Verständnis dafür, dass dies daher mein einziger Beitrag in diesem Thread bleiben wird.


    Wir lesen uns anderswo!
    Alles Liebe von Charlie

  • Danke, JaneDoe!


    Wie ich bereits oben schrieb, hätte ich die Rubrik "Historische Romane" ebenfalls bevorzugt. Aber ich hielt mich an die Angaben des Verlags, an denen es ja auch im Jan-Winter-(harimau)-thread scheiterte, dessen schönes Buch uns - und ihm - auch für Chicklit zu wertvoll erschien. Damals hiess es aber, man solle den Verlagsangaben folgen. Und harimau selbst sagte, er wolle deshalb keinen Wirbel machen.


    Sorry für die Mehrarbeit!



    Erzähl mir von den weißen Blüten - Jan Winter


    :-( :knuddel1 :anbet
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Vielen Dank, JaneDoe.
    Ich hätte niemanden deswegen belästigen wollen, aber ich verschweige nicht, dass ich darüber sehr froh bin.


    Herzliche Grüße von Charlie

  • Unglaublich ergreifend & schrecklich realistisch
    „Was geschehen ist, ist eine Warnung. Sie zu vergessen, ist Schuld“ Karl Jaspers
    Mit diesem Zitat leitet Charlotte Roth alias Carmen Lobato ihre Geschichte ein.


    Kurzbeschreibung:
    Berlin 1937, die junge Künstlerin Eva und der erfolgreiche Schauspieler Martin führen eine heftige Liebesbeziehung. Sie lieben ihr Kind Chaja über alles, doch der Schatten der Zeit stürzt sie in ein Chaos aus dem sie scheinbar kein Entrinnen finden. Reicht ihre Liebe um ihr Kind zu beschützen?
    London 1938, Arman und Amarna sind glücklich verheiratet und haben sich in London ein Leben aufgebaut. Auch ihr Leben wird überschattet von Angst und Krieg. Arman ist Armenier und hat seine Familie am Genozid seines Volkes verloren, umso mehr kann er nun nicht tatenlos zuschauen wie wieder ein Volk ausgelöscht wird. Amarna will ihren Geliebten mit allen Mitteln vor dem Krieg beschützen. Nach und nach scheinen sie sich jedoch immer weiter voneinander zu entfernen.


    Nicht nur die Großstädte London und Berlin, auch Paris, Dogubeyazit (Türkei) und der armenische Berg Ararat spielen eine wichtige Rolle.


    Der Roman „Und sie werden nicht vergessen sein“ ist die Fortsetzung zu „Die Stadt der schweigenden Berge“. Das Buch ist ohne Probleme eigenständig lesbar. Doch wenn jemand wie ich lieber Bücherreihen in der richtigen Reihenfolge liest, dem empfehle ich unbedingt vorher den 1. Teil zu lesen.


    Das Buch erzählt über tiefgehende Liebesbeziehungen, nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern zwischen Vater und Sohn, Schwester und Bruder (und dies nicht nur erblicher Natur), Nachbarn und Nachbarinnen und über die Liebe zum Leben. Rührende Szenen, die tief unter die Haut gehen, sind dicht gesät.


    Die Charaktere sind unbeschreiblich lebendig, sie polarisieren, im Schlechten wie im Guten. Trotz der schrecklichen Zeit in der dieses Buch spielt, gibt es unglaublich komische und witzige Stellen. Amarnas Nachbarin Doris und die Kneipenbesitzerin Wilma aus Berlin haben es mir besonders angetan. Sie helfen mit ihren witzigen Aussagen und ihrer Persönlichkeit, damit uns das Schreckliche beim Lesen nicht erdrückt. Die Mischung aus Tragik und Komik haben mir sehr gefallen.


    Der Krieg wird nicht beschönigt, sondern trifft die Protagonisten und den Leser mit voller Wucht. Man lernt mit den Protagonisten wie wichtig es ist, in Krisenzeiten seine Lieben um sich zu scharen und die Hoffnung nicht zu verlieren. Das Allerwichtigste, die vorherrschende Botschaft dieses Buches ist es jedoch nicht wegzuschauen und nicht zu vergessen!


    Ein Zitat aus dem Buch (Position 5310) das ich sehr ergreifend und aussagekräftig finde: „Für unsere Länder sind wir Feinde, die es hinauszujagen gilt. Und im Ausland sind wir Feinde, weil wir aus diesen Ländern stammen. Sollen wir auf den Mond? Ins Meer? Hat sich irgendwer überlegt was mit uns geschehen soll?“


    Sehr viele Stellen, wie diese, assoziiere ich mit brandaktuellen Themen von heute. Der heutige Krieg, der massenhaft Flüchtlinge nach Europa treibt, macht es wichtiger denn je, nicht die Augen zu verschließen und zu helfen wo Hilfe gebraucht wird.


    Liebe Charlie, ich danke dir von ganzem Herzen dass du dein Herzensprojekt „Ararat“ mit uns Lesern teilst.

  • Ich danke dir, Keira, nicht umgekehrt. Der Wunsch, das alles, was in mir nie still war, in ein Buch zu schreiben, war so viele Jahre allein bei mir. Dass ich das Buch noch bekommen würde, habe ich irgendwann aufgehört zu glauben. Dass ich's jetzt habe, ist immer noch nicht so ganz glaubhaft, aber damit wurde mir dann auch klar, dass es Leser brauchen würde, die sich darauf einlassen würden - oder ich hätt's auch meinem Schrank erzählen können.


    Vielen Dank, dass ich's stattdessen euch erzählen durfte.
    Vielen Dank fürs Zuhören.
    Wie viel das Wert ist, wie schön sich das anfühlt, weiß man gar nicht - bis man sich's dringend wünscht und bekommt.


    Wünsche dir ähnliches.
    Alles liebe von Charlie

  • Meine Meinung:
    „Und sie werden nicht vergessen sein“ erzählt die Geschichte von Arman und Amarna aus „Die Stadt der schweigenden Berge“ weiter. Dieses Buch ist aber auch eigenständig gut zu lesen. Mir hat dieser „zweite“ Teil besser gefallen, als „Die Stadt der schweigenden Berge“, was vor allen Dingen an der zu Beginn zweiten Erzählebene „Berlin“ und seinen Berliner Figuren liegt.
    Der Berliner Teil erzählt die Geschichte von Eva, Paul und Wilma, wobei ich ganz besonders Paul und Wilma ins Herz geschlossen habe. Eva ist Künstlerin wie Arman, doch leidet sie unter dem Nazi-Regime und ihre Kunst wird als entartet verurteilt. Zudem ist Eva Jüdin und muss um ihr Leben fürchten, sie durchlebt eine ganz schreckliche Zeit und sie wird von ihrer Tochter Chaja getrennt, die von nun an bei Wilma lebt. Eva ist mir im Laufe der Geschichte immer unsympathischer geworden, ihr Handeln und Denken ist für mich nicht in allen Teilen nachvollziehbar, dennoch hat mich ihr Schicksal sehr mitgenommen. Sie steht symbolisch für eine ganze Generation, die während der NS-Zeit nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Träume und Hoffnungen begraben muss.
    Evas Weg kreuzt während des 2. Weltkrieges den von Arman und Amarna, die in London ein gänzlich anders Leben leben. Arman ist ein gefeierter Künstler und Amarna eine gefragte Archäologin. Doch bei den beiden trügt der Schein, die Kommunikation zwischen Ihnen klappt leider so gar nicht mehr. Sie haben sich nicht mehr viel zu sagen, sie lügen einander an, sie verschweigen einander viel und dennoch spürt man die Liebe zwischen den Beiden, die sie verbindet. Der unerfüllte Kinderwunsch trägt zur Verschlimmerung der Lage bei, sodass Amarna sich entschließt ein deutschen Kind, ihres alten Freundes Paul aus Berlin aufzunehmen, die kleine Chaja.
    Carmen Loboto hat ein Buch geschrieben welches unter die Haut geht, es ist kein Buch was man einfach so „runter lesen“ kann, ich musste es oft zur Seite legen, um über die eine oder andere Szene nachzudenken. Denn vieles wird nur angedeutet, die Zusammenhänge muss der Leser selber herstellen, um die gesamte Situation begreifen zu können. Ein tiefgreifendes Buch, welches das Schicksal einer ganzen Generation beschreibt, denn nichts war wieder so wie vor dem 2. Weltkrieg. Keiner bekam sein „altes“ Leben zurück, niemand konnte da weitermachen, wo er vor dem Krieg bzw. NS-Regime war.
    Der Schreibstil von Carmen Lobato ist sehr angenehm zu lesen, die über 700 Seiten vergehen dann doch wie im Fluge. Die Personen werden wunderbar charakterisiert, sodass man am liebsten mit Wilma einen Kaffee trinken gehen möchte. Die Sprache der Autorin besticht einfach, sie findet in jeder Situation die richten Worte.
    Ich empfehle das Buch allen, die gerne auch mal Bücher lesen, die zum Nachdenken anregen und nicht nur einen reinen Unterhaltungsroman lesen möchten.


    9/10 P.

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Die Tränen werden nie versiegen…


    Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um die lose Fortsetzung zu „Die Stadt der schweigenden Berge“. Für mein Empfinden können sie unabhängig voneinander gelesen werden. Da ich den ersten Teil geliebt habe, freute ich mich ungemein auf die Fortsetzung und begann voller Vorfreude mit der Lektüre.


    Auch hier geht es in erster Linie um Arman und Amarna, die sich in England niedergelassen haben und dort ein glückliches Leben führen. Doch wir schreiben das Jahr 1938 und wenig später bricht der 2. Weltkrieg aus. Wie sehr verändert der Krieg das Leben des Paares? Werden sie die drohende Gefahr bewältigen können? Und vor allem: Kann Arman jemals den Verlust seiner Familie verwinden?


    Die Autorin hat einfach ein Händchen für feinfühlige Erzählungen und sehr gut gezeichnete Charaktere mit Tiefgang, so dass es kaum verwundert, dass diese Geschichte mit 768 Seiten daher kommt, jedoch ist nicht eine einzige Seite davon zu viel.


    Hier überzeugen nicht nur Arman und Amarna, die wir bereits aus dem ersten Band kennen und die um ihre Beziehung kämpfen wie die Löwen. Arman ist so ein empfindsamer Charakter, der mir so nahe ging, dass er einen Platz in meinem Herzen gefunden hat. Am meisten beeindruckt hat mich die Figur der Eva. Hielt ich sie anfänglich noch für eine egoistische Person, die nur an ihrer Kunst interessiert ist, musste ich alsbald feststellen, dass viel mehr dahinter steckt und dass einem auch unsympathische Charaktere nahe gehen können. Das muss einem als Autor erst einmal gelingen, dass auch die unliebsamen Figuren den Leser ans Herz rühren. Man fühlt und leidet mit den Protagonisten und das ist etwas, was in meinen Augen nur Bücher vermögen.


    Die Geschichte bietet alles, was das Leserherz benötigt: ein überzeugendes, geschichtliches Setting, spannende Figuren, Liebe, Intrigen und jede Menge Schmerz. Selten habe ich beim Lesen so viele Tränen verdrückt wie hier und konnte mich kaum von der Handlung lösen.


    Besonders gepackt hat mich der unerfüllte Kinderwunsch von Amarna, der in der Beziehung für Zwistigkeiten sorgt. Hier kam sehr gut rüber wie belastend so etwas für eine Paarbindung ist. Schön, dass in diesem historischen Roman nicht nur Geschichtliches verarbeitet wird, sondern auch das Persönliche der Figuren und deren Beziehungen eine wichtige Rolle spielen.


    Fazit: Ein Buch voller Gefühl, das mich regelrecht überfahren hat. Ich komme mir immer noch ein wenig überrollt vor von den Emotionen und bin ein wenig sprachlos. Klar ist nur, dass ich zwingend eine Leseempfehlung aussprechen muss. Wer historische Romane, vor allem zur Zeit der Weltkriege mag, der muss hier einfach zufassen.


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Vielen Dank, Eliza und nicigirl. Ich freue mich sehr über eure schönen, aussagekräftigen Rezensionen und bitte um Entschuldigung, dass ich das erst jetzt tue. Ich musste aus familiären Gründen plötzlich verreisen, bin jetzt aber wieder da und freue mich umso mehr.
    Danke, dass ihr dem Buch und mir so viel Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt habt. Es war und ist sehr, sehr schön fuer mich.


    Herzlich,
    Charlie

  • https://www.boersenblatt.net/a…rpreis_2017_.1300634.html



    Eine schöne Anerkennung und es heißt Daumen drücken!

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)