Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Berlin Verlag (5. Oktober 2015)
ISBN-13: 978-3827011763
Originaltitel: The Free
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 22.00
Preis Kindle E-Book: Euro 16.99
Autor
Willy Vlautin, geboren 1967 in Reno, Nevada, ist Sänger und Songschreiber der Folkrockband Richmond Fontaine. Seine Romane »Motel Life«, »Northline« und »Lean on Pete« wurden zu internationalen Erfolgen, »Motel Life« wurde mit Emile Hirsch, Dakota Fanning und Stephen Dorff in den Hauptrollen verfilmt. Willy Vlautin lebt in Portland, Oregon. Mit Richmond Fontaine tourt er immer wieder um die Welt.
Kurzbeschreibung/Klappentext
Versehrt ist Leroy Kervin aus dem Einsatz im Irak zurückgekehrt. Jetzt kämpft er ums Überleben. Und die Menschen an seiner Seite haben in ihrem Alltag nicht weniger zu kämpfen: Für Freddie McCall ist die Nachtschicht in Leroys Wohngruppe nur einer der Jobs, die er braucht, um die Arztrechnungen seiner Tochter zu bezahlen. Die Krankenschwester Pauline kämpft verzweifelt um das Leben ihrer jungen Patientin Jo. Leroy schwebt zwischen Leben und Tod und sucht in Fieberträumen nach Sinn. Für die Helden dieses Buches sind die USA ein kaltes Land ohne Gnade. Freiheit? Für die einfachen Menschen scheint es sie nicht zu geben. Es sind anrührende Geschichten, die Willy Vlautin in seinem neuen Roman miteinander verwebt. Er gibt den Menschen ganz unten eine authentische Stimme und beweist sein Gespür für ihre Sorgen und Nöte, für die prekäre Schieflage, in der sein Land sich befindet. Das mutige Statement eines großen Autors.
Meine Meinung
Den Schriftsteller Willy Vlautin kenne ich von seinem Buch "Northline" das ich vor ein paar Jahren gelesen habe und mir in guter Erinnerung geblieben ist. Vlautin kümmert sich in seinen Büchern um die Randständigen und einfachen Arbeiter die trotz schlecht bezahltem Job, oder gleich mehreren davon, im Leben auf keinen Grünen Zweig kommen und ständig am Existenzminimum Leben. Ein Leben geprägt von finanziellen Sorgen und Nöten in dem nur wenig schief gehen muss bis man als Obdachloser auf der Strasse landet. Ständiges strampeln und den widrigen Umständen trotzen oder einknicken und untergehen lautet die knallharte Devise. Aus seinen Romanen kann man auch eine Kritik am amerikanischen Gesundheits- und Sozialsystem herauslesen das bis heute, nach europäischen Massstäben gemessen, als lausig zu bezeichnen ist.
In diesem Buch gibt es gleich drei Hauptfiguren die mit den mühseligen Lebensumständen kämpfen. Leroy, ein invalider Kriegsveteran der in einer betreuten Wohngruppe lebt und beim Versuch sich das Leben zu nehmen noch mehr Schaden zufügt und seine morphiumgetränkten Fieberträume geben dem Roman eine dystopisch anmutende zweite Handlungsebene. Freddie der Tagsüber in einem Handwerkerladen arbeitet und Nachts die Wohngruppe betreut. Er hat gleich zwei Jobs um sein hoch verschuldetes Haus zu behalten und sich und seine beiden Töchter, die getrennt von ihm Leben und eine von ihnen behindert ist, zu versorgen und die horrenden Rechnungen zu bezahlen. Pauline, eine energische Krankenschwester, die neben der stressigen Arbeit genug innere Kraft aufbringt um sich um ihren kranken Vater zu kümmern und einer drogensüchtigen Obdachlosen zu helfen.
Die Motive vom Schriftsteller Willy Vlautin sind klar erkennbar und gibt keine zweideutigen Interpretationsmöglichkeiten. Insofern werden die Geschichten in eng gesetzten Bahnen erzählt und die Leser werden mit ihren Emotionen zielgerichtet genau dorthin geleitet wo er haben will. Er weckt das Mitgefühl zu den in einer Trostlosigkeit gefangen Menschen. Dies macht er aber trotz allem nicht in einer Sentimental aufgeladenen Stimmung sondern mit einem eher knappen, sehr bodenständigen Stil. Erstaunlicherweise funktioniert dieses unprätentiöse, mehrheitlich realitätsbezogene Erzählen ausserordentlich gut und es gelingt dem Autoren mich für diese Geschichte zu vereinnahmen bis ich unbedingt Wissen will, wie sie ausgeht. Ein feines Gespür für seine Antihelden des Alltags helfen ihm dabei. Am Schluss meint es Willy Vlautin gut mit den Protagonisten. Das mag für die amerikanischen Literatur typisch sein und zugleich ein Zugeständnis für die Wünsche der breiten Masse der Leserschaft. Für mich aber ein Zückerchen zu viel.
Fazit: Nach literarischen Standpunkten beurteilt ein einfacher aber inhaltlich ein sehr lesenswerter Roman von einem pragmatischen Schriftsteller der einen bewegenden Einblick in die bittere Welt jenseits des amerikanischen Traums ermöglicht. Wertung: 9 Eulenpunkte