Mein Name ist Legion - Antonio Lobo Antunes

  • Luchterhand Literaturverlag, München 2010
    Gebunden, 448 Seiten


    Aus dem Portugiesischen von Maralde Mayer-Minnemann.


    Kurzbeschreibung:
    In einem Elendsviertel von Lissabon treffen sie aufeinander: eine Jugendgang, die hauptsächlich aus Schwarzen, Farbigen und Osteuropäern besteht, die Polizei, die der kriminellen Jugendlichen nicht mehr Herr wird, die Bewohner des Slums. In seinem neuen Roman fängt Lobo Antunes die sozialen Verwerfungen einer globalisierten Moderne ein und verleiht den Menschen am Rande der Gesellschaft starke, unverwechselbare Stimmen. Kurz vor der Pensionierung verfasst ein Polizist einen Bericht über die kriminellen Taten einer Jugendgang, die in einem heruntergekommenen Viertel am Rande von Lissabon ihr Unwesen treibt. Zugleich erinnert er sich an seine Kindheit in der Provinz, seine gescheiterte Ehe, seine entfernt lebende Tochter.


    Über den Autor:
    António Lobo Antunes, geb. 1942 in Lissabon, studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile zwanzig Titel umfasst und in über dreißig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den 'Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes', den 'Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur', den 'Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft' und zuletzt 2007 den Camões-Preis.


    Mein Eindruck:
    Antunes Romane sind immer schwer zu lesen. Das trifft auch auf diesen zu, weiß Gott. Aber immerhin gibt es hier einen klaren Handlungsrahmen, der dem Buch eine Struktur verleiht, an die der Leser sich klammern kann.
    Die Handlung ist diesmal nicht in dem Kriegsgebiet Angola oder in der Zeit der Salazar-Diktatur angesiedelt sondern in heutiger Zeit in Lissabon. Es ist eine Gesellschaft, die von der Vergangenheit der Diktatur immer noch instabil und in Teilen zerrüttet erscheint. Das zeigt sich durch Gewalt, die sich in eskalierenden Auseinandersetzungen der kriminellen Jugend ohne Hoffnung mit einer desillusionierten Polizei ausdrückt. Es gab einen gewalttätigen Vorfall, der offenbar ein Opfer unter den Jugendlichen zurücklässt.
    Die Gedanken der erzählenden Figuren drehen sich in der einen oder anderen Form darum. Zum Beispiel ein Polizist, der kurz vor der Pensionierung steht und der ein Protokoll schreibt. Doch schon bald driftet sein sachlicher Bericht zu privaten Gedanken ab. Weitere Erzähler trtetn auf, unter anderen der Stiefvater und die Mutter des jungen Gangsters.


    Es ist ein pessimistisches Bild das Antunes zeichnet, wie immer bei ihm lässt er wenig Hoffnung zurück. Die Gesellschaft ist rassistisch und die Figuren wirken labil. Das heißt nicht, dass man ihre Emotionen nicht versteht. Antunes Kunst ist es, die Oberfläche wegzukratzen und mit sprachlichen Mitteln zu zeigen, was daruntersteckt. Deswegen lohnt sich die Leseanstrengung, auch wenn es oft bitter ist.


    Erwähnenswert ist immer wieder Antunes Erzähltrechnik mit mehreren Stimmen und motivischen Wort- bzw. Satzwiederholungen.
    Einmal blitzt sogar Humor auf, als sich Antunes auf eine Metaebene begibt und eine seiner Figuren sich verabschieden lässt, mit den Worten “Vielleicht bin ich im nächsten Buch wieder dabei.”.


    Auf die Dauer fehlt es aber an Höhepunkten, der Erzählfluss bleibt statisch.
    Insgesamt würde ich das Buch daher im Mittelfeld der Antunes-Romane, die ich kenne, platzieren.


    ASIN/ISBN: 344274413X