Titel: Nach dem Krieg. Wie wir Amerikaner wurden
Autor: Hellmuth Karasek
Verlag: Europaverlag
Erschienen: September 2016
Seitenzahl: 327
ISBN-10: 3958900046
ISBN-13: 978-3958900042
Preis: 19.99 EUR
Hellmuth Karasek (1934-2015) beschreibt die Zeit nach dem Kriege, beschreibt die Zeit der Fünfziger und die Zeit zu Beginn der Sechziger - er beschreibt aber eben auch die Zeit, wie der deutschen Kultur die amerikanische Kultur übergestülpt wurde - und sie (die deutsche Kultur) zu einem Großteil nicht mehr sichtbar war.
Und das macht er nicht trocken oder wie ein ausgedörrter und in Sachzwängen gefangener Journalist, nein, er unterlegt alles immer mit eigenen Erlebnissen und Anekdoten.
Es ist wie ein Bilderbuch, das was Hellmuth Karasek hier geschrieben präsentiert.
Er erinnert an die Adenauer-Zeit in den Fünfzigern, die heute schon so verklärt betrachtet wird, als läge sie Jahrhunderte zurück. Dabei waren gerade diese Jahre eine wahre Brutstätte des Spießertums und des verlogenen politischen Konservatismus. Zucht stand über allem. Moral und Anstand wurden zu Vokabeln der ungezügelten Verlogenheit. Gerade hierzu beschreibt Karasek exemplarisch den Fall „Vera Brühne“ - nicht nur ein Justiz- sondern auch ein Gesellschaftsskandal.
Karasek ist ein Gegner dieser verlogenen Moralvorstellungen, zieht gerade auch den Kuppeleiparagraph gekonnt ins Lächerliche.
Hellmut Karasek war kein Kostverächter. Er war ein weltoffener, belesener und toleranter Mensch. Durchaus auch dem weiblichen Geschlecht und dessen Kurven zugewandt (was ihn mir noch mehr sympathischer macht). Zudem aber auch kritisch und ein Kämpfer gegen die Spießergesellschaft mit ihrer verlogenen Moral.
Ein Buch aber auch zum Erinnern, wenn man die Fünfziger wenigstens in Ansätzen mitbekommen hat. Ich bin 1959 zur Schule gekommen und habe so einiges des Miefs der Fünfziger bewusst einatmen müssen.
Die dümmlichen Filme wie diese perversen Sissy-Verfilmungen, den ganzen Franz-Marischka-Müll, den grauenhaften Unsinn der Welt eines Fred Bertelmann oder eines Gerhard Wendland. Wobei die „Conny und Peter Welle“ ein winziges Stück moderner Welt ahnen ließen – auch wenn in diesen Filmen immer vor Gesellschaftskritik zurückgeschreckt wurde.
Die Fünfziger waren aber auch die Zeit des „Nicht-Erinnern-Wollens“ (das mit den Juden war schlimm – aber irgendwann ist auch genug) und dem gleichzeitigen Nachtrauern der straffen und diktatorischen Nazi-Ordnung.
Hellmut Karasek hat ein wirklich sehr lesenswertes Buch geschrieben, mein Buch das es schafft, Vergangenes wirklich wieder lebendig werden zu lassen. 8 Eulenpunkte.