Der Fährmann - Christopher Golden

  • Autor Christopher Golden scheint hierzulande relativ bekannt zu sein, was dem Umstand geschuldet ist das er Romane zur TV-Serie „Buffy“ in rauen Menge verfasst hat. Meine Google-Suche ergab noch Zusammenarbeiten mit Hellboy-Papa Mike Mignola und diverse andere Bücher, mir war er jedoch bisher vollkommen unbekannt, obwohl er sogar einmal einen Stoker-Award gewonnen hat.
    „The Ferryman, so der Originaltitel des Buches, wurde bereits im Jahr 2002 in den USA veröffentlich und ich fragte mich nach - wie auch während - der Lektüre des Buches, wieso es bisher nicht den übersetzten Sprung über den großen Teich geschafft hat.
    Doch fangen wir am Anfang an…
    „Love is in the Air“ – oder zumindest war es einmal so für David und Janine, bis Janine ihrer Beziehung zu David einen Laufpass gibt, sich mit ihrem Ex-Lover erneut einlässt, schwanger wird und aus ihrem Ex-Lover einen Ex-Ex-Lover macht. Janine verliert ihr Kind bei der Geburt, hat eine Nahtoderfahrung - in der sie dem titelgebenden Fährmann begegnet – und David tritt nach all dem ganzen Debakel wieder in ihr Leben, als sie dringend seelische Unterstützung benötigt, plagen sie doch Halluzinationen während sie von übernatürlichen Dingen bedroht und heimgesucht wird. David, Janine und zwei weitere Protagonisten versuchen Janine aus den Klauen des Fährmannes zu befreien, was sich jedoch problematischer als gedacht gestaltet.
    Zuerst einmal muss ich Christopfer Golden zugestehen, das er seine Lektionen in griechischer Mythologie gelernt hat und sich in ihr – beziehungsweise der Aktualisierung in der Jetztzeit – leichtfüßig und sicher bewegt. Ich maße mir nicht an ein Fachmann zu sein, wenn es um Charon, Styx, Hades und Co. geht, doch erschien meinem trivialen Lesereherz alles logisch und schlüssig zu sein.
    Die Schreibe Goldens ist recht anschaulich und versetzt den Leser gut in die seelischen und mentalen Irrungen und Wirrungen der diversen Protagonisten hinein. Dunkel und düster geht es zu, wenn die Leben der Menschen, welche das Schicksal miteinander verbunden zu haben scheint, ausgeleuchtet werden und man sich einem Seelenstriptease nach dem anderen gegenübergestellt sieht. Doch auch wenn sich das alles nach tiefschürfendem Psychodrama anhören mag, so ist es eins von der unterhaltsamen Sorte, denn Golden verlässt niemals die Pfade des Entertainment und rutscht in Gefilde ab, welche sich durch den moralinsauren Zeigefinger auszeichnen würden.
    Ist das nun Horror, Fantasy oder ein Psychothriller?
    Irgendwie ist „Der Fährmann“ eine Melange von allem, denn auch wenn Golden niemals zu weit mit Schilderungen und Auswirkungen geht, so ist alles weit davon entfernt harmlos und seicht zu sein. Einen Fan von Richard Laymon wird man hiermit nicht schockieren können, einen Leser von Rosamunde Pilcher wird es jedoch von den Füßen heben… aber wer liest schon Pilcher… (?, Arroganzmodus aus!)
    Doch zeichnet sich „Der Fährmann“ nicht nur durch die Story an sich aus, auch die Aufmachung ist eher ungewöhnlich.
    Das Hardcover kommt mit geschwärzten Seitenrändern daher und erhabene Schriften zieren den Umschlag. Innen verzieren eine Menge Zeichnungen des (wohl am bekanntesten sind seine Tolkien Arbeiten) Künstlers John Howe die Geschichte und zeichnen eine Momentaufnahme der Geschehnisse als Unterstützung für das eigene Kopfkino, ohne jedoch viel Raum für die subjektive Interpretation weg zu nehmen.
    „Der Fährmann“ ist das erste, und scheinbar bisher einzige, Buch des Buchheim Verlages. Verleger Olaf Buchheim setzt sich hier selbst die Messlatte extrem hoch an und es wird interessant sein zu beobachten was aus diesem Verlag noch alles erscheinen wird und ob man die Sprunghöhe zukünftig wird halten können.
    Wieso Christopher Golden bisher scheinbar nur Beachtung durch sein Werk zum Vampirkiller-Teenie gefunden hat, bleibt mir ein Rätsel, denn der Mann kann schreiben. Da ich den Originaltext nicht kenne und davon ausgehe das die Übersetzung genau so engagiert wie die optische Umsetzung angegangen wurde, unterstelle ich dem Übersetzet, Bernhard Kleinschmidt, einfach einmal, das er dem Werk nicht seine eigene Interpretation aufgedrückt hat, wie es einige Übersetzer so vortrefflich vermögen, und das Originalwerk unverfälscht in den deutschen Druck gegangen ist.
    Müßig zu erwähnen, dass mir dieses Buch Spaß beim Lesen sowie dem betrachten von Howes Kunst gemacht hast.

  • Ist das nun Horror, Fantasy oder ein Psychothriller?
    Irgendwie ist „Der Fährmann“ eine Melange von allem

    Dem kann ich mich nur anschließen.


    Habe das Buch soeben beendet und ich hätte es (als selten bis gar nicht Horror-Leserin) auch nicht dort verortet, obwohl es einem manchmal regelrecht eiskalt wurde...das Grauen war ein Grauen und gleichsam faszinierend. Das hat für mich den Sog der Geschichte ausgemacht. Dennoch war es eher die Sorte des intelligenten Horrors, die sehr vom Charisma Charons lebt.


    Place the pennies on my eyes, I'll sleep with the stars tonight (I bring the weather with me von The Amity Affliction)


    Auch für mich wirkte die Komponente der griechischen Mythologie gut durchdacht und auch und insbesondere durch die Illustrationen von Howe konnte ich mir Charon bildlich vor Augen vorstellen.


    Mir hat es zudem gut gefallen, dass sich das Buch zu Anfang wie ein normaler Roman lesen ließ, man viel über die Geschichte von David und Janine erfuhr und auch Nebenrollen wie Annette recht ausgiebig beschrieben wurden.


    Ich konnte mich gut in die beschriebenen Personen hinein versetzen und das eine oder andere Mal erwischt es einen in den Emotionsbeschreibungen dann auch und man denkt sich "ja, so bin ich nachts auch schonmal aufgewacht, das habe ich auch schonmal so gespürt", was es einem noch leichter machte, emotional nah dran zu bleiben.


    Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen.


    9 Punkte.