Titel: Die Jahre
OT: Les annees
Autorin: Annie Ernaux
Übersetzt aus dem Französischen von: Sonja Finck
Verlag: Suhrkamp
Erschienen: September 2017
Seitenzahl: 255
ISBN-10: 3518225022
ISBN-13: 978-3518225028
Preis: 18.00 EUR
„Etwas von der Zeit retten, in der man nie wieder sein wird.“
Mit diesem Satz beendet die Autorin dieses Buch – und macht diesen Satz damit auch zum Motto dieses Buches.
Annie Ernaux beschreibt ihr Leben, kühl und distanziert, ist mehr wie ein Beobachter der abgelaufenen Zeit von Außen. Sie beschreibt aber nicht nur die Zeit ihres Lebens, sie beschreibt vielmehr die Zeit unserer aller Leben, die wir diese Zeit selbst miterlebt haben.
Es ist quasi eine „kollektive, unpersönliche Autobiographie“.
Dieses Buch ist ein wirkliches Leseerlebnis. Es ruft Zeiten ins Gedächtnis und schafft es diese Zeit in den Gedanken wieder lebendig werden zu lassen. Und als Leser findet man sich oftmals in dieser besonderen Gedankenwelt wieder. Man war dabei, in welcher Form auch immer – aber man war Zeitzeuge – und muss als solcher einsehen, dass es irgendwann dem Ende zugeht.
Ein Buch welches aber auch zeigt, wie oberflächlich und teilweise sinnleer die heutige Zeit daherkommt. Statt eigener Gedanken suhlt man sich in einer Smartphone-Idylle, schaut anderen lieber beim Leben zu – als selbst zu leben.
Es ist gerade dieser fast emotionslose Schreibstil, der dieses Buch so eindringlich macht. Da nagelt niemand seine persönlichen Gefühle auf die Buchseiten, sondern berichtet sachlich aus dem eigenen Erleben. Und es ist wirklich auch auch sehr wohltuend, in einem mehr oder weniger autobiographischen Text nicht als jedes zweite Wort „ICH“ lesen zu müssen (wie beispielsweise bei der Autobiographie des pastoralen Schwätzers Gauck).
Ein sehr lesenswertes Buch, das es schafft, Zeiten die vergangen sind, irgendwie wieder lebendig werden zu lassen – und sei es auch nur in der Gedankenwelt. 9 Punkte.